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Meggendorfer-Blätter — 63.1905 (Nr. 771-783)

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https://doi.org/10.11588/diglit.19790#0010
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so

Meggendorfer-Blätter, München


auch gehörig mit, wenngleich die Spähne flogen, wie im
Sturm die Zweige. Aber ich lernte bald erkennen, daß wir
auf diese Weise auf dem besten Wege zum Unheil uns be-
fänden, und sann daher Tag und Nacht nach, wie ich das
Temperament meines kleinen Sprühtcufelchens so leiten könnte,
daß es nicht wie ein überschwellcndcr Gebirgsbach mir meinen
Wald verwüste, sondern viel zweckmäßiger meine Mühlen treibe.
Das war aber verwünscht schwierig. Das dürft ihr ruhig
glauben! Da kam es nun wieder eininal vor, daß wegen des
Essens eines Mittags ein Gewitter aufzog, das sich sehen lassen
konnte. Und immer war i ch dran schuld. Unter den verwickeltsten
Umständen hat sie mir die Verantwortlichkeit aufgehalst. Das
ist eine Spezialität von ihr, mit der sie überall den ersten Preis
kriegen würde. Die unglaublichsten Sachen schiebt sie mir im
Handumdrehen in die Schuhe. Niemals hat sie was angestcllt,
wozu nicht ich als der eigentliche Urheber und Sünder wenigstens
den Anstoß sollte geliefert haben.
Auch dieses Mal wieder. Das letzte Mal hatte sie die feine
Mehlspeise, die sie immer selbst verfertigt, nur deswegen ver-
brannt, weil ich zu spät gekommen war. Heute war ich zu früh
erschienen, was sie angeblich nervös gemacht hatte. Die Folgen
waren dieselben. Na ja! Einige Stunden später sie! sie mir
mit heißen Tränen in den Augen um den Hals und bat reu-
mütig um Verzeihung.
Ich hatte schon den Hut in der Hand, zog sie aber doch
auf das Sofa und also sprach ich zu ihr: Fieber Schatz! Es ist
alles wieder in Ordnung, kehre zurück, es ist Dir alles verziehen.
Dein Dich liebender Gatte. Schluß! Aber nun hör' mal! So
kann und soll die Geschichte nicht fortgehen. Schließlich kriegen
wir uns doch satt mit dieser ewigen Balgerei und das wäre

mir äußerst peinlich. Das wirst Du nur hoffentlich glaube»?
Sie biß mich zur Bestätigung dieser Ansicht ins Ohr und ließ
mich drei Minuten vergeblich nach Atem ringen. Sie kann
nämlich reizend sein, wenn sie nur will.
Das gescheiteste wäre natürlich, ich würde die Schuld, die
Du mir immer aufzubürden die Freundlichkeit hast, glattweg
ohne weiteres auf mich nehmen. Als Philosoph, Nellyl
Wcil's gleich ist. Aber dann betrog' ich mich um die schönen
Versöhnungen und die vermiß' ich gar nicht gern. Denn da bist
Du wirklich groß, das machst Du tadellos. Nie Hab' ich mich in
meinem ganzen Vorleben so ungern zerkricgt und so angenehm
verglichen?
An dieser Stelle erhielt ich den Titel und die Rechte eines
wirklichen eingebildeten Affen stcmpel-und gebührenfrei verliehen
und außerdem die Auszeichnung für treugelcistcte Unverschämtheit.
Ich fuhr fort: Fieber Engel, ich erlaube mir, Dir einen ernst-
gemeinten Vorschlag in Güte zu unterbreiten.
Wir sind nun einmal verheiratet, teilen das Loben, seine
Leiden und Freuden, seine Rechte und Pflichten. Daran ist
nichts mehr zu ändern. Aber als Jurist sage ich mir, weshalb
und mit Rücksicht auf welche Gründe soll denn nur ich allein
immer der Schuldtragende sein? Ist das gerecht? Ist das
logisch? Ich antworte: Nein und abermals nein! Widersprich
mir nicht, Schatz, laß' mich zu Ende reden. Also nach genauester
Erwägung der sotanen Umstände schlage ich vor, wir arbeiten
auch hier auf Teilung. Einmal ich, einmal Du. Wie die
Schusterbuben Zigarren rauchen oder wie Schachspieler Zug
um Zug.
Morgen zum Beispiel ist mein Tag. Morgen nehme ich
was passieren kann, auf meine Schultern. Morgen bin
ich der verantwortliche Redakteur, das Mädchen
für alles. Ob Du morgen Deine Bleistifte mit
meinem Rasiermesser spitzest oder mit den Absätzen
meiner Lackschuhe Nägel in die Wand schlägst,
oder meine neuesten Unterhosen zu Rartoffel-
säcken benützest, ich werde darüber nicht mit den
Wimpern klimpern. Neu, culpa, msa maxima
culpa! Lautlos werd' ich sie anerkennen, mein
Lieb, diese ineine Schuld.
Übermorgen aber ist Dein Tag. verstehst
Du? Übermorgen übernimmst Du die Gesamt-
Haftung. Da gibt cs dann natürlich auch keine
Würstchen, capisti? Jede Erörterung, jede
Debatte ist ausgeschlossen. Nun, was meinst Du?
Ist das nicht eine feine Idee? Die Idee eines
künftigen Diplomaten ersten Ranges?'
Wenn Ncll^ nicht gerade in der Rage ist,
so kann ich ihr Vorschlägen, für mich durchs Feuer
zu gehen. Sie tut's ohne Besinnen. So hatte
sie also auch hiegcgen nichts zu erinnern, sondern
schloß den Vertrag unbesehen und besiegelte ihn
in einer Weise, die ganz ihren, Temperament
entspricht. Die erste Woche verlief völlig ruhig.
Ls ereignete sich nichts Besonderes. Daß an
einen, mir zugehörigen Tage der Köchin auf den,
Markt der Korb mit samt den Einkäufen ge-
stohlen wurde, während sie mit ihrem Schweren
Reiter ratschte, traf mich zwar ziemlich unver-
dient, aber ich würgte diesen ebenso unverdau-
lichen wie umfangreichen Bissen in stiller Er-
gebenheit hinunter. Die nächste Woche wurde
schon lebhafter. Die Tage meiner Frau zwar
verliefen in glanzvoller Reinheit. Die meinigen
(Fortsetzung Seite N.)

alles,

(Lür Moderner.


Zraut (vor der Lolut „och d-m StondesonU): „Warum steckst Du die Zeitung ein?'
Zräutigam: „Damit ich etwas Lektüre habe, vielleicht müssen wir auf den

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Standesamt warten!"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Ein Moderner
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Braut (vor der Fahrt nach dem Standesamt): "Warum steckst Du die Zeitung ein?" / Bräutigam: "Damit ich etwas Lektüre habe, vielleicht müssen wir auf dem Standesamt warten!"

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Luttich, Mila von
Entstehungsdatum
um 1905
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1910
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Brautpaar
Braut
Bräutigam
Zeitung

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-11-21 - 2013-11-21
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 63.1905, Nr. 771, S. 10
 
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