Zeilschrifl für chumor und Aunsl
langern Besuchen seiner Schwiegermutter her. Und nun soll die
Anwesenheit derselben gar zur dauernden werden? Lntsetzlich!
Ingrimmig wollte lserr Stottermaier in seine pfeifensxitze
l>eißen, erinnerte sich aber noch rechtzeitig daran, daß ihm seine
Zähne erst kürzlich ganz neu in einem zahnärztlichen Atelier ge-
wachsen waren, und dieselben eine derartige Zumutung nicht gut
aushalten dürften. 5o sxuckte er denn in verbissener Wut in den
Vfenwinkel. Fast im sclben Augenblick kam es aber wie eine
Erleuchtung über ihn: Falsche Zähne — sxucken — 5xuk . . .
ksaltaus! Das wäre etwasl
Die Tage bis zur Ankunft seiner geliebten Schwiegermutter
benützte er, um seine Idee vollends auszusxinnen, und als ste
dann wirklich daherkam, ertrug er gefaßt und mit männlichem
Gleichmut die beiden usuellen Lmxfangsküsse, ließ den Schwall
tzeheuchelter Liebenswürdigkeiten, versetzt init versteckten jderfidien,
geduldig über sich ergehen und förderte sogar ein freundliches
Tächeln zutage. — Als man dann beim Abendessen im hohen
altertümlichen Sxeisesaale saß, begann er das Gesxräch sachte
hinüberzuleiten auf die ihm wohlbekannte Geschichte des alten
bchlosses, unter dessen Dach sie weilten. Gr als Aastellan zeigte
sich darin sehr versiert und wußte init anschaulicher Lebendig-
keit von all den Sagen und Lsistorien, die sich um die alters-
geschwärzten, efeuumrankten Mauern sponnen, zu erzählen. Mie
er aber zu der schauerlichen Mär kam, wonach einst ein Ritter
seiner Schwiegermutter in ruchlosem Zorn mit einem einzigen
Hieb seiner Eisenfaust sämtliche Zähne in den bsals hinabschlug,
so daß sie elendiglich erstickte, und daß nun dieser Ritter zur
Ltrafe dafür schon seit Iahrhunderten im Schlosse herumsxuke
und die Zähne seiner Schwiegermutter suche, da sühlten die
beiden Damen, wie ihnen eine Gänsehaut um die andre über den
Aücken lief und als es im Nebenzimmer krachte, und kserr Stotter-
Maier mit gutgespieltem Schreck zusammenfuhr, lächelte die
bchwiegermutter mit blassen Lixpen: „Mir scheint gar, Herr
bchwiegersohn, Sie fürchten sich l"
Aellner: „Nun, bserr Meier, warum haben Sie denn heutc
Ihren platz gewechselt?"
Stammgast: „Ia, heute ist mein Geburtstag und da
hab' ich mich zur Feier des Tages hier an dic Ivand
unter das Sekt-Plakat gesetzt."
„Ich — o, ich — ich fürchte mich nicht!" entgegnete
dieser und guckte scheu in alle dunkeln Lcken.
Dic kleine Gesellschaft war einsilbig geworden. Selbst
der sonst so redseligen Schwiegcrmutter schien das Grauen
vor dem ruhclosen Ritter in die Glieder gefahren zu sein
und als man sich bald darauf, er-
müdet von der Reise, zur Ruhc
begab, versperrte sie die schwere,
eisenbeschlagenc Lichentüre ihres
Schlafgemaches doxpelt und dreifach
und schob überdies den mächtigen
Nachtriegel vor. Dann leuchtete
sie mit der Aerze unters Bett, ja
sogar unter die Aleiderschränkc,
durchsuchtc diese und dcn bauchigen
Aommodckasten und legte sich dann
erst beruhigter zu Bette.
Am nächsten Morgen erschien
die Schwiegermutter blaß und mit
verstörtem Antlitz beiin Frühstück.
Sie hielt sich beim Sprcchen ein
Taschentuch vor den Mund und
klagte init mcrkwürdig veränderter
Stinime über furchtbare „Zahn-
schmerzen". bserr Stottermaier
lächelte insgchcim vor sich hin;
wußte er ja doch von seiner Frau,
daß der würdigen Dame, trotz ihrcr
tadellosen Zahnreihe, längst kein
Zahn mchr weh tun konnte, weil
— nun weil — doch so etwas ver-
rät man von Damen nicht l
Gleich nach dem Frühstöck
äußerte die Schwiegcrmutter den
lvunsch, in die Stadt zum Zahnarzt
^altblütig.
^etzgermeister (wüi-nd): „Sie, Ihr ksund hat mir eine große wurst gestohlen!"
k'assant: „Gut daßich es weißl Da brauche ich ihm heute nichts mehrzumFressengeben.
Bescheideu.
langern Besuchen seiner Schwiegermutter her. Und nun soll die
Anwesenheit derselben gar zur dauernden werden? Lntsetzlich!
