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2N egge ndorser-Blätter, Blünchen
gelaufen, gerade wie die andern, aber schon seit zehn Jahren
habe ich den Gebrauch meiner Beine verloren. Ich bin hier
geblieben, nicht weil ich ein gutes Gewissen habe, sondern weil
ich lahm bin. Erlaube mir, daß ich meine Sklaven rufe und
mich nach Hause tragen lasse."
„Warum bist Du hergekommen?"
„Wahrlich nicht meiner Rechtschaffenheit halber I Es versteht
keiner besser seine Kunden anzuführen als ich, allein dies tue
ich mit so viel Geschick und Zuvorkommenheit, daß sie alle
meine Freunde bleiben. Ich kam, weil ich nicht ausbleiben
konnte, ohne meinen Kredit zu verlieren. Ein jeder Kaufmann
wird herbeieilen, wo es gilt, sich um den Preis der Redlichkeit
zu bewerben, denn das macht Kredit. Keiner wird aber seine
Redlichkeit prüfen lassen wollen, um nicht seinen Kredit zu
verlieren. Darum zürne mir nicht. Soll Tugend und Weisheit
in Deinen: Reiche herrschen, so werden die Kaufleute ein
schlechtes Fortkommen finden. Willst Du aber Handel und
Gewerbe begünstigen, so mußt Du bisweilen fünf gerade sein
lassen und darfst keinem Handelsmann zumuten, daß er das
Kleinod der Gewissenhaftigkeit an seinen Fingern trage."
„Geh," sprach Achmed, „Deine Aufrichtigkeit hat Dich
gerettet."
Der Grieche ließ sich von seinen Sklaven nach Hause tragen.
Achmed begab sich in seinen Palast zurück und ließ den
geschicktesten seiner Juweliere rufen. Diesem trug er aus, ihm
einen Ring anzufertigen, ganz ähnlich jenem wunderbaren
Talisman.
Nach drei Tagen brachte der Juwelier den Ring. Achmed,
der sich bis dahin in seinen innersten Gemächern verborgen
gehalten, zeigte sich jetzt dem Volke wieder, welches ihn jubelnd
empfing, weil das Kleinod der Gewissenhaftigkeit an seinen
Fingern strahlte. Von nun an mochte er beginnen, was er
wollte, so jauckzte das Volk und pries seine Gewissenhaftigkeit.
Und weil der Ring nie wieder seinen Glanz verlor, gab man
Achmed den Beinamen: der Gewissenhafte.
Den echten Ring aber hatte Achmed seiner Favoritin geschenkt.
Gerechte Entrüstung.
Mann (nachts in der Speisekammer suchend): „Die Weiber sind
zu vergeßlich und rücksichtslos; hat man da abends eine halbe
Stunde von: Wirtshaus heimzulausen, und nachher findet man
nicht 'mal eine Flasche Bier im Haus!"
Nus einer Theaterkritik.
In der Rolle des ,Julius EäsaD verabschiedete sich
gestern der beliebte Schauspieler Löffler von dem hiesigen
«chheaterpublikum. Da sein Zug bereits gegen neun Uhr absuhr,
mußte die Aufführung sehr beschleunigt werden. Er starb mit
der Reisetasche in der Hand! —
Fatal.
— „Warum bist Du nur so aufgeregt, Eulalia? Ich weiß
doch, dieser Richter fragt eine Zeugin nie um ihr
Alter I"
Zeugin: „was nützt mir das? Ich soll doch über ein
Verbrechen aussagen, das bereits vor dreißig Jahren
begangen wurde!"
Beschwert.
— „Ist Ihnen auch schon 'mal die Börse aus der Tasche
gezogen worden, Herr Meier?"
— „Geht bei mir nicht... ich würde den Gewichtsverlust
sofort merken."
u.
Nus dem Leben.
H^er seine Pflicht mit Emsigkeit
Erfüllt, dem bleibt noch Zeit, zu ruh'n,
Nur jene haben niemals Zeit,
Die — überslüss'ge Dinge tun.
Erinnert.
Lin Bursche holt täglich das Essen für seinen Leutnant;
in der einen Hand trägt er die Menage, in der andern das
Bier, kann also die ihm begegnenden Gsfiziere nur durch die
vorschriftsmäßige Kopswendung grüßen. Lines Tages hat er
die eine Hand frei, benützt sie aber nicht zum salutieren.
Leutnant (der ihm begegnet): „Heda, Kerl, warum salutieren
Sie nicht?"
Bursche: „Verzeihung, Herr Leutnant, mir scheint, ich
hab' 's Bier vergessen."
Verantwortlicher Redakteur: Ferdinand Schreiber jr. Druck von I. F. Schreiber, beide in Eßlingen bei Stuttgart.
In Gesterreich-Ungarn für Herausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in München und Ehlingen.
