«Zeitschrifl für humor und Aunsl
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Zn llaluraülilsch.
in den Magen stieß. Da gab er ihm zur
Beruhigung den Rosenstrauß der Dame, den
der boshafte Balg wie eine Peiische schwang,
daß die Rosen im Loupe herumflogen, wie
bei einem Blumenkorso. Die Dame schrie
Zeter und Mordio um ihre Blumen, lserr
Schmied hatte lNühe, sie mit dem versprechen
zu beruhigen, ihr aus dem iLarten seines
Freundes Lrsatz zu schaffen. Dann saß er
echauffiert und kleinlaut sünf Niinuten lang
still und wischte sich die 5chweißperlen von
der Stirn.
Die Rosendame war mittlerweile mit
dem Ehepaar ins Gespräch gekommen und
bat um Lmpfehlung eines ansiändigen, nicht
zu teuren lsotels. Das war natürlich kserrn
Schmieds Fach; er erbot sich, die Dame selbst
zu begleiten, entwarf ihr ein programm für
vierzehn Tage, versprach ihr Narten in alle
Theater, notierte sich die Adresse des Lhe-
paares, das eine Vorliebe für Arakauerwürste
verraten hatte, die er natürlich billig zu
besorgen wußte.
lVir kamen allmählich in die Nähe unsres
Reisezicles. lserr Schmied arbeitete wie ein
packträger, um die Gepäckstücke aus den
Netzen zu heben, und nahm uns zum Schluß
noch das Versprechen ab, alte Aorke, Stanniol
und Iündholzschachteln zu sammeln, er habe
einem Freunde Beiträge für den Brocken-
verein zugesagt. Dann ein hastiger Abschied,
und bald ging die Trinnerung an ihn im
Trubel de'' täglichen Geschäfte unter. Die
Diffcrenz -it unsrer alten lllagd war aus-
geglichen, auch der lVohnungswechsel auf
später verschoben worden, wir hätten uns
also einer ungestörten Ruhe erfreuen können, wenn nicht —
eben lserr Schmied gewesen wäre.
Lines Tages brachte der Postpaketwagen eine Aiste an
uns, zwölf Ailo schwer, Ausgabeort Prag, Nachnahme fünf-
unddreißig Aronen, Inhalt: Prager Schinken. Die ersle Tr-
innerung an lserrn Schmied. lvir zahlten in der ersten Ver-
blllffung die fünfunddreißig Aronen Nachnahme, einmal ist
keinmal, dachten wir und gegen lviederholung wollten wir uns
schon schützen. Aber das war nur der Anfang. Jn schöner
Reihenfolge trafen dann seine andern „Gesälligkeiten" eini
ein Aistchen Bücklinge, ein Fäßchen Butter, der Flaschenbier-
agent, gegen den ich mich nur unter Assistenz des lfausmcisters
erwehren konnte, dcr Diener des Brockenvereins, der einen Lkandal
improvisierte, weil wir außer zwci Schwedenschachteln und einer
Bardinenbüchse nichts für seine edlen Zwecke vorrätig hatten.
Dann begann der Friede mit unsrer alten Resi wicder zu
wankcn, als nacheinander elliche lNädchen, von lserrn Schmied
direkt und indirekt geschickt, sich als ihre Nachfolgerinnen vor-
stelllcn; sie wurde rcnitent, stritt, randalierte und zog endlich
bclcidigt ab. lvir waren, dank der Gefälligkcit unsrcs guten
Freundcs Schmicd wirklich zu einer ncuen lllagd gekommen;
wie dcr Tausch war, das gehört nicht hicher, cr entsprach dem
lvert sciner sonstigen Freundschastsdienste.
lllitllerweile gab cs Skandal mit dem lsausherrn, der er-
fahren hatte, daß wir unter der lsand eine neue lvohnung
suchten und in acht Tagen hatten wir die liündigung.
Lincs Tages machte ich nach Tisch mcinen halbstündigen
Nicker, da läutcte cs mit Nachdruck. Fremde Stimmen, die
„Nun, was sagcn Lie zu meiner
liomponist lder seine neueste Aomposiiion vorspielte):
Aomposilion?"
Aritiker: „Ach Gott, so langweilig zum Linschlafen."