Ingrimmig wollte lserr Stottermaier in seine pfeifensxitze
l>eißen, erinnerte sich aber noch rechtzeitig daran, daß ihm seine
Zähne erst kürzlich ganz neu in einem zahnärztlichen Atelier ge-
wachsen waren, und dieselben eine derartige Zumutung nicht gut
aushalten dürften. 5o sxuckte er denn in verbissener Wut in den
Vfenwinkel. Fast im sclben Augenblick kam es aber wie eine
Erleuchtung über ihn: Falsche Zähne — sxucken — 5xuk . . .
ksaltaus! Das wäre etwasl
Die Tage bis zur Ankunft seiner geliebten Schwiegermutter
benützte er, um seine Idee vollends auszusxinnen, und als ste
dann wirklich daherkam, ertrug er gefaßt und mit männlichem
Gleichmut die beiden usuellen Lmxfangsküsse, ließ den Schwall
tzeheuchelter Liebenswürdigkeiten, versetzt init versteckten jderfidien,
geduldig über sich ergehen und förderte sogar ein freundliches
Tächeln zutage. — Als man dann beim Abendessen im hohen
altertümlichen Sxeisesaale saß, begann er das Gesxräch sachte
hinüberzuleiten auf die ihm wohlbekannte Geschichte des alten
bchlosses, unter dessen Dach sie weilten. Gr als Aastellan zeigte
sich darin sehr versiert und wußte init anschaulicher Lebendig-
keit von all den Sagen und Lsistorien, die sich um die alters-
geschwärzten, efeuumrankten Mauern sponnen, zu erzählen. Mie
er aber zu der schauerlichen Mär kam, wonach einst ein Ritter
seiner Schwiegermutter in ruchlosem Zorn mit einem einzigen
Hieb seiner Eisenfaust sämtliche Zähne in den bsals hinabschlug,
so daß sie elendiglich erstickte, und daß nun dieser Ritter zur
Ltrafe dafür schon seit Iahrhunderten im Schlosse herumsxuke
und die Zähne seiner Schwiegermutter suche, da sühlten die
beiden Damen, wie ihnen eine Gänsehaut um die andre über den
Aücken lief und als es im Nebenzimmer krachte, und kserr Stotter-
Maier mit gutgespieltem Schreck zusammenfuhr, lächelte die
bchwiegermutter mit blassen Lixpen: „Mir scheint gar, Herr
bchwiegersohn, Sie fürchten sich l"
Aellner: „Nun, bserr Meier, warum haben Sie denn heutc
Ihren platz gewechselt?"
Stammgast: „Ia, heute ist mein Geburtstag und da
hab' ich mich zur Feier des Tages hier an dic Ivand
unter das Sekt-Plakat gesetzt."
„Ich — o, ich — ich fürchte mich nicht!" entgegnete
dieser und guckte scheu in alle dunkeln Lcken.
Dic kleine Gesellschaft war einsilbig geworden. Selbst
der sonst so redseligen Schwiegcrmutter schien das Grauen
vor dem ruhclosen Ritter in die Glieder gefahren zu sein
und als man sich bald darauf, er-
müdet von der Reise, zur Ruhc
begab, versperrte sie die schwere,
eisenbeschlagenc Lichentüre ihres
Schlafgemaches doxpelt und dreifach
und schob überdies den mächtigen
Nachtriegel vor. Dann leuchtete
sie mit der Aerze unters Bett, ja
sogar unter die Aleiderschränkc,
durchsuchtc diese und dcn bauchigen
Aommodckasten und legte sich dann
erst beruhigter zu Bette.
Am nächsten Morgen erschien
die Schwiegermutter blaß und mit
verstörtem Antlitz beiin Frühstück.
Sie hielt sich beim Sprcchen ein
Taschentuch vor den Mund und
klagte init mcrkwürdig veränderter
Stinime über furchtbare „Zahn-
schmerzen". bserr Stottermaier
lächelte insgchcim vor sich hin;
wußte er ja doch von seiner Frau,
daß der würdigen Dame, trotz ihrcr
tadellosen Zahnreihe, längst kein
Zahn mchr weh tun konnte, weil
— nun weil — doch so etwas ver-
rät man von Damen nicht l
Gleich nach dem Frühstöck
äußerte die Schwiegcrmutter den
lvunsch, in die Stadt zum Zahnarzt
^altblütig.
^etzgermeister (wüi-nd): „Sie, Ihr ksund hat mir eine große wurst gestohlen!"
k'assant: „Gut daßich es weißl Da brauche ich ihm heute nichts mehrzumFressengeben.
Bescheideu.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Bescheiden, Kaltblütig
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Kellner: "Nun, Herr Meier, warum haben Sie denn heute Ihren Platz gewechselt?" / Stammgast: "Ja, heute ist mein Geburtstag und da hab' ich mich zur Feier des Tages hier an die Wand unter das Sekt-Plakat gesetzt." // Bildunterschrift: Metzgermeister (wütend): "Sie, Ihr Hund hat mir eine große Wurst gestohlen!" / Passant: "Gut daß ich es weiß! Da brauche ich ihm heute nichts mehr zum Fressen geben."
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1905
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1910
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Aufbewahrungsort (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 62.1905, Nr. 770, S. 151
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg