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Meggendorfer-Blätter — 59.1904 (Nr. 719-731)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20904#0018
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?.Ii e g g e n d o r f e r - B I ä t t e r, München


Lackfischlcid.

Meine liebste Erna!
ch bin so todcstraurig, daß ich am liebsten die Flasche Tinte,
die vor mir steht, auf einen Zug leeren möchte, um diesem
betrügerischen Lrdendasein ein Ende zu machen. Doch darf ich
es nicht tun, denn der im nächsten Monat beginnende Tanz-
kursus ist bereits für mich bezahlt. Aber mein Herz muß ich
Dir ausschütten, selbst auf die Gefahr hin, daß auch Du mich
in meiner Trübsal verspottest, wie es die ganze übrige rohe
und herzlose Welt getan hat. Aber so höre!
Du kannst Dich doch noch auf den schlanken, blonden
Unterprimaner besinnen, der uns immer auf dem Wege in das
Institut begegnete? Ach, er war das Ideal meiner Seele, dem
mein Herz in brennender Liebe entgegenflog, trotzdem er etwas
lange Beine hatte und ihr ihn deshalb den „Spinnebeinigen"
nanntet! Also fast ein halbes Jahr lang schmachteten wir uns
gegenseitig an, denn er liebte mich ebenfalls, war aber zu
schüchtern und vielleicht auch zu ideal angelegt, um mit irgend-
einem profanen Gemeinplatz eine Annäherung zu versuchen.
Aber endlich einmal war uns Fortuna doch hold; es gelang dem
Angebeteten, mir ein Briefchen zuzustecken, in dem er unsre
Liebe in glühenden Sehnsuchtstönen besang und mich am Schlüsse
zu einem Stelldichein in Krauses Konditorei einlud.
Ach ich war selig! Ich hatte mich nicht getäuscht, er mar
Idealist durch und durch und liebte mich wahr und tief. Und

Äh so.

diese Gewißheit in Verbindung mit dem Gedanken an Krauses
Schlagsahne berauschte mich derart, daß ich lange vor der festge-
setzten Zeit den Brt des Stelldicheins betrat. Man kann doch
nun aber nicht stundenlang in einer Konditorei sitzen, ohne ent-
sprechend etwas zu verzehren, noch dazu, wenn man so weltvergessen
vor sich hin träumt, ißt inan eben immer und immer zu, ohne
etwas dabei zn denken, und so kam es denn, daß ich schließlich
ganze elf Portionen Schlagsahne gegessen hatte.
Da riß mich plötzlich die brutale Wirklichkeit aus meinen
süßen Phantasien, indem Herr Krause, der Ladenbesitzer, mir
auf meine Schulter klopfte und sagte: „Mein liebes Fräulein,
Sie sind ganz blaß, ich glaube, Sie haben zuviel Schlagsahne
gegessen."
Und nun ich wieder zu mir selbst kam, fühlte ich auch,
wie blaß ich sein mußte und daß mir eigentlich ganz elend zu
Mute war.
Doch Herr Krause tröstete mich.
„Das kommt öfters vor," sagte er, „hat aber gar nichts
weiter zu bedeuten. Sie brauchen nur einen Kognak zu nehmen
und alle Uebelkeit ist verschwunden."
Denke Dir, liebe Erna, ich sollte Schnaps trinken! Aber
ich war so schwach, daß ich mich nicht dagegen sträuben konnte,
auch suhlte ich, daß mir ein Gläschen Branntwein wirklich gut
tun würde, ja, daß es sogar notwendig war. Ich ließ es also
geschehen, daß man mir eines brachte. Aber
nun geschah das Entsetzliche! Während ich
den Kognak voll instinktiver Gier hinunter-
stürzte, trat er ein. Er ward ebenso blaß
wie ich, machte mir eine eisigkalte Verbeugung
und verließ den Laden mit dem Ausdruck tief-
ster Abscheu und Verachtung wieder. Und nun
sind wir auf ewig geschieden. Der unselige
Kognak liegt wie eine gähnende Kluft zwischen
uns, die nichts mehr überbrücken kann.
Mit herzlichen Grüßen
Deine durch den Alkohol zu Grunde
gerichtete
Paula.


In der Macht.
von jungem Glück umfangen,
Lieg' ich wach mit heißen Wangen,
Lauschend wunderlichem Schall:
Leise, leise hör' ich's klopfen,
Innen tief verstohlen tropfen
Wie verborg'ner Tränen Fall.
So im Walde nach dem Wetter
Meinen die betrauten Blätter,
von Erinnern noch durchbebt,
Während, süß die Nacht erhellend,
Wundersam von Lichte schwellend,
Schon der Mond am Himmel schwebt.
Reinhard Volker.

Sicheres Zeichen.
Besuch: „Du sollst längere Zeit schwer
krank gewesen sein?"
Studiosus: „Freilich! Acht Wochen lang
vermochte ich keinen Menschen anzu-
pumpen."

stellt wird und dieser damit den wein mischt): „Dö Wirt in der Stadt san aber no weit
z'ruck, dös besorg' alles glei i."
 
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