Aomponist: „Vortrefflich, es ist nämlich ein Schlummerlied."
sich auch durch schüchterne Beschwichtigungsversuche meiner Frau
nicht von der dringcnden lvichtigkeit ihres Besuches abbringen
ließen. Ich mußtc aus Schlafrock und Pantoffeln heraus, in den
Salon hinein: Lin lserr Soundso, Freund des kserrn Schmied,
mit zwei Söhnen. Ls sei nur eine Aleinigkeit, mit der sie
beläsiigen müßten, aber tserr Schmied habe sie hierhergewiesen,
da ich ja auch ein guter Freund von ihm sei und ihm gewiß
gerne eine Gcfälligkeit erweisen wolle. — — Ich könnte, als
Beamter dcs lllinisteriums, gewiß seine Söhne dort leicht unter-
bringen, oder sie sonst protcgieren. — — —
Dem Unglücksmenschen hab' ich vorgerechr. o
ljerrn Schmieds Gefälligkeiten bis dato kosteten,
lichst verwahrt, zu den guten Freunden diese?
zu werdcn.
Dann vergingen einige ruhige lvochen,
Spuren begannen zu verwehen. Ich ging m. ^rau
Linkäufe machen und wurde natürlich zur Lesichtigung der
Schaufenster angchalten. Da schob sich zaghaft eine Gestalt
zwischen die drängende Menschenmasse: mit dcm lfut in der
ljand blieb sie freundlich, aber schüchtern vor uns stchen — lferr
Schmied; abcr auf die lfälfte seincr früheren Bchäbigkcit reduziert,
mit einem gcwissen ängstlichen Llick um sich sehcnd, kcine Spur
mehr von seiner einstigen Beweglichkeit. Alle vorwürfe, die
ich gesammelt und rcgistriert hatte, drängte ich zurück beim
Anblick dieser Iammergestalt: hatten ihn wohl einmal seine
sämtlichen „Freunde" unter die lfände genommen?
»Zä? habe mich gemiß etwas verändert," meinte er trüb-
lächelnd, „weil mich die lfcrrschaften gar nicht crkannt haben
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Zn llaluraülilsch.
in den Magen stieß. Da gab er ihm zur
Beruhigung den Rosenstrauß der Dame, den
der boshafte Balg wie eine Peiische schwang,
daß die Rosen im Loupe herumflogen, wie
bei einem Blumenkorso. Die Dame schrie
Zeter und Mordio um ihre Blumen, lserr
Schmied hatte lNühe, sie mit dem versprechen
zu beruhigen, ihr aus dem iLarten seines
Freundes Lrsatz zu schaffen. Dann saß er
echauffiert und kleinlaut sünf Niinuten lang
still und wischte sich die 5chweißperlen von
der Stirn.
Die Rosendame war mittlerweile mit
dem Ehepaar ins Gespräch gekommen und
bat um Lmpfehlung eines ansiändigen, nicht
zu teuren lsotels. Das war natürlich kserrn
Schmieds Fach; er erbot sich, die Dame selbst
zu begleiten, entwarf ihr ein programm für
vierzehn Tage, versprach ihr Narten in alle
Theater, notierte sich die Adresse des Lhe-
paares, das eine Vorliebe für Arakauerwürste
verraten hatte, die er natürlich billig zu
besorgen wußte.
lVir kamen allmählich in die Nähe unsres
Reisezicles. lserr Schmied arbeitete wie ein
packträger, um die Gepäckstücke aus den
Netzen zu heben, und nahm uns zum Schluß
noch das Versprechen ab, alte Aorke, Stanniol
und Iündholzschachteln zu sammeln, er habe
einem Freunde Beiträge für den Brocken-
verein zugesagt. Dann ein hastiger Abschied,
und bald ging die Trinnerung an ihn im
Trubel de'' täglichen Geschäfte unter. Die
Diffcrenz -it unsrer alten lllagd war aus-
geglichen, auch der lVohnungswechsel auf
später verschoben worden, wir hätten uns
also einer ungestörten Ruhe erfreuen können, wenn nicht —
eben lserr Schmied gewesen wäre.
