Zeitschrift für Humor und Auns!
s27
Der liebenswürdige Führer.
ie gesagt, liebe Emma," meinte Herr Theodor Lehmann in
Berlin zu der treuen Gefährtin seines Lebens
„ich halte es für das Richtigste, unserm Paul von meinem
Besuche nichts zu schreiben, sondern ihn zu überrumpeln.
Ls ist doch ganz klar, daß man auf diese weise einen besseren
Einblick in das wirkliche Leben und Treiben des Herrn
Sohnes gewinnen kann, als wenn er sich infolge vorheriger
Benachrichtigung für den väterlichen Besuch hübsch prä-
pariert hat."
Und so hatte sich der Herr Papa, ohne seinem Stamm-
halter ein Sterbenswörtchen von seiner bevorstehenden Ankunft
mitzuteilen, am Morgen in die Eisenbahn gesetzt, um gen
Süden zu dampfen.
Jetzt stand er auf dem Marktplatze des sächsischen Städt-
chens, an dessen Technikum Paul seinen Studien oblag; es
galt nunmehr, sich nach der Weberstraße durchzufragen.
Herr Lehmann trat auf einen des Wegs daherkommenden
Beamten in einer ihm gänzlich fremden Uniform zu und er-
kundigte sich mit höflichem Gruße, wie er am nächsten zu seinem
Ziele kommen könnte. Der Gefragte lieh ihm mit der größten
Bereitwilligkeit sein Bhr.
„Nach der wäberstraße wollen Se? Nu, mei' bester
Herr, da gönnen Se sich glei' mir anschließen — das is Se
nämlich auch mei' weg."
In lebhaftem Geplauder schritt Herr Lehmann an der
Seite des Fremden dahin, aufs angenehmste berührt von dem
gemütlichen, freundlichen Wesen seines Führers, der ihm auf
allerlei Fragen erschöpfende Auskunft gab.
Hugo Maro.
„So, mei' bester Herr, hier sein mcr schon in der
wäberstraße. Um welche Hausnummer handelt's sich denn,
wenn ich den Herrn fragen dürfte?"
„Nr. f-f."
„Nr. f4? ... Da wohnt ja der Herr Dächniker Lähmann."
„Sie kennen den jungen Mann? Ich bin sein Vater."
„Sehr erfreut, Ihre werte Bekanntschaft gemacht zu
haben, Herr Lähmann. — Wo werd' ich Se denn den jungen
Herrn Lähmann nich' genncn. — Aber da is schon das Haus."
„Danke, danke vielmals! Doch nun darf ich Ihre
Liebenswürdigkeit wohl nicht länger in Anspruch nehmen, jetzt
werde ich mich schon allein zurechtfinden."
Aber der eifrige Führer achtete nicht der Worte. „Der
junge Herr wohnt zwei Treppen hoch, — wenn Se erlauben,
werde ich vorangehen."
„Das muß ich sagen," dachte Herr Lehmann, „von solcher
liebenswürdigen Gefälligkeit sind die Menschen bei uns in
Berlin nicht. Führt mich der Mann tatsächlich bis an die Tür
meines Sohnes."
„So, da wären mer," sprach der Uniformierte, „säh'n
Se, hier auf der Visitenkarte an der Tür steht's:
Paul Lehmann
smck. rer. teckn."
„Mein Herr, wie soll ich Ihnen danken!" Herr Leh-
mann konnte sich nicht enthalten, seines liebenswürdigen Führers
Hand zu drücken.
„G, keine Ursache, keine Ursache, mei' bester Herr! —
Säh'n Se, ich bin Se nämlich der Gerichtsvollzieher und wollte
so wie so bei Ihren: Herrn Sohne gerade e bißch'n pfänden."
l.
— „So, teure Ulara, jetzt bist Du bei
Deinem Hause angelangt und jetzt heißt
es wieder bis morgen abend Abschied
nehmen! Noch ein schönes Uüßchen, noch
eins, noch —"
(Lin Liebesabenteuer.
Parteien: „Ja, was ist denn das — „Marant Joseph! vetsi Hab ich
für ein entsetzliches Geläute da unten, alle Parteien des Hauses aufgeweckt,
wird denn das endlich aufhören oder nicht?" Diese Blamage!"
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Der liebenswürdige Führer.
ie gesagt, liebe Emma," meinte Herr Theodor Lehmann in
Berlin zu der treuen Gefährtin seines Lebens
„ich halte es für das Richtigste, unserm Paul von meinem
Besuche nichts zu schreiben, sondern ihn zu überrumpeln.
