Zeitschrift für Humor und Auust
U
Das Weib.
Da packte der Zorn die Prinzessin nnd sie befahl
ihren Schergen, den trotzköpfigen Jüngling in den tiefsten
Kerker zu werfen.
Dann aber schwang sie die Peitsche über die Köpfe
ihres edelmütigen Gespannes, daß es in rasendem Laufe
dahinflog.
Als sie auf ihren, Schlosse angelangt war, ließ sie
sofort den Henker rufen nnd befahl ihm, noch vor Sonnen-
untergang den kecken Knaben hinzurichten. — — —
Nach einer Weile taten sich die Pforten des
Gefängnisses auf und ein königliches Weib schritt über
die Schwelle. Ghne ein Wort zu sagen ging es auf
die Zelle zu, in welcher der Jüngling gefangen saß.
Mit einem goldenen Schlüssel öffnete es das Schloß der
Kerkertüre und trat in den dumpfen, modrigen Raum.
Auf einer Matte von Stroh saß der Jüngling und
präludierte auf seiner Laute. Gr erhob sich nicht, als er
seiner Besucherin ansichtig wurde, aber die Töne seiner
Laute brachen mit einem jähen Mißakkord ab. Mit
hochmütiger Verachtung sah die Prinzessin auf den
furchtlosen Jüngling herab.
„Ich komme, Dir den Tod zu künden. Noch ehe die
Sonne den Horizont rötet, werden Deine trotzigen Augen für
immer geschlossen sein," sagte sie mit eisiger Stimme.
„Du tust, was Deiner würdig ist; ich habe nichts andres
von Dir erwartet," erwiderte gelassen der Spielmann.
Da riß sich mit einen, jähen Ruck das stolze Weib den
königlichen Purpur vom Leibe und stand vor dem staunenden
Knaben als eine der Aermsten ihres Landes, als Bettlerin in
zerschlissenem Gewände.
„Sieh mich an," sagte sie mit weicher demütiger Stimme,
„so wie ich bin, will ich mit Dir von Land zu Land ziehen und
die Brotrinden mit Dir teilen, die von des Mitleidigen Tische
fallen. Ich will Dir eine Magd sein und Du sollst mich lieben.
Sag, willst Du mich lieben?"
Da sprang der Jüngling auf und rief mit zorniger Ge-
bärde, „Der Tod, den Du nur gekündet hast, ist süß gegen eine
Liebe wie die Deinige. Ich verschmähe sie — laß mich darum
sterben l" — — —-—
Wie ein glühender Ball sank die Sonne hinter die Berge,
auf dem Schloßhof aber stand ein düster-schauriges Gerüst und
daneben ein blutigroter Mann mit schwarzer Maske und
funkelndem Schwert. Zwei trotzig schöne Augen blickten ab-
schiedswehmütig dem schwindenden Tagesgestirn nach, dann
blitzte ein zischender Strahl in der glutigen Dämmerung — —
Da sprengte ein Bote herbei nnd fiel dem Henker in den
Arm.
„Halt ein," rief er ihm zu. „Du aber," wandte er sich
an den Spielmann, „nimm diesen schnellsten Renner und
jage der scheidenden Sonne nach! So will es meine Gebie-
terin I"
Der Jüngling ließ sich das nicht zweimal sagen, saß auf
und sprengte davon wie der sausende Föhn.
Auf dem Söller ihres Schlosses aber stand die stolze Prin-
zessin und schaute mit brennenden Augen den, davoneilenden
Reiter nach. Ihr Herz, das nie etwas andres empfunden
hatte, als grausame Lust, zuckte weh zusammen, als der letzte
Umriß des Reiters im Dämmer verschwand. Dann stieg sie
hinab vom Söller und schloß sich in ein dunkles Kämmerlein
ein. Dort warf sie sich in die Knie, raufte sich das Haar aus
und weinte. Weinte — weinte und weinte sich zu Tod'.
