Damit nichts fehtt.
Bankier Goldenstein (neu geadelt, im rui»ens-i->ln „Siehst De, Sarah, de Ahnenreihe hätten mer jetzt, nu müssen mer
noch festsetzcn, welcher is gewesen der, welcher hat gemacht e Mesalliance."
Der Dichter und die Mhirer des Reichen.
s war einmal ein Dichter, der wohnte in einem schönen
Hause, aber ganz zu oberst unter dem Dach, wie es sich
siir einen rechten Poeten schickt. Natürlich war er
arm an Geld, dafür reich an schönen Gedanken und herrlicher
Begeisterung. Diese Gedanken und diese Begeisterung jedoch
waren nicht immer imstande, ihn das Knurren seines Magens
vergessen zu machen; dann setzte er sich hin und schrieb schlechte !
Witze. Die brachten ihm ein Stücklein Geld ein, so daß er für
einige Tage vor Not gesichert war. Kaum aber entfernte sich
die Sorge von seiner Tür, so schlüpfte mit holdseligem Lachen
die Muse herein, herzte und küßte den Dichter, bis aus seiner
Feder die herrlichsten Verse stossen. Diese aber wollte niemand
lesen, und sie brachten ihm kein Geld ein.
Jedoch, so wenig auch der Dichter besaß, so verstand er
es doch immer noch etwas zu erübrigen, um andern mitzuteilen.
Davon konnten die Vögel unter dem Himmel erzählen, die sich
täglich scharenweise an seinem Fenster einfanden, wo es immer
was zu picken gab, und die mit ihrem Inbilo und Tirili des
Dichters Einsamkeit mit Frohsinn erfüllten. Unten aber, in
dem armseligen und sonnenlosen Hof scharrten die paar Hühner
der Portiersfrau die Krüinmchen zusammen, die vom Fenster
des Mansardenstübchens herabfielen. Ihr Gegacker schallte bis
herauf zu dem wohltätigen Poeten, und er merkte gleich, daß
auch diese da unten des Mitleids wert waren, von nun an
trat er jedesmal, wenn er von einem Gang zurückkehrte, in
den kleinen Hof, der nur ein schmaler Seitenteil des eigentlichen
A. Burg.
Gartens war, wie man das mit spärlichem Grün und kümmer-
lich gedeihenden Bäumchen bepflanzte Stücklein Erde zwischen
den hohen Mauern zu nennen pflegte. Dann nahm er ein
Stücklein Brot aus der Tasche und die Hühner sprangen ihn:
schon mit weit ausgreifenden Füßchen entgegen.
Im ersten Stock desselben Hauses nun wohnte ein reicher
Junggeselle; der hatte drei luxuriös ausgestattete Zimmer nach
der Straße und drei ebensolche nach der Hofseite. Als er einst
zufällig aus dem Fenster seines üppigen Schlafgemaches blickte,
sah er unten den Dichter stehen, der die Hühner fütterte. Der
Anblick schien ihm seltsam und komisch und zerstreute ihn ein
wenig. Denn er lebte von den Renten und langweilte sich fast
immer. Mit Neugier betrachtete er die schlank aufgeschossene
Gestalt des jungen Mannes, der so mit feierlichem Ernst die
Brotkrümchen unter die Hühner streute, sorgfältig darauf achtend,
daß keines zu kurz kam. Die Kleidung des Dichters war nicht
nach modernstem Schnitt; seine Hose entbehrte der bewußten
vornehmen Bügelfalte, die den Mann, der auf sich hält, verrät,
er trug auch keinen Stehkragen bis an die Bhren, sondern einen
breiten Umleger und der lose geschlungene Schlips flatterte
ungeniert über die Weste herab. Tief im Nacken saß ihm der
breitrandige, weiche Filz und ließ die Stirne frei, die stark ge-
wölbte, stolze Stirne, über der die Haare in reichen Ringeln lagen.
