Meggenüorfer-Blätter, München
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Zuviel verlangt.
— „Siegfried, sag, wie hoch ist dieser Berg?"
„Mboh, wie hoch . . . kann ich wissen von 'en jeden Berg 'n Preis?!"
„Ach Du mit Deinem Westentaschenknopfloch-Apparat —I"
sagte er vorwurfsvoll. „Drei Tage lang bin ich in der ganzen
Stadt herumgelaufen und habe alle einschlägigen Geschäfte ab-
geklappert bis herab zu den Handlungen mit prähistorischen
Ausgrabungen in Knochen und Scherben; dann habe ich nach
London, Brüssel, Paris nnd Wien geschrieben, aber nirgends
habe ich diesen Apparat auftreiben können!"
„Aber lieber Freund," erwiderte ich genau so vorwurfsvoll
wie er, „warum hast Du mich damals nicht ausreden lassen?
Du hättest dann erfahren, daß ich so ein Ding besitze, noch fast
wie neu, und daß Du es haben kannst, da ich die edle Schwarz-
kunst nicht mehr betreibe."
Seine Augen leuchteten und ungeduldig rief er aus:
„Wenn Du mir nicht einige schlaflose Nächte bereiten
willst, so suche ihn sofort heraus. Du bist ja solch ein Grd-
nungsmensch, daß es Dir gar nicht schwer fallen kann, so etwas
im Nu zu finden." Ich tat ihn: den Willen und kramte ver-
schiedene Schubfächer durch, während mein Freund forifuhr:
„Der Witz ist nämlich der. Ich bin ungemein in eine Dame
verliebt, die ich einmal im zoologischen Garten gesehen habe.
Nun weiß ich ganz, gewiß, daß ich nie-
mals daran denken kann, sie zu erringen;
denn sie ist sehr schön und sehr stolz und
gewiß auch ungeheuer reich, aber wer
kann mich hindern, sie als mein Ideal
anzubeten, sie in meinem Herzen zu
tragen und sie wenigstens in meinen
Träumen zu besitzen? wer kann mich
daran hindern, wenigstens ein ganz kleines
Bildchen von ihr zu besitzen? Und dazu
soll mir Dein Apparat helfen. Denn mit
ihrem wissen könnte ich sie natürlich
niemals photographieren. Hast Du ihn
noch nicht bald?"
Nun wurde aber ich ein wenig nervös.
„Pressiert es denn gar so," sagte ich,
„oder wartet die Dame bereits an der
Straßenecke?"
„Ach Gott, das ift's ja eben!"
seufzte er. „Ich weiß ja gar nicht, wo
und wann ich sie treffen kann — aber das
macht nichts. Ich kaufe mir ein Abonne-
ment für den zoologischen Garten und
warte bis sie kommt." —
Der Sommer war fast vorüber und
ich hatte meinen Freund nicht wieder bei
mir gesehen. Nur ab und zu traf ich
ihn unterwegs, aber seine traurige Uliene
verriet mir, daß er noch keine Gelegenheit
gehabt hatte, den Apparat zu benützen,
so daß er allmählich zu der Ansicht kam,
die Dame sei nur vorübergehend hier
gewesen und das Geld für das Abonne-
ment hinausgeworfen.
Lines Tages aber hörte ich plötzlich
ein Rollen und Poltern auf der Treppe,
ein Hut flog durch die Tür ins Zimmer
und ein menschlicher Körper folgte, sich
mehrinals überstürzend, nach. Ls war
mein Freund aus dem zoologischen Garten.
„Ich hab' sie, ich hab' sie," rief er strahlend
vor freudiger Erregung. „Soeben habe
ich sie ausgenommen und es war keine
Kleinigkeit bei dem Gedränge und der Schwierigkeit, mich an
sie heranzumachen. Aber endlich war mir das Glück hold.
Doch jetzt lasse uns nur die Platte gleich entwickeln."
Da ich das Ungestüm meines Freundes kannte, richtete ich
die Dunkelkammer her. Etwa eine Stunde lang entwickelte
mein Freund flott darauf los, dann kam er mit hochrotem Kopfe
aus seiner dunklen Zelle heraus.
„Schau doch einmal, ob Du etwas siehst!" sagte er ärgerlich
und kleinlaut zugleich.
Ich nahm die Platte, hielt sie gegen das Licht und sah nichts.
„Ls ist gar nichts drauf," sagte ich.
„Aber ich habe doch hinreichend exponiert und auch richtig
eingestellt," jammerte er.
Indem er das sagte, siel mein Blick von ungefähr auf die
Weste meines erbarmungswürdigen Freundes und eine ganze
Ulenge von Lichtern ging mir auf.
„Mein lieber Freund," sagte ich so schonungsvoll und sanft
wie möglich, „Du hast weder eingestellt noch exponiert, sondern
Dir lediglich in der Meinung, das Objektiv zu öffnen, einen —
Westenknopf abgerissen." —
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Zuviel verlangt.
