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Meggendorfer-Blätter — 57.1904 (Nr. 693-705)

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Nr. 696
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https://doi.org/10.11588/diglit.20902#0051
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Zeitschrift für Humor und Aunst

^3

Das gute Her?.


Humoreske von C. A. Hennig.

/R/in gutes Herz ist ein Luxus," pflegte mein früherer Lhef,
als ich ihm noch als Hilfsredakteur beigegeben war,
immer zu sagen, um dann noch mit ganz besonderem
Nachdruck hinzuzusetzen: „Für einen Zeitungsverleger aber ist es
geradezu ein verbrechen wider die gesunde Vernunft." Na, ich
will nicht mit ihm rechten deswegen, schon längst deckt ihn der
kühle Rasen und ich bin mein eigener Herr, der sich sogar hier
und da einen „Luxus" leisten kann. Ich mußte aber unwillkürlich
daran denken, als ich heute früh das Redaktionslokal betrat
und einen ganzen Berg eingelaufener Manuskripte der Erledigung
harren sah. Na, warum denn nicht, ein Redakteur hat ja sonst
weiter nichts zu tun. Ich brannte mir also eine Zigarre an
und machte mich frisch ans Merk.
Ich mochte etwa bis zur Hälfte durch-
gekommen sein, als ein etwas ram-
poniertes Kuvert meine besondere
Aufmerksamkeit erregte. Mit einer
gewissen Neugier öffnete ich es: ein
kleines Novellchen von vier Seiten —
hm, wollen mal sehen. So kurze Dinger
haben den Vorzug, weder den Verfasser,
noch den Leser allzusehr anzustrengen.
Das Geschichtchen war nicht übel,
Zwar allerreinste Durchschnittsware,
aber immerhin doch Durchschnitt. Das
will bei dem gegenwärtigen Stande
der deutschen Literatur schon etwas
heißen. Will doch erst sehen, wer der
Einsender ist.

von der Annahme seiner kleinen Arbeit brachte. Ich erinnerte mich
der eigenen Zeit, wo ich, ein zu Tode verwundeter Vaterlandsver-
teidiger, im Lazarett gelegen hatte; wie wohl mir damals ein freund-
licher Blick, ein teilnehmender Händedruck, oder gar ein heimlich
geschmuggelter guter Bissen getan hattel Eine förmliche Rührung
überkam mich. Warum sollte ich nicht ein klebriges für den kranken
Kollegen tun? Zwar litt ich nicht gerade an Ueberfluß, hatte
aber sicher mehr als jener. Ich zog also die Spendierhosen
an, packte zu dem Geld ein paar Flaschen echten Bordeaux,
eine delikate Salami und etliche gute Glimmstengel. Raucht
er sie jetzt nicht, so raucht er sie, wenn er wieder gesund ist.
Sie brennen zu jeder Zeit! (Fortsetzung nächste Seite.)

Mnstler-Sumor.

Sehr geehrter Herr Redakteur!
Anbei übersende ich Ihnen eine
kleine, selbsterlebte Geschichte mit
der Bitte, sie, wenn brauchbar, in
Ihr geschätztes Blatt aufzunehmen
und mir nach hier Bescheid zu geben.
Der Abdruck würde mich auf-
richtig freuen.
Ergeb enst
Edmund Müller,

Portraitmaler: „Herr Kommerzienrat, Sie wünschten kürzlich, daß ich bei
Ihrem Portrait Ihre Ernennung zum ,Geheimen' andeute — ist's so geheim genug?!"

Also Müller hieß der Mann und
'M Krankenhause befand er sich gegen-
wärtig! Und da hatte er wahrscheinlich
Langeweile, oder um sich einen
mnen Zuschuß zu seinem Krankenetat
schaffen, das vorliegende Geschicht-
en niedergeschrieben. Na, es gibt
"°ch Menschen auf der Welt, sogar
""ker Zeitungsredakteuren, und so
"ahm ich das Eingesandt an und setzte
etwas höheres Honorar als gewöhn-
,'ch dafür aus. Dann fuhr ich weiter
'u meiner Beschäftigung fort. Aber
i"erdwürdig, was ich auch las und wo
auch hinblickte, immer schwebte mir
'°r Augen ein ödes, kahles Kranken-
^nnier mit einem armen, hilflosen
^enschenfinde darin, das vielleicht
^°n die Stunden zählte bis der Post-
° ° 'hm die heißersehnte Botschaft
 
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