Zeitschrift für Humor und Kunst
8s
Imstillen wundert er sich, wie man so etwas einklagen kann.
Auf die Frage, ob er wisse, um was es sich handle, nickt
er bloß und unterdrückt ein Schmunzeln.
„Sie haben es also gesehen?" erkundigt sich der Richter.
„G'sehn und g'hört."
„Gut. Wo befand sich der Angeklagte?" geht er weiter.
„Dber mir, gar nit weit," berichtet der Michel.
„Und was haben Sie gehört?"
Der Kohlenbrenner will mit der Antwort nicht recht heraus.
„Schnalzen Hab' ich g'hört, Herr Richter, ganz deutlich."
„Soll bei der Taubheit des Zeugen ,krachen' heißen," ent-
scheidet der Richter.
„Und hat er getroffen, der Lechnerbauer?"
„Wie man so dumm fragen kann?!" denkt der Michel. Laut
sagt er: „Glei' 's erstemal, mitten ins G'sicht. „Dabei verzieht
er das seinige.
„Kopf," korrigiert der
Richter.
Der Angeklagte wird rot
und blau vor Zorn und der
Lipp wirft dem Schwie-
gervater triumphierende
Blicke zu.
Der Richter läßt nun
die schon kräftig duftende
Gemse bringen und nimmt
den Zeugen wieder vor.
Der macht ein erstauntes
Gesicht, als er vor das cor-
pus Uelicti geführt wird
und sagt ohne alle Auffor-
derung ganz trocken: „Die
kenn' i nit."
„Sie sagten doch, daß
Sie denAngeklagten belauscht
hätten," erinnert ihn der
Richter.
„Freili' wohl, wie er
»ms Haus g'schlichen is'",
ergänzt der Michel.
„Unsinn! Beim Hanse
schießt man keine Gemsen, ..
daß er nicht weit über ihnen
war . . ."
„Stimmt. Acht, neun
Sprießeln* höher. Tr is
auf der Leitern g'standen,"
erzählt der Kohlenbrenner
ruhig.
„Und das Krachen?"
fragt der Richter, der nicht
klug wird.
„G'schnalzt hat's sak-
risch. Sicher ein paar recht-
schaffene Busseln," taxiert
der Michel.
„Mensch, von wem reden
Sie?" schreit der Richter
erregt.
„Von wem? Von der
Bergleitncr Tverl," ant-
wortet der Kohlenbrenner
seelenruhig.
* sprossen.
„Das gehört doch nicht vor Gericht!"
„Hab' mir's glei' denkt, daß der Hans destwegen nit eing'sxirrt
werden kann," gibt der Köhler seinem Rechtsgefühl Ausdruck.
„Wer die Gemse gewildert hat, ist die Frage," kommt der
Richter zurück.
Auf das meint der Halbtaube: „Da wird's gut sein, den
Lixp z' fragen, der war an demselbigcn Abend im Schlag oben.
I Hab' ihn von weitem g'sehn, wie i vom Gratulier'n bei der
Bergleitnerischen Großmagd Liesel heim'gangen bin."
„Und der Lechnerbauer ? . . ." vergewissert sich der Richter
nochmals.
„Hat bei dem schönen Tverl ang'fensterlt."
Damit ist die Vernehmung beendigt.
Der Richter dreht aber jetzt den Spieß um. Tr beschäftigt
sich nur mehr mit dem Grabenhofer Lipp. Dieser hat sich gleich
(Fortsetzung Seite 87.)
Äme Moderne.
— „Sendest Du mir einige Ansichtskarten von Deiner Hochzeitsreise, liebe Cousine?"
— „Selbstverständlich, Vetter — darüber ärgert sich doch mein Mann . . . I"
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Imstillen wundert er sich, wie man so etwas einklagen kann.
Auf die Frage, ob er wisse, um was es sich handle, nickt
er bloß und unterdrückt ein Schmunzeln.
„Sie haben es also gesehen?" erkundigt sich der Richter.
„G'sehn und g'hört."
„Gut. Wo befand sich der Angeklagte?" geht er weiter.
„Dber mir, gar nit weit," berichtet der Michel.
„Und was haben Sie gehört?"
Der Kohlenbrenner will mit der Antwort nicht recht heraus.
„Schnalzen Hab' ich g'hört, Herr Richter, ganz deutlich."
„Soll bei der Taubheit des Zeugen ,krachen' heißen," ent-
scheidet der Richter.
„Und hat er getroffen, der Lechnerbauer?"
„Wie man so dumm fragen kann?!" denkt der Michel. Laut
sagt er: „Glei' 's erstemal, mitten ins G'sicht. „Dabei verzieht
er das seinige.
„Kopf," korrigiert der
Richter.
Der Angeklagte wird rot
und blau vor Zorn und der
Lipp wirft dem Schwie-
gervater triumphierende
Blicke zu.
Der Richter läßt nun
die schon kräftig duftende
Gemse bringen und nimmt
den Zeugen wieder vor.
Der macht ein erstauntes
Gesicht, als er vor das cor-
pus Uelicti geführt wird
und sagt ohne alle Auffor-
derung ganz trocken: „Die
kenn' i nit."
„Sie sagten doch, daß
Sie denAngeklagten belauscht
hätten," erinnert ihn der
Richter.
„Freili' wohl, wie er
»ms Haus g'schlichen is'",
ergänzt der Michel.
„Unsinn! Beim Hanse
schießt man keine Gemsen, ..
daß er nicht weit über ihnen
war . . ."
„Stimmt. Acht, neun
Sprießeln* höher. Tr is
auf der Leitern g'standen,"
erzählt der Kohlenbrenner
ruhig.
„Und das Krachen?"
fragt der Richter, der nicht
klug wird.
„G'schnalzt hat's sak-
risch. Sicher ein paar recht-
schaffene Busseln," taxiert
der Michel.
„Mensch, von wem reden
Sie?" schreit der Richter
erregt.
„Von wem? Von der
Bergleitncr Tverl," ant-
wortet der Kohlenbrenner
seelenruhig.
* sprossen.
„Das gehört doch nicht vor Gericht!"
„Hab' mir's glei' denkt, daß der Hans destwegen nit eing'sxirrt
werden kann," gibt der Köhler seinem Rechtsgefühl Ausdruck.
„Wer die Gemse gewildert hat, ist die Frage," kommt der
Richter zurück.
Auf das meint der Halbtaube: „Da wird's gut sein, den
Lixp z' fragen, der war an demselbigcn Abend im Schlag oben.
I Hab' ihn von weitem g'sehn, wie i vom Gratulier'n bei der
Bergleitnerischen Großmagd Liesel heim'gangen bin."
„Und der Lechnerbauer ? . . ." vergewissert sich der Richter
nochmals.
„Hat bei dem schönen Tverl ang'fensterlt."
Damit ist die Vernehmung beendigt.
Der Richter dreht aber jetzt den Spieß um. Tr beschäftigt
sich nur mehr mit dem Grabenhofer Lipp. Dieser hat sich gleich
(Fortsetzung Seite 87.)
Äme Moderne.
— „Sendest Du mir einige Ansichtskarten von Deiner Hochzeitsreise, liebe Cousine?"
— „Selbstverständlich, Vetter — darüber ärgert sich doch mein Mann . . . I"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Eine Moderne
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: - "Sendest Du mir einige Ansichtskarten von Deiner Hochzeitsreise, liebe Cousine?" / - "Selbstverständlich, Vetter - darüber ärgert sich doch mein Mann ...!"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1905
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1910
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-11-21 - 2013-11-21
Aufbewahrungsort (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 63.1905, Nr. 777, S. 81
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg