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Zeitschrift für Humor und Kunst

§5


hungriger Poetikus nicht greift, um einen vertrauensseligen
Zeitungsredakteur zu düpieren. Jedenfalls hatte der x. t.
Müller im Einverständnis mit einem Bediensteten das Kranken-
haus als Deckadresse aufgegeben, und ich Unschuldslamm war
richtig darauf hineingefallen. Aber warte nur, Du Galgenstrick,
hast Du meine erste Sendung erhalten, so sollst Du auch meine
zweite kriegen. Und das erste, was ich am andern Morgen
tat, war, daß ich Herrn Edmund Müller, derzeit im Kranken-
haus zu Hohenried, folgende ironische Epistel schrieb.
Mein lieber Herr!
Als ich mir am Sonntag das Vergnügen machen
wollte, Sie zu besuchen, fand ich, daß ich Sie nicht fand.
Ich schmeichle mir nun, daß es mein trefflicher Bordeaux
war, der Sie so rasch kuriert hat; sollten Sie aber noch
irgend welche Nachwehen verspüren, so ersuche ich Sie,
mich demnächst zu besuchen. Der Rest von dem edlen Stoffe,
den ich noch habe, wird Ihnen sicher ungemein rasch und
für alle Zeiten auf die Beine helfen.
Ihr rc.
Das war doch eine kleine Genugtuung. Der Mann wußte
wenigstens, daß er durchschaut war. Auch an diesem Tage
schmeckte mir mein Mittagessen vorzüglich.
Ich dachte natürlich nicht im mindesten, auf diesen Brief
eine Antwort zu erhalten, um so erstaunter war ich daher, als
sich bereits am nächsten Tage unter meinem Einlaufe ein Brief
aus Hohenried befand. Da sollte ein anderer daraus klug werden.
Hastig riß ich den Umschlag ab und las:

Euer Wohlgeboren I
Hat mich schon Ihrs Gepflogenheit befremdet, Ihre
Honorare zum Teil in Naturalien zu gewähren, so bin ich
doch geradezu erstaunt, daß es bei Ihnen Sitte zu sein
scheint, Ihre Mitarbeiter auch noch mit Injurien ver-
worrenster Art zu traktieren. Ich weiß nicht, soll ich mir
daraus einen Rückschluß auf die Person und die geistige
Zurechnungsfähigkeit Ihres Herrn Redakteurs gestatten,
oder soll ich die Angelegenheit einfach mit Stillschweigen
übergehen. Ich denke, das letztere wird das beste sein
und teile Ihnen nur noch zur Beruhigung mit, daß ich
Honorar, sowie Naturalien, letztere nach sorgfältiger Unter-
suchung auf ihre Unschädlichkeit, der von mir geleiteten
Anstalt überwiesen habe.
Hochachtend
Edmund Müller, Sanitätsrat,
derzeit stellvertr. Direktor des Krankenhauses zu Hohenried.
Hm, wie hatte doch mein Chef gleich gesagt?

Das Aeußerste.
Die Nanny ist als Köchin eine perle und wird deshalb
von der Frau Geheimrätin wie ein rohes Li behandelt. An
einem Tage, wo Geheimrats ein kleines Diner geben, tritt
die Frau Geheimrat in die Küche und hört die Nanny jammern:
„Ach Gott, da hab' ich jetzt bei der Sauce die Hauptsache ver-
gessen. Gnä' Frau, laufen Sie einmal schnell zum Kaufmann
und holen Sie mir für einen Groschen Kapern!"

Das Rendezvous.


tWsariechen wartet im Cafö
Und schleckt dazu ein Cisbaiser.
Soeben schlug die Uhr erst Lechs,
Na zappelt schon die kleine Her'
And schaukelt mit dem Stuhl und girrt:
„Ä.ch Gott, ob er wohl Kommen wird?"


Schon klappt nervös der kleine Schuh.
„Vergast er gar das Rendezvous?"
Ihr ist so bang, ihr wird so weh.
„Herr Ober, noch ein Cisbaiser!" —
Sie seufzt, indes ein Tränchen flirrt:
„Ach Gott, ob er noch kommen wird?"
 
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