„Lin hübscher, junger Mann," dachte der reiche Jung-
geselle, der eine flache, niedere Stirn, aber dafür ein gewölbtes
Bäuchlein besaß, „ein hübscher Mann, könnte jedem Mädchen
Bankier Goldenstein (neu geadelt, im rui»ens-i->ln „Siehst De, Sarah, de Ahnenreihe hätten mer jetzt, nu müssen mer
noch festsetzcn, welcher is gewesen der, welcher hat gemacht e Mesalliance."
Der Dichter und die Mhirer des Reichen.
s war einmal ein Dichter, der wohnte in einem schönen
Hause, aber ganz zu oberst unter dem Dach, wie es sich
siir einen rechten Poeten schickt. Natürlich war er
arm an Geld, dafür reich an schönen Gedanken und herrlicher
Begeisterung. Diese Gedanken und diese Begeisterung jedoch
waren nicht immer imstande, ihn das Knurren seines Magens
vergessen zu machen; dann setzte er sich hin und schrieb schlechte !
Witze. Die brachten ihm ein Stücklein Geld ein, so daß er für
einige Tage vor Not gesichert war. Kaum aber entfernte sich
die Sorge von seiner Tür, so schlüpfte mit holdseligem Lachen
die Muse herein, herzte und küßte den Dichter, bis aus seiner
Feder die herrlichsten Verse stossen. Diese aber wollte niemand
lesen, und sie brachten ihm kein Geld ein.
Jedoch, so wenig auch der Dichter besaß, so verstand er
es doch immer noch etwas zu erübrigen, um andern mitzuteilen.
Davon konnten die Vögel unter dem Himmel erzählen, die sich
täglich scharenweise an seinem Fenster einfanden, wo es immer
was zu picken gab, und die mit ihrem Inbilo und Tirili des
Dichters Einsamkeit mit Frohsinn erfüllten. Unten aber, in
dem armseligen und sonnenlosen Hof scharrten die paar Hühner
der Portiersfrau die Krüinmchen zusammen, die vom Fenster
des Mansardenstübchens herabfielen. Ihr Gegacker schallte bis
herauf zu dem wohltätigen Poeten, und er merkte gleich, daß
auch diese da unten des Mitleids wert waren, von nun an
trat er jedesmal, wenn er von einem Gang zurückkehrte, in
den kleinen Hof, der nur ein schmaler Seitenteil des eigentlichen
A. Burg.
Gartens war, wie man das mit spärlichem Grün und kümmer-
lich gedeihenden Bäumchen bepflanzte Stücklein Erde zwischen
den hohen Mauern zu nennen pflegte. Dann nahm er ein
Stücklein Brot aus der Tasche und die Hühner sprangen ihn:
schon mit weit ausgreifenden Füßchen entgegen.
Im ersten Stock desselben Hauses nun wohnte ein reicher
Junggeselle; der hatte drei luxuriös ausgestattete Zimmer nach
der Straße und drei ebensolche nach der Hofseite. Als er einst
zufällig aus dem Fenster seines üppigen Schlafgemaches blickte,
sah er unten den Dichter stehen, der die Hühner fütterte. Der
Anblick schien ihm seltsam und komisch und zerstreute ihn ein
wenig. Denn er lebte von den Renten und langweilte sich fast
immer. Mit Neugier betrachtete er die schlank aufgeschossene
Gestalt des jungen Mannes, der so mit feierlichem Ernst die
Brotkrümchen unter die Hühner streute, sorgfältig darauf achtend,
daß keines zu kurz kam. Die Kleidung des Dichters war nicht
nach modernstem Schnitt; seine Hose entbehrte der bewußten
vornehmen Bügelfalte, die den Mann, der auf sich hält, verrät,
er trug auch keinen Stehkragen bis an die Bhren, sondern einen
breiten Umleger und der lose geschlungene Schlips flatterte
ungeniert über die Weste herab. Tief im Nacken saß ihm der
breitrandige, weiche Filz und ließ die Stirne frei, die stark ge-
wölbte, stolze Stirne, über der die Haare in reichen Ringeln lagen.
„Lin hübscher, junger Mann," dachte der reiche Jung-
geselle, der eine flache, niedere Stirn, aber dafür ein gewölbtes
Bäuchlein besaß, „ein hübscher Mann, könnte jedem Mädchen