2N egge ndorser-Blätter, Blünchen
gelaufen, gerade wie die andern, aber schon seit zehn Jahren
habe ich den Gebrauch meiner Beine verloren. Ich bin hier
geblieben, nicht weil ich ein gutes Gewissen habe, sondern weil
ich lahm bin. Erlaube mir, daß ich meine Sklaven rufe und
mich nach Hause tragen lasse."
„Warum bist Du hergekommen?"
„Wahrlich nicht meiner Rechtschaffenheit halber I Es versteht
keiner besser seine Kunden anzuführen als ich, allein dies tue
ich mit so viel Geschick und Zuvorkommenheit, daß sie alle
meine Freunde bleiben. Ich kam, weil ich nicht ausbleiben
konnte, ohne meinen Kredit zu verlieren. Ein jeder Kaufmann
wird herbeieilen, wo es gilt, sich um den Preis der Redlichkeit
zu bewerben, denn das macht Kredit. Keiner wird aber seine
Redlichkeit prüfen lassen wollen, um nicht seinen Kredit zu
verlieren. Darum zürne mir nicht. Soll Tugend und Weisheit
in Deinen: Reiche herrschen, so werden die Kaufleute ein
schlechtes Fortkommen finden. Willst Du aber Handel und
Gewerbe begünstigen, so mußt Du bisweilen fünf gerade sein
lassen und darfst keinem Handelsmann zumuten, daß er das
Kleinod der Gewissenhaftigkeit an seinen Fingern trage."
„Geh," sprach Achmed, „Deine Aufrichtigkeit hat Dich
gerettet."
Der Grieche ließ sich von seinen Sklaven nach Hause tragen.
Achmed begab sich in seinen Palast zurück und ließ den
geschicktesten seiner Juweliere rufen. Diesem trug er aus, ihm
einen Ring anzufertigen, ganz ähnlich jenem wunderbaren
Talisman.
Nach drei Tagen brachte der Juwelier den Ring. Achmed,
der sich bis dahin in seinen innersten Gemächern verborgen
gehalten, zeigte sich jetzt dem Volke wieder, welches ihn jubelnd
empfing, weil das Kleinod der Gewissenhaftigkeit an seinen
Fingern strahlte. Von nun an mochte er beginnen, was er
wollte, so jauckzte das Volk und pries seine Gewissenhaftigkeit.
Und weil der Ring nie wieder seinen Glanz verlor, gab man
Achmed den Beinamen: der Gewissenhafte.
Den echten Ring aber hatte Achmed seiner Favoritin geschenkt.
Gerechte Entrüstung.
Mann (nachts in der Speisekammer suchend): „Die Weiber sind
zu vergeßlich und rücksichtslos; hat man da abends eine halbe
Stunde von: Wirtshaus heimzulausen, und nachher findet man
nicht 'mal eine Flasche Bier im Haus!"
Nus einer Theaterkritik.
In der Rolle des ,Julius EäsaD verabschiedete sich
gestern der beliebte Schauspieler Löffler von dem hiesigen
«chheaterpublikum. Da sein Zug bereits gegen neun Uhr absuhr,
mußte die Aufführung sehr beschleunigt werden. Er starb mit
der Reisetasche in der Hand! —
Fatal.
— „Warum bist Du nur so aufgeregt, Eulalia? Ich weiß
doch, dieser Richter fragt eine Zeugin nie um ihr
Alter I"
Zeugin: „was nützt mir das? Ich soll doch über ein
Verbrechen aussagen, das bereits vor dreißig Jahren
begangen wurde!"
Beschwert.
— „Ist Ihnen auch schon 'mal die Börse aus der Tasche
gezogen worden, Herr Meier?"
— „Geht bei mir nicht... ich würde den Gewichtsverlust
sofort merken."
u.
Nus dem Leben.
H^er seine Pflicht mit Emsigkeit
Erfüllt, dem bleibt noch Zeit, zu ruh'n,
Nur jene haben niemals Zeit,
Die — überslüss'ge Dinge tun.
Erinnert.
Lin Bursche holt täglich das Essen für seinen Leutnant;
in der einen Hand trägt er die Menage, in der andern das
Bier, kann also die ihm begegnenden Gsfiziere nur durch die
vorschriftsmäßige Kopswendung grüßen. Lines Tages hat er
die eine Hand frei, benützt sie aber nicht zum salutieren.
Leutnant (der ihm begegnet): „Heda, Kerl, warum salutieren
Sie nicht?"
Bursche: „Verzeihung, Herr Leutnant, mir scheint, ich
hab' 's Bier vergessen."
Verantwortlicher Redakteur: Ferdinand Schreiber jr. Druck von I. F. Schreiber, beide in Eßlingen bei Stuttgart.
In Gesterreich-Ungarn für Herausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in München und Ehlingen.