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Meggendorfer-Blätter — 62.1905 (Nr. 758-770)

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https://doi.org/10.11588/diglit.9749#0053
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Zeitschrift für Lsumor und Aunst

^5

Der Alann aus Basra und sein Äsel.

ur Zeit, da Lhalid, der Sohn des Abdallah-cl-Uasri Lmir
zu Basra war, begab es sich, daß ein Iüngling jener
Stadt namens Mohammed ben Ali zu allem Elend
seiner Armut sich in ein wunderschönes Nädchen verliebte —
weiß wie der vollmond, mit zarten Lixxen und einem Munde,
gleich dem Siegelring Salomonis, welcher den verstand der
Poeten verwirrt.

„Allah ist groß," dachte Nohammed bekümmert, „aber
tausend Dinare sind mehr, denn ein schlottriger Beutel und
ein hungriger Lsel."

Und traurig ließ er den Uoxf hängen und befühlte seine
Tasche, die sein geringes vermögen barg, und mißmutig blickte
cr seinen Lsel an, der seine Ware zu Uiarkte trug.

„So einer Allah liebt und ein reines Gewissen hat," sagte
cin weiser Derwisch, der des lveges zog, „was mag den be-
kümmern, dem solche zwei Gefährten in der Nlüste des Lebens
tröstend zur Scite gehen?"

„D weiser Mannl" sagte Ukohammed ben Ali, indem er
ihm den Salem bot, „mit einem Beutel roten Goldes magst
Du mir helfen, denn Geld ist die Zunge für den, der beredt
sein möchte und die tvaffe für den, der kämxfen will. Denn
wo ist der Ulann, der mir sagt: Dein U)ille ist gut und ich
nehme ihn für Deine Tat und für so und soviel von dieser
und jencr Ukünze und hier ist meine Tochter?

Du bist ein weiser Nann," schloß Nohammed
treuherzig, „hilf mir in meiner Not und die Barm-
herzigkcit Allahs, des Lrhabencn. ist Dir gewiß!"

Der Derwisch lächelte sinnend und sirich sich
seinen weißen Bart.

„Siehe, ich gebe Dir meine beste Meinung,
und Du verlangst bvunderdinge von mir. Doch
preise Dich glücklich, denn ich sche in Deinem
Besitzc ein wunderbares Tier, jenen dürren Lsel,
der, so unschcinbar sein Aeußcrcs, voll tiefer,
weiser Lrfahrung ist. An ihn halte Dichl Ls
ist ein Mundertier und wird Dich nimmcr täuschen.

So Du Dein Geschäft mit diesem oder jenem auf
dem INarkte machen willst und er Dir fremd ist
und Du traust ihm nicht, oder so ciner kommt
und sxricht zu Dir: Ich kaufe Deine lvare und
zahle Dir dann und dann, so gehe an Deinen
Lscl heran und mit Deiner Bechten reichc ihm
eine lsand voll Futter. Ivendet der Lsel sich ab
und läßt das Lutter unberührt, dann magst D»
ruhig Dein Geschäft beschließen. Frißt cr es
aber — so sprich zu jenem: Ich verkaufe nichtl
undzudem andern: Ich borge nichtl und laß die
Sache ruhen. Damit gchab Dich wohl und binnen
Iahrcsfrist wirst Du Dcin Mädchen heimführen."

Getröstet zog Mohammed ben Ali von
dannen, und da cr am Marktc anlangte und
frohcn Blickes seine Stimmc erhob und lauten
Toncs seine Ivarcn anpries — siehe! da schartcn
sich viele Aäufer um ihn und hörtcn seine Redcn
und drängten sich hcrzu und prüften seine Stoffe
und handelten und feilschten, und sagten:

„Dcinc tvare gcfällt uns und dcr prcis ist gut
und wir werden bezahlen, bis wir das Unsre
verkauft haben." Da reichte Mohammed mit der
Rechtcn scinem Lsel das Futter, und dieser fraß
es gierig, und Mohammed sagte: „Jch borge
nichtl" Da sagten die lsändler: „Dann können
wir nicht kaufcnl" und gingen fort. Aber sie

Jak. Huttrer.

kamen wieder und kauften und zahlten bar und dachten,
wenn einer auf seinem Standpunkt beharrt, muß er seine
Sache wohl oerstehen, und es ist etwas dahinterl Und dieser sagte
zu jenem: Ich kaufe bei Mohammed ben Ali und ich bin zu-
frieden, aber tue Geld in den Beutel, denn er borgt nicht."

Da war das Iahr um und Mohammed konnte einen xräch-
tigen Laden beziehen und holte stch das Mädchen seiner Sehnsucht
und lebte glücklich und sorglos mit ihr.

Dann aber ließ er ein herrliches Mahl bereiten und lud
den weisen Mann zu sich, denn er war dankbaren Gemütes
und zudem plagte ihn die Neugier, zu erfahren, was es denn
für ein Bewandtnis mit seinem Lsel hätte, welcher indes dick
und müde geworden und das Gnadenbrot hatte.

Mächtig erstaunte der weise Derwisch über die pracht des
ljauses, die sein Auge ersah, und sinnend strich er seinen langen
Bart, wie es die Art der weisen ist.

„Mohammed ben Ali," sxrach er, „Dein lvohlstand ist die
Frucht Deiner Arbeit, aber das Glück Deiner Unternehmungen
danke dem Lsel, welcher Dich vor allen Verlusteti bewahrte.

Dffenen Auges siehst Du manches, was Deinen Zweifel
erweckt, ob Dein Mitmensch geraden Sinnes und ehrlichen
lserzens. Und ist Dein Zweifel nur einmal wach — befrage
Deinen Lsel, ob cr frißt, und siehe: Der Lsel frißt immer'." —

Wewunberung.

Isausierer (drn kin Uänber im Mnlde bis
aufs tzemd ausgepILndMi: „Gott, mit was for
einem hohen Nutzen Sie arbeitenl"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Bewunderung
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Hausierer (den ein Räuber im Wald bis aufs Hemd ausgeplündert): "Gott, mit was for einem hohen Nutzen Sie arbeiten!"

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Loukota, Josef
Entstehungsdatum
um 1905
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1910
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Räuber
Hausierhandel
Mann
Händler
Überfall
Wald

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 62.1905, Nr. 761, S. 45

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