Ls ist doch ganz klar, daß man auf diese weise einen besseren
Einblick in das wirkliche Leben und Treiben des Herrn
Sohnes gewinnen kann, als wenn er sich infolge vorheriger
Benachrichtigung für den väterlichen Besuch hübsch prä-
pariert hat."
Und so hatte sich der Herr Papa, ohne seinem Stamm-
halter ein Sterbenswörtchen von seiner bevorstehenden Ankunft
mitzuteilen, am Morgen in die Eisenbahn gesetzt, um gen
Süden zu dampfen.
Jetzt stand er auf dem Marktplatze des sächsischen Städt-
chens, an dessen Technikum Paul seinen Studien oblag; es
galt nunmehr, sich nach der Weberstraße durchzufragen.
Herr Lehmann trat auf einen des Wegs daherkommenden
Beamten in einer ihm gänzlich fremden Uniform zu und er-
kundigte sich mit höflichem Gruße, wie er am nächsten zu seinem
Ziele kommen könnte. Der Gefragte lieh ihm mit der größten
Bereitwilligkeit sein Bhr.
„Nach der wäberstraße wollen Se? Nu, mei' bester
Herr, da gönnen Se sich glei' mir anschließen — das is Se
nämlich auch mei' weg."
In lebhaftem Geplauder schritt Herr Lehmann an der
Seite des Fremden dahin, aufs angenehmste berührt von dem
gemütlichen, freundlichen Wesen seines Führers, der ihm auf
allerlei Fragen erschöpfende Auskunft gab.
Hugo Maro.
„So, mei' bester Herr, hier sein mcr schon in der
wäberstraße. Um welche Hausnummer handelt's sich denn,
wenn ich den Herrn fragen dürfte?"
„Nr. f-f."
„Nr. f4? ... Da wohnt ja der Herr Dächniker Lähmann."
„Sie kennen den jungen Mann? Ich bin sein Vater."
„Sehr erfreut, Ihre werte Bekanntschaft gemacht zu
haben, Herr Lähmann. — Wo werd' ich Se denn den jungen
Herrn Lähmann nich' genncn. — Aber da is schon das Haus."
„Danke, danke vielmals! Doch nun darf ich Ihre
Liebenswürdigkeit wohl nicht länger in Anspruch nehmen, jetzt
werde ich mich schon allein zurechtfinden."
Aber der eifrige Führer achtete nicht der Worte. „Der
junge Herr wohnt zwei Treppen hoch, — wenn Se erlauben,
werde ich vorangehen."
„Das muß ich sagen," dachte Herr Lehmann, „von solcher
liebenswürdigen Gefälligkeit sind die Menschen bei uns in
Berlin nicht. Führt mich der Mann tatsächlich bis an die Tür
meines Sohnes."
„So, da wären mer," sprach der Uniformierte, „säh'n
Se, hier auf der Visitenkarte an der Tür steht's:
Paul Lehmann
smck. rer. teckn."
„Mein Herr, wie soll ich Ihnen danken!" Herr Leh-
mann konnte sich nicht enthalten, seines liebenswürdigen Führers
Hand zu drücken.
„G, keine Ursache, keine Ursache, mei' bester Herr! —
Säh'n Se, ich bin Se nämlich der Gerichtsvollzieher und wollte
so wie so bei Ihren: Herrn Sohne gerade e bißch'n pfänden."
l.
— „So, teure Ulara, jetzt bist Du bei
Deinem Hause angelangt und jetzt heißt
es wieder bis morgen abend Abschied
nehmen! Noch ein schönes Uüßchen, noch
eins, noch —"
(Lin Liebesabenteuer.
Parteien: „Ja, was ist denn das — „Marant Joseph! vetsi Hab ich
für ein entsetzliches Geläute da unten, alle Parteien des Hauses aufgeweckt,
wird denn das endlich aufhören oder nicht?" Diese Blamage!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Ein Liebesabenteuer
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: - "So, teure Klara, jetzt bist Du bei Deinem Hause angelangt und jetzt heißt es wieder bis morgen abend
Abschied nehmen! Noch ein schönes Küßchen, noch eins, noch -" // Parteien: "Ja, was ist denn das für ein entsetzliches Geläute
da unten, wird denn das endlich aufhören oder nicht?" // - "Marant Joseph! Jetzt hab' ich alle Parteien des Hauses aufgeweckt.
Diese Blamage!"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1905
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1910
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-11-21 - 2013-11-21
Aufbewahrungsort (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 63.1905, Nr. 781, S. 127