Zeitschrift für Humor und Aunst
^5
MaXim Müllatuli.
tzumoreske von Franz Balke.
s gibt wohl kaum einen Dichter oder Dichterlehrling im
jüngsten Deutschland, der nicht den heißesten Wunsch
hätte, eine dauernd verehrte Berühmtheit zu werden.
In der Regel bleibt es leider beim Wunsche. Rach einigen
genialen, aber mißlungenen Ansätzen erlahmt die Kraft, und
der verkannte Dichter muß bei bescheidener Dutzendarbeit ein noch
bescheideneres Leben fristen.
Maxim Müllatuli war kein Dichter, wie sich ihn die Back-
fische ausmalen. Er besaß keine Locken, keine schlanke Gestalt,
keine edle Stirn. Seine Züge waren unregelmäßig und seine
Nase außergewöhnlich dick. Line dunkelrote Narbe, die breit
über das Antlitz lief, entstellte ihn vollends. Maxim Müllatuli
war grundhäßlich. Seine Freunde, die mit ihm zum Literaten-
klub des Lafes Monopol gehörten, nannten ihn deshalb früher
den „Lckenkoxf". Seit drei Jahren hieß er aber bei ihnen
der „Preisbewerber".
Maxim arbeitete nämlich nur
noch für Preisausschreiben. Je
höher der Preis und der Ruhm
war, desto intensiver dichtete er.
Maxim Müllatuli führte eigentlich
den ganz gewöhnlichen Namen
Max Müller. Da ihm diese viel-
verbreitete Lebensadresse, wie er
glaubte, schon lange ein Hindernis
seines Berühmtwerdens war, so
hatte er sie stolz umgeändert:
„Maxim Müllatuli!" Wenn er
nun einen Preis errang, mußte
ihn jeder für die Quintessenz von
Gorki und Multatuli halten. Ja,
wenn er einen Preis errang! Bis
jetzt war er jedesmal durchgefallen.
Seine erste Bewerbung galt einem
stark realistischen Drama. Erster
Preis 5000 Ls war ihm un-
begreiflich, wie er da durchfallen
konnte. Er hatte so herrlich lie-
derliche und brutale Gestalten auf-
treten lassen, er hatte so geschickt
Schändlichkeiten, Fehler, Gebrechen,
Jammer und Elend gemischt, er
hatte die Schurken zu Ehren ge-
langen und die paar Anständigen
untergehen lassen und doch keinen
Preis erhalten. — Weiter bemühte
er sich, für eine Liebesgeschichte
etwas Ruhm und Hvo zu er-
werben. Maxim fiel trotz aller von
Mailuft durchsäuselten Lenzschnä¬
belei in den Grkus der Ruhm-
losigkeit.
Die Einsendung eines Preis-
Kriminalromans sollte alle Nieder-
lagen wettmachen. 1,0000 und
hohe Ehre standen auf dem Spiele.
Seine Verbrecher waren Muster
von Abgefeimtheit, Büberei und
Tücke, seine Geheimpolizisten Spür¬
nasen und Bluthunde ersten Ranges,
der Schluß seines Romans von
überwältigendem Effekt. Man
denke, der schlauste, geriebenste Totschläger wird durch seine
Zigarrenspitze, die er bei dem Morde dummerweise hatte liegen
lassen, überführt.
Maxim war außer sich, als ein Herr Emil Schulze den
glänzenden Preis einstrich. Ein Herr Emil Schulze und er —
Maxim Müllatuli! Da hätte er auch seinen „Max Müller"
behalten können.
Der unglückliche Preisbewerber merkte nun, daß das Be-
rühmtwerden ziemlich langsam ging; er ließ aber doch die Hoff-
nung nicht fahren.
Eines Tages, als er sich gerade den Kopf nach einem geist-
reichen Gedankensplitter für ein Preisausschreiben zerbrach,
brachte ihm der Geldbriefträger zweihundert Mark. Maxim
nahm stolz den Mammon entgegen, obwohl er noch gar nicht
(Fortsetzung nächste Seite.)
Akademisches.
Erster Maurer: „warum bist De denn heute so stolz, Fritze?"
Zweiter Maurer: „Ick habe 'nen Ruf bekommen an'n Neubau der Universität."