Lines Tages brachte der Postpaketwagen eine Aiste an
uns, zwölf Ailo schwer, Ausgabeort Prag, Nachnahme fünf-
unddreißig Aronen, Inhalt: Prager Schinken. Die ersle Tr-
innerung an lserrn Schmied. lvir zahlten in der ersten Ver-
blllffung die fünfunddreißig Aronen Nachnahme, einmal ist
keinmal, dachten wir und gegen lviederholung wollten wir uns
schon schützen. Aber das war nur der Anfang. Jn schöner
Reihenfolge trafen dann seine andern „Gesälligkeiten" eini
ein Aistchen Bücklinge, ein Fäßchen Butter, der Flaschenbier-
agent, gegen den ich mich nur unter Assistenz des lfausmcisters
erwehren konnte, dcr Diener des Brockenvereins, der einen Lkandal
improvisierte, weil wir außer zwci Schwedenschachteln und einer
Bardinenbüchse nichts für seine edlen Zwecke vorrätig hatten.
Dann begann der Friede mit unsrer alten Resi wicder zu
wankcn, als nacheinander elliche lNädchen, von lserrn Schmied
direkt und indirekt geschickt, sich als ihre Nachfolgerinnen vor-
stelllcn; sie wurde rcnitent, stritt, randalierte und zog endlich
bclcidigt ab. lvir waren, dank der Gefälligkcit unsrcs guten
Freundcs Schmicd wirklich zu einer ncuen lllagd gekommen;
wie dcr Tausch war, das gehört nicht hicher, cr entsprach dem
lvert sciner sonstigen Freundschastsdienste.
lllitllerweile gab cs Skandal mit dem lsausherrn, der er-
fahren hatte, daß wir unter der lsand eine neue lvohnung
suchten und in acht Tagen hatten wir die liündigung.
Lincs Tages machte ich nach Tisch mcinen halbstündigen
Nicker, da läutcte cs mit Nachdruck. Fremde Stimmen, die
„Nun, was sagcn Lie zu meiner
liomponist lder seine neueste Aomposiiion vorspielte):
Aomposilion?"
Aritiker: „Ach Gott, so langweilig zum Linschlafen."
Aomponist: „Vortrefflich, es ist nämlich ein Schlummerlied."
sich auch durch schüchterne Beschwichtigungsversuche meiner Frau
nicht von der dringcnden lvichtigkeit ihres Besuches abbringen
ließen. Ich mußtc aus Schlafrock und Pantoffeln heraus, in den
Salon hinein: Lin lserr Soundso, Freund des kserrn Schmied,
mit zwei Söhnen. Ls sei nur eine Aleinigkeit, mit der sie
beläsiigen müßten, aber tserr Schmied habe sie hierhergewiesen,
da ich ja auch ein guter Freund von ihm sei und ihm gewiß
gerne eine Gcfälligkeit erweisen wolle. — — Ich könnte, als
Beamter dcs lllinisteriums, gewiß seine Söhne dort leicht unter-
bringen, oder sie sonst protcgieren. — — —
Dem Unglücksmenschen hab' ich vorgerechr. o
ljerrn Schmieds Gefälligkeiten bis dato kosteten,
lichst verwahrt, zu den guten Freunden diese?
zu werdcn.
Dann vergingen einige ruhige lvochen,
Spuren begannen zu verwehen. Ich ging m. ^rau
Linkäufe machen und wurde natürlich zur Lesichtigung der
Schaufenster angchalten. Da schob sich zaghaft eine Gestalt
zwischen die drängende Menschenmasse: mit dcm lfut in der
ljand blieb sie freundlich, aber schüchtern vor uns stchen — lferr
Schmied; abcr auf die lfälfte seincr früheren Bchäbigkcit reduziert,
mit einem gcwissen ängstlichen Llick um sich sehcnd, kcine Spur
mehr von seiner einstigen Beweglichkeit. Alle vorwürfe, die
ich gesammelt und rcgistriert hatte, drängte ich zurück beim
Anblick dieser Iammergestalt: hatten ihn wohl einmal seine
sämtlichen „Freunde" unter die lfände genommen?
»Zä? habe mich gemiß etwas verändert," meinte er trüb-
lächelnd, „weil mich die lfcrrschaften gar nicht crkannt haben