— „Siegfried, sag, wie hoch ist dieser Berg?"
„Mboh, wie hoch . . . kann ich wissen von 'en jeden Berg 'n Preis?!"
„Ach Du mit Deinem Westentaschenknopfloch-Apparat —I"
sagte er vorwurfsvoll. „Drei Tage lang bin ich in der ganzen
Stadt herumgelaufen und habe alle einschlägigen Geschäfte ab-
geklappert bis herab zu den Handlungen mit prähistorischen
Ausgrabungen in Knochen und Scherben; dann habe ich nach
London, Brüssel, Paris nnd Wien geschrieben, aber nirgends
habe ich diesen Apparat auftreiben können!"
„Aber lieber Freund," erwiderte ich genau so vorwurfsvoll
wie er, „warum hast Du mich damals nicht ausreden lassen?
Du hättest dann erfahren, daß ich so ein Ding besitze, noch fast
wie neu, und daß Du es haben kannst, da ich die edle Schwarz-
kunst nicht mehr betreibe."
Seine Augen leuchteten und ungeduldig rief er aus:
„Wenn Du mir nicht einige schlaflose Nächte bereiten
willst, so suche ihn sofort heraus. Du bist ja solch ein Grd-
nungsmensch, daß es Dir gar nicht schwer fallen kann, so etwas
im Nu zu finden." Ich tat ihn: den Willen und kramte ver-
schiedene Schubfächer durch, während mein Freund forifuhr:
„Der Witz ist nämlich der. Ich bin ungemein in eine Dame
verliebt, die ich einmal im zoologischen Garten gesehen habe.
Nun weiß ich ganz, gewiß, daß ich nie-
mals daran denken kann, sie zu erringen;
denn sie ist sehr schön und sehr stolz und
gewiß auch ungeheuer reich, aber wer
kann mich hindern, sie als mein Ideal
anzubeten, sie in meinem Herzen zu
tragen und sie wenigstens in meinen
Träumen zu besitzen? wer kann mich
daran hindern, wenigstens ein ganz kleines
Bildchen von ihr zu besitzen? Und dazu
soll mir Dein Apparat helfen. Denn mit
ihrem wissen könnte ich sie natürlich
niemals photographieren. Hast Du ihn
noch nicht bald?"
Nun wurde aber ich ein wenig nervös.
„Pressiert es denn gar so," sagte ich,
„oder wartet die Dame bereits an der
Straßenecke?"
„Ach Gott, das ift's ja eben!"
seufzte er. „Ich weiß ja gar nicht, wo
und wann ich sie treffen kann — aber das
macht nichts. Ich kaufe mir ein Abonne-
ment für den zoologischen Garten und
warte bis sie kommt." —
Der Sommer war fast vorüber und
ich hatte meinen Freund nicht wieder bei
mir gesehen. Nur ab und zu traf ich
ihn unterwegs, aber seine traurige Uliene
verriet mir, daß er noch keine Gelegenheit
gehabt hatte, den Apparat zu benützen,
so daß er allmählich zu der Ansicht kam,
die Dame sei nur vorübergehend hier
gewesen und das Geld für das Abonne-
ment hinausgeworfen.
Lines Tages aber hörte ich plötzlich
ein Rollen und Poltern auf der Treppe,
ein Hut flog durch die Tür ins Zimmer
und ein menschlicher Körper folgte, sich
mehrinals überstürzend, nach. Ls war
mein Freund aus dem zoologischen Garten.
„Ich hab' sie, ich hab' sie," rief er strahlend
vor freudiger Erregung. „Soeben habe
ich sie ausgenommen und es war keine
Kleinigkeit bei dem Gedränge und der Schwierigkeit, mich an
sie heranzumachen. Aber endlich war mir das Glück hold.
Doch jetzt lasse uns nur die Platte gleich entwickeln."
Da ich das Ungestüm meines Freundes kannte, richtete ich
die Dunkelkammer her. Etwa eine Stunde lang entwickelte
mein Freund flott darauf los, dann kam er mit hochrotem Kopfe
aus seiner dunklen Zelle heraus.
„Schau doch einmal, ob Du etwas siehst!" sagte er ärgerlich
und kleinlaut zugleich.
Ich nahm die Platte, hielt sie gegen das Licht und sah nichts.
„Ls ist gar nichts drauf," sagte ich.
„Aber ich habe doch hinreichend exponiert und auch richtig
eingestellt," jammerte er.
Indem er das sagte, siel mein Blick von ungefähr auf die
Weste meines erbarmungswürdigen Freundes und eine ganze
Ulenge von Lichtern ging mir auf.
„Mein lieber Freund," sagte ich so schonungsvoll und sanft
wie möglich, „Du hast weder eingestellt noch exponiert, sondern
Dir lediglich in der Meinung, das Objektiv zu öffnen, einen —
Westenknopf abgerissen." —