Zeitschrift für Junior und Kunst
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endete, machten sie Halt. Hier war links eine kleine, niedrig
verlausende Wasserrinne, von der man ein ziemliches Stück dieses
natürlichen Engpasses übersehen konnte. Wenn es gelang,
die Gemsen in diesen Hohlweg zu drängen, so war dies für
einen Schützen der prächtigste Stand. Dies war auch Bartls Plan.
Auf diesem Platze angelangt, legte der Jäger Rucksack
und Bergstock beiseite. Dann machte er dem Schützen klar,
von welcher Seite die Gemsen zu erwarten seien, gab ihm eine
Menge Verhaltungsmaßregeln und schärfte ihm wiederholt ein,
seinen Standpunkt nicht zu verlassen.
Die eindringlichen Ermahnungen schloß er mit den Worten:
„Geben S' fein Vbacht und schießen S' kan' Goasl"
Dann entfernte er sich init seiner Büchse und suchte, einen
großen Bogen schlagend, unbemerkt das obere Ende der „Hut-
mäuerschlucht" zu gewinnen, um das Arickelwild zwischen die
„Mäuer" herabzudrücken.
Der verlassene Franzose lud bedächtig sein Schießgewehr
und lehnte es neben die Bergstöcke an die Felsen. Dann setzte
er sich auf einen Vorsprung und machte sich mit dem Rucksacke
zu schaffen. Hungrig und durstig, wie er war, ließ er sich
Essen und Trinken trefflich munden. Zeitweilig spähte er hinauf
nach der blauen Spalte, woher das Edelwild kommen sollte.
Aber es kam nichts, wie geduldig er auch wartete. Der Auf-
enthalt in der schattigen Rinne wurde immer unangenehmer.
Draußen lag die warme Sonne. Das warten wurde auch all-
mählich langweilig.
Noch einmal lugte er aus. Es kam nichts.
Da schulterte er die Flinte und mit Hilfe des Bergstockes
arbeitete er sich in ängstlicher Unbeholfenheit bis zur nahen
Ausmündung der Schlucht.
Der Wandrücken links verflachte hier nämlich, rechts da-
gegen fand die Mauer
kleine Steinchen im Schuhe verursachten. Er lehnte wieder
sein Schießeisen samt dem Bergstöcke weg, schnürte die
Lederriemen auf und zog den Schuh aus. — —
Eben war er in der besten Arbeit begriffen, als sich plötz-
lich ein Getrappel vernehmen ließ. Ein starkes Rudel Gemsen
jagte in wilder Flucht die Schlucht herab.
Da sie den Weg versperrt sahen, stutzten sie einen Augen-
blick, dann übersetzten sie in verzweifeltem Anstürme den auf
einem Beine gebückt stehenden Weidmann.
Lebaud hatte bei dem ersten Anpralls das Gleichgewicht
verloren und kollerte unaufhaltsam die unbewachsene Schutthalde
hinunter.
In demselben Augenblicke tauchte Bartl oben in der Enge auf.
„Was schiaßt denn der Höllsakranit?!" schrie er, rot vor Aerger
Dann hob er, gerade noch rechtzeitig genug, die Büchse,
um dem letzten kapitalen Gemsbocke, der eben jenen Platz an
der Ecke passieren wollte, den der Franzose unfreiwillig ver-
lassen hatte, eine Äugel nachzusenden.
Der Schuß donnerte in den Wänden; aufs Blatt getroffen
überstürzte sich der Bock und rollte den Abhang hinunter, den:
Hinabgestoßenen nach. In der Mitte der Rutschbahn holte er
ihn mit einem kräftigen Rucke ein und, indem Lebaud in seiner
Todesangst das erlegte wild krampfhaft fest umklammerte,
vollendeten die zwei als unförmige Äugel die unbequeme Talfahrt'
Bartl stand schon in der Lichtung.
Als er das seltsame Paar unter sich erblickte, durchfuhr ihn
ein fürchterlicher Schreck.
„Herrgott, am Ende ....!"
Rasch ergriff er den danebenliegenden Bergstock, setzte ihn
kräftig ein und blitzschnell fuhr er den Hang hinab, daß der
grobe Sand hinter ihm niederhagelte.
einen plötzlichenAbschluß.
Unmittelbarneben diesem
senkte sich eine mit klei-
nem Aalkschotter und
grobem Verwitterungs-
sand bedeckte Halde ziem-
lich steil bis gegen die
Waldgrenze hinab.
Einen Augenblick
weidete sich Lebaud an
der wundervollen Aus-
sicht, dann verglich er
seinen früheren Stand-
punkt mit dem jetzigen.
Dort waren ihm die
Finger vor Aälte starr
und steif geworden. Er
hätte bestimmt keinen
sicheren Schuß abgeben
können. Das war hier
nicht zu befürchten.
Bis zu seinem der-
zeitigen Stande konnten
überdies die Gemsen
nach keiner Seite ent-
kommen und nach vorne
zu verstand er die Lücke.
Bb er von da oben seit¬
wärts herüberschoß, oder von hier zurück hinauf — das bliebe
doch einerlei! — kalkulierte er. Noch immer kam nichts.
Als Bartl unten anlangte, hatte sich der Franzose eben
aufgerafft und betrachtete wehmütig seine blutenden Anie und
Schon lange fühlte er ein Unbehagen, das ihm einige
Hände.