U
Das Weib.
Da packte der Zorn die Prinzessin nnd sie befahl
ihren Schergen, den trotzköpfigen Jüngling in den tiefsten
Kerker zu werfen.
Dann aber schwang sie die Peitsche über die Köpfe
ihres edelmütigen Gespannes, daß es in rasendem Laufe
dahinflog.
Als sie auf ihren, Schlosse angelangt war, ließ sie
sofort den Henker rufen nnd befahl ihm, noch vor Sonnen-
untergang den kecken Knaben hinzurichten. — — —
Nach einer Weile taten sich die Pforten des
Gefängnisses auf und ein königliches Weib schritt über
die Schwelle. Ghne ein Wort zu sagen ging es auf
die Zelle zu, in welcher der Jüngling gefangen saß.
Mit einem goldenen Schlüssel öffnete es das Schloß der
Kerkertüre und trat in den dumpfen, modrigen Raum.
Auf einer Matte von Stroh saß der Jüngling und
präludierte auf seiner Laute. Gr erhob sich nicht, als er
seiner Besucherin ansichtig wurde, aber die Töne seiner
Laute brachen mit einem jähen Mißakkord ab. Mit
hochmütiger Verachtung sah die Prinzessin auf den
furchtlosen Jüngling herab.
„Ich komme, Dir den Tod zu künden. Noch ehe die
Sonne den Horizont rötet, werden Deine trotzigen Augen für
immer geschlossen sein," sagte sie mit eisiger Stimme.
„Du tust, was Deiner würdig ist; ich habe nichts andres
von Dir erwartet," erwiderte gelassen der Spielmann.
Da riß sich mit einen, jähen Ruck das stolze Weib den
königlichen Purpur vom Leibe und stand vor dem staunenden
Knaben als eine der Aermsten ihres Landes, als Bettlerin in
zerschlissenem Gewände.
„Sieh mich an," sagte sie mit weicher demütiger Stimme,
„so wie ich bin, will ich mit Dir von Land zu Land ziehen und
die Brotrinden mit Dir teilen, die von des Mitleidigen Tische
fallen. Ich will Dir eine Magd sein und Du sollst mich lieben.
Sag, willst Du mich lieben?"
Da sprang der Jüngling auf und rief mit zorniger Ge-
bärde, „Der Tod, den Du nur gekündet hast, ist süß gegen eine
Liebe wie die Deinige. Ich verschmähe sie — laß mich darum
sterben l" — — —-—
Wie ein glühender Ball sank die Sonne hinter die Berge,
auf dem Schloßhof aber stand ein düster-schauriges Gerüst und
daneben ein blutigroter Mann mit schwarzer Maske und
funkelndem Schwert. Zwei trotzig schöne Augen blickten ab-
schiedswehmütig dem schwindenden Tagesgestirn nach, dann
blitzte ein zischender Strahl in der glutigen Dämmerung — —
Da sprengte ein Bote herbei nnd fiel dem Henker in den
Arm.
„Halt ein," rief er ihm zu. „Du aber," wandte er sich
an den Spielmann, „nimm diesen schnellsten Renner und
jage der scheidenden Sonne nach! So will es meine Gebie-
terin I"
Der Jüngling ließ sich das nicht zweimal sagen, saß auf
und sprengte davon wie der sausende Föhn.
Auf dem Söller ihres Schlosses aber stand die stolze Prin-
zessin und schaute mit brennenden Augen den, davoneilenden
Reiter nach. Ihr Herz, das nie etwas andres empfunden
hatte, als grausame Lust, zuckte weh zusammen, als der letzte
Umriß des Reiters im Dämmer verschwand. Dann stieg sie
hinab vom Söller und schloß sich in ein dunkles Kämmerlein
ein. Dort warf sie sich in die Knie, raufte sich das Haar aus
und weinte. Weinte — weinte und weinte sich zu Tod'.