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Meggendorfer-Blätter — 63.1905 (Nr. 771-783)

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https://doi.org/10.11588/diglit.19790#0153
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Zeitschrift für Humor und Aunst

s5S



— Als die Gcburtstagsspende nach einigen Tagen fertig war,
empfand sie eine lebhafte Freude. Sie hatte jeden Strich
und jeden Punkt sorgfältig und gewissenhaft ausgcführt. viel-
leicht ging es ihm besonders zu Herzen, wenn sie beim Überreichen
ein paar schlichte Morte in gebundener Rede sprach? Ts paßte
doch auch ganz gut für sie. Sie war ja erst dreißig Jahre alt,
also noch eine junge Frau. Anny setzte sich an den Schreibtisch
und brachte nach einiger Anstrengung und nach vielen Ände-
rungen wirklich acht Zeilen zusammen.
„wenn mein liebes Männchen raucht,
Ist es glücklich und zufrieden;
Drum sei ihm zum Lhrcntag
Dieser Aasten hier beschