Zeitschrift für Humor und Auusl
7
Zu schlau.
Humoreske von Carl Franke.
n der Familie des Buchhalters Knobler rauschte jahraus
jahrein die Glücksgöttin spurlos vorüber. Zwar der Mann
hatte sein regelmäßiges Einkommen, Kinder hatten sie auch
nur zwei, aber trotzdem, das monatliche Gehalt reichte immer
nur bis zu dem Moment, an dem es neues Geld gab. Manch-
mal reichte es nicht einmal bis dahin, Heute z. B. war der Letzte
des Monats, gerade ein Sonntag, und im Gesamtbesitz der Familie
befanden sich nur noch bare fünfundzwanzig Pfennig. Ucber
den saumseligen Ehef aber auch! (Obgleich Herr Unobler gestern
abend eine ganze Viertelstunde länger im Geschäft geblieben
war, obgleich er zwei-, dreimal die Aufmerksamkeit des Prinzi-
pals durch Fragen, die eigentlich nur sehr lose mit Knoblers
Dienst zusammenhingen, auf sich zu ziehen gewußt hatte, trotz alle-
dem! Der Lhef hatte es scheinbar nicht gefühlt, worauf die
Ulanipulationen Knoblers abzielten.
Und direkt um das Geld bitten,
nein, dazu war Knobler einesteils
ZU schüchtern, andernteils besaß er
noch einen von seiner Junggesellen¬
zeit herrührcnden Stolz, der dies
nicht zuließ. So war er also an
diesem Abend mit leeren Händen
zu seiner Gattin gekommen, und
tags drauf war ein großes
Sommerfest, auf dem Fran Knobler
mit ihrem neuen Hute die lieben
Bekannten nach Möglichkeit ärgern
wollte.
Hin und her riet man am
Sonntag, wie der Misere abzuhelfen
sei. Die Frau, als die am meisten
davonBetroffene, halte den einzigen
brauchbaren Gedankein das Dienst-
mädchen anpumxenl Man hatte
noch nie getan, man hatte auf
bie Reputation dos Hauses stets
ein wachsames Auge gehabt, aber
diesmal gab es keinen andern
Ausweg. Und es würde ja auch
gehen, ohne daß Mina irgend¬
welchen Verdacht schöpfte.
So gegen zwei Uhr zog sich
Unobler an und ging fort. Als
ungefähr zehn Minuten verstossen
waren, sagte Frau Knobler zu dem
Mädchen: „Ach, Mina, laufen
Sie doch 'mal rasch dem Herrn
nach, vielleicht erwischen Sie ihn
noch, er hat kein Geld mitgenommen,
hat aber den Schlüssel zum Sekretär,
in dein es liegt, mit; hier, die
Straße hinunter, nach der Kirche
Zu, ist er gegangen. Rasch! Laufen
Sie!"
Die beiden Pläneschmieder
hatten ausgemacht, daß er die
Straße hinauf, und zwar mit
Sturmschritten, gehen sollte. Das
mit dem Mädchennachschicken mar
"och ein späterer Einfall von Frau
Unobler, der die Sache als ganz
Natürlich hinzustellen sehr geeignet
war. Wenn das Mädchen dann zurückkäme, wollte die
erfinderische Frau Buchhalter mit ihrem Anliegen herausrücken,
und auch der argwöhnischste Mensch hätte wohl da nicht einen
Funken von Verdacht schöpfen können.
Das Mädchen sauste die Treppe hinunter und kam nach
zwei Minuten zurück—mit Herrn Knobler. Als dieser mit
seiner schier versteinerten Gattin allein war, löste sich das Rätsel:
„Ich .... ich konnte," stotterte der ganz verdutzte Lheherr her-
aus, „nicht auf die Straße gehen, mußte hinter der Haustür-
warten, weil ein Gläubiger von uns, und noch dazu der un-
gestümste, der Schneider Fixxel, g'rad' vorn, Haus mit einem
Herrn sprach."
Auf dem Sommerfeste blieben die Bekannten von dem ihnen
von Frau Knobler zugedachten Aerger verschont.