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endete, machten sie Halt. Hier war links eine kleine, niedrig
verlausende Wasserrinne, von der man ein ziemliches Stück dieses
natürlichen Engpasses übersehen konnte. Wenn es gelang,
die Gemsen in diesen Hohlweg zu drängen, so war dies für
einen Schützen der prächtigste Stand. Dies war auch Bartls Plan.
Auf diesem Platze angelangt, legte der Jäger Rucksack
und Bergstock beiseite. Dann machte er dem Schützen klar,
von welcher Seite die Gemsen zu erwarten seien, gab ihm eine
Menge Verhaltungsmaßregeln und schärfte ihm wiederholt ein,
seinen Standpunkt nicht zu verlassen.
Die eindringlichen Ermahnungen schloß er mit den Worten:
„Geben S' fein Vbacht und schießen S' kan' Goasl"
Dann entfernte er sich init seiner Büchse und suchte, einen
großen Bogen schlagend, unbemerkt das obere Ende der „Hut-
mäuerschlucht" zu gewinnen, um das Arickelwild zwischen die
„Mäuer" herabzudrücken.
Der verlassene Franzose lud bedächtig sein Schießgewehr
und lehnte es neben die Bergstöcke an die Felsen. Dann setzte
er sich auf einen Vorsprung und machte sich mit dem Rucksacke
zu schaffen. Hungrig und durstig, wie er war, ließ er sich
Essen und Trinken trefflich munden. Zeitweilig spähte er hinauf
nach der blauen Spalte, woher das Edelwild kommen sollte.
Aber es kam nichts, wie geduldig er auch wartete. Der Auf-
enthalt in der schattigen Rinne wurde immer unangenehmer.
Draußen lag die warme Sonne. Das warten wurde auch all-
mählich langweilig.
Noch einmal lugte er aus. Es kam nichts.
Da schulterte er die Flinte und mit Hilfe des Bergstockes
arbeitete er sich in ängstlicher Unbeholfenheit bis zur nahen
Ausmündung der Schlucht.
Der Wandrücken links verflachte hier nämlich, rechts da-
gegen fand die Mauer
kleine Steinchen im Schuhe verursachten. Er lehnte wieder
sein Schießeisen samt dem Bergstöcke weg, schnürte die
Lederriemen auf und zog den Schuh aus. — —
Eben war er in der besten Arbeit begriffen, als sich plötz-
lich ein Getrappel vernehmen ließ. Ein starkes Rudel Gemsen
jagte in wilder Flucht die Schlucht herab.
Da sie den Weg versperrt sahen, stutzten sie einen Augen-
blick, dann übersetzten sie in verzweifeltem Anstürme den auf
einem Beine gebückt stehenden Weidmann.
Lebaud hatte bei dem ersten Anpralls das Gleichgewicht
verloren und kollerte unaufhaltsam die unbewachsene Schutthalde
hinunter.
In demselben Augenblicke tauchte Bartl oben in der Enge auf.
„Was schiaßt denn der Höllsakranit?!" schrie er, rot vor Aerger
Dann hob er, gerade noch rechtzeitig genug, die Büchse,
um dem letzten kapitalen Gemsbocke, der eben jenen Platz an
der Ecke passieren wollte, den der Franzose unfreiwillig ver-
lassen hatte, eine Äugel nachzusenden.
Der Schuß donnerte in den Wänden; aufs Blatt getroffen
überstürzte sich der Bock und rollte den Abhang hinunter, den:
Hinabgestoßenen nach. In der Mitte der Rutschbahn holte er
ihn mit einem kräftigen Rucke ein und, indem Lebaud in seiner
Todesangst das erlegte wild krampfhaft fest umklammerte,
vollendeten die zwei als unförmige Äugel die unbequeme Talfahrt'
Bartl stand schon in der Lichtung.
Als er das seltsame Paar unter sich erblickte, durchfuhr ihn
ein fürchterlicher Schreck.
„Herrgott, am Ende ....!"
Rasch ergriff er den danebenliegenden Bergstock, setzte ihn
kräftig ein und blitzschnell fuhr er den Hang hinab, daß der
grobe Sand hinter ihm niederhagelte.
einen plötzlichenAbschluß.
Unmittelbarneben diesem
senkte sich eine mit klei-
nem Aalkschotter und
grobem Verwitterungs-
sand bedeckte Halde ziem-
lich steil bis gegen die
Waldgrenze hinab.
Einen Augenblick
weidete sich Lebaud an
der wundervollen Aus-
sicht, dann verglich er
seinen früheren Stand-
punkt mit dem jetzigen.
Dort waren ihm die
Finger vor Aälte starr
und steif geworden. Er
hätte bestimmt keinen
sicheren Schuß abgeben
können. Das war hier
nicht zu befürchten.
Bis zu seinem der-
zeitigen Stande konnten
überdies die Gemsen
nach keiner Seite ent-
kommen und nach vorne
zu verstand er die Lücke.
Bb er von da oben seit¬
wärts herüberschoß, oder von hier zurück hinauf — das bliebe
doch einerlei! — kalkulierte er. Noch immer kam nichts.
Als Bartl unten anlangte, hatte sich der Franzose eben
aufgerafft und betrachtete wehmütig seine blutenden Anie und
Schon lange fühlte er ein Unbehagen, das ihm einige
Hände.