^5
MaXim Müllatuli.
tzumoreske von Franz Balke.
s gibt wohl kaum einen Dichter oder Dichterlehrling im
jüngsten Deutschland, der nicht den heißesten Wunsch
hätte, eine dauernd verehrte Berühmtheit zu werden.
In der Regel bleibt es leider beim Wunsche. Rach einigen
genialen, aber mißlungenen Ansätzen erlahmt die Kraft, und
der verkannte Dichter muß bei bescheidener Dutzendarbeit ein noch
bescheideneres Leben fristen.
Maxim Müllatuli war kein Dichter, wie sich ihn die Back-
fische ausmalen. Er besaß keine Locken, keine schlanke Gestalt,
keine edle Stirn. Seine Züge waren unregelmäßig und seine
Nase außergewöhnlich dick. Line dunkelrote Narbe, die breit
über das Antlitz lief, entstellte ihn vollends. Maxim Müllatuli
war grundhäßlich. Seine Freunde, die mit ihm zum Literaten-
klub des Lafes Monopol gehörten, nannten ihn deshalb früher
den „Lckenkoxf". Seit drei Jahren hieß er aber bei ihnen
der „Preisbewerber".
Maxim arbeitete nämlich nur
noch für Preisausschreiben. Je
höher der Preis und der Ruhm
war, desto intensiver dichtete er.
Maxim Müllatuli führte eigentlich
den ganz gewöhnlichen Namen
Max Müller. Da ihm diese viel-
verbreitete Lebensadresse, wie er
glaubte, schon lange ein Hindernis
seines Berühmtwerdens war, so
hatte er sie stolz umgeändert:
„Maxim Müllatuli!" Wenn er
nun einen Preis errang, mußte
ihn jeder für die Quintessenz von
Gorki und Multatuli halten. Ja,
wenn er einen Preis errang! Bis
jetzt war er jedesmal durchgefallen.
Seine erste Bewerbung galt einem
stark realistischen Drama. Erster
Preis 5000 Ls war ihm un-
begreiflich, wie er da durchfallen
konnte. Er hatte so herrlich lie-
derliche und brutale Gestalten auf-
treten lassen, er hatte so geschickt
Schändlichkeiten, Fehler, Gebrechen,
Jammer und Elend gemischt, er
hatte die Schurken zu Ehren ge-
langen und die paar Anständigen
untergehen lassen und doch keinen
Preis erhalten. — Weiter bemühte
er sich, für eine Liebesgeschichte
etwas Ruhm und Hvo zu er-
werben. Maxim fiel trotz aller von
Mailuft durchsäuselten Lenzschnä¬
belei in den Grkus der Ruhm-
losigkeit.
Die Einsendung eines Preis-
Kriminalromans sollte alle Nieder-
lagen wettmachen. 1,0000 und
hohe Ehre standen auf dem Spiele.
Seine Verbrecher waren Muster
von Abgefeimtheit, Büberei und
Tücke, seine Geheimpolizisten Spür¬
nasen und Bluthunde ersten Ranges,
der Schluß seines Romans von
überwältigendem Effekt. Man
denke, der schlauste, geriebenste Totschläger wird durch seine
Zigarrenspitze, die er bei dem Morde dummerweise hatte liegen
lassen, überführt.
Maxim war außer sich, als ein Herr Emil Schulze den
glänzenden Preis einstrich. Ein Herr Emil Schulze und er —
Maxim Müllatuli! Da hätte er auch seinen „Max Müller"
behalten können.
Der unglückliche Preisbewerber merkte nun, daß das Be-
rühmtwerden ziemlich langsam ging; er ließ aber doch die Hoff-
nung nicht fahren.
Eines Tages, als er sich gerade den Kopf nach einem geist-
reichen Gedankensplitter für ein Preisausschreiben zerbrach,
brachte ihm der Geldbriefträger zweihundert Mark. Maxim
nahm stolz den Mammon entgegen, obwohl er noch gar nicht
(Fortsetzung nächste Seite.)
Akademisches.
Erster Maurer: „warum bist De denn heute so stolz, Fritze?"
Zweiter Maurer: „Ick habe 'nen Ruf bekommen an'n Neubau der Universität."