—-K D -
Der Vroh.
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Zu schlau.
Humoreske von Carl Franke.
n der Familie des Buchhalters Knobler rauschte jahraus
jahrein die Glücksgöttin spurlos vorüber. Zwar der Mann
hatte sein regelmäßiges Einkommen, Kinder hatten sie auch
nur zwei, aber trotzdem, das monatliche Gehalt reichte immer
nur bis zu dem Moment, an dem es neues Geld gab. Manch-
mal reichte es nicht einmal bis dahin, Heute z. B. war der Letzte
des Monats, gerade ein Sonntag, und im Gesamtbesitz der Familie
befanden sich nur noch bare fünfundzwanzig Pfennig. Ucber
den saumseligen Ehef aber auch! (Obgleich Herr Unobler gestern
abend eine ganze Viertelstunde länger im Geschäft geblieben
war, obgleich er zwei-, dreimal die Aufmerksamkeit des Prinzi-
pals durch Fragen, die eigentlich nur sehr lose mit Knoblers
Dienst zusammenhingen, auf sich zu ziehen gewußt hatte, trotz alle-
dem! Der Lhef hatte es scheinbar nicht gefühlt, worauf die
Ulanipulationen Knoblers abzielten.
Und direkt um das Geld bitten,
nein, dazu war Knobler einesteils
ZU schüchtern, andernteils besaß er
noch einen von seiner Junggesellen¬
zeit herrührcnden Stolz, der dies
nicht zuließ. So war er also an
diesem Abend mit leeren Händen
zu seiner Gattin gekommen, und
tags drauf war ein großes
Sommerfest, auf dem Fran Knobler
mit ihrem neuen Hute die lieben
Bekannten nach Möglichkeit ärgern
wollte.
Hin und her riet man am
Sonntag, wie der Misere abzuhelfen
sei. Die Frau, als die am meisten
davonBetroffene, halte den einzigen
brauchbaren Gedankein das Dienst-
mädchen anpumxenl Man hatte
noch nie getan, man hatte auf
bie Reputation dos Hauses stets
ein wachsames Auge gehabt, aber
diesmal gab es keinen andern
Ausweg. Und es würde ja auch
gehen, ohne daß Mina irgend¬
welchen Verdacht schöpfte.
So gegen zwei Uhr zog sich
Unobler an und ging fort. Als
ungefähr zehn Minuten verstossen
waren, sagte Frau Knobler zu dem
Mädchen: „Ach, Mina, laufen
Sie doch 'mal rasch dem Herrn
nach, vielleicht erwischen Sie ihn
noch, er hat kein Geld mitgenommen,
hat aber den Schlüssel zum Sekretär,
in dein es liegt, mit; hier, die
Straße hinunter, nach der Kirche
Zu, ist er gegangen. Rasch! Laufen
Sie!"
Die beiden Pläneschmieder
hatten ausgemacht, daß er die
Straße hinauf, und zwar mit
Sturmschritten, gehen sollte. Das
mit dem Mädchennachschicken mar
"och ein späterer Einfall von Frau
Unobler, der die Sache als ganz
Natürlich hinzustellen sehr geeignet
war. Wenn das Mädchen dann zurückkäme, wollte die
erfinderische Frau Buchhalter mit ihrem Anliegen herausrücken,
und auch der argwöhnischste Mensch hätte wohl da nicht einen
Funken von Verdacht schöpfen können.
Das Mädchen sauste die Treppe hinunter und kam nach
zwei Minuten zurück—mit Herrn Knobler. Als dieser mit
seiner schier versteinerten Gattin allein war, löste sich das Rätsel:
„Ich .... ich konnte," stotterte der ganz verdutzte Lheherr her-
aus, „nicht auf die Straße gehen, mußte hinter der Haustür-
warten, weil ein Gläubiger von uns, und noch dazu der un-
gestümste, der Schneider Fixxel, g'rad' vorn, Haus mit einem
Herrn sprach."
Auf dem Sommerfeste blieben die Bekannten von dem ihnen
von Frau Knobler zugedachten Aerger verschont.
—-K D -
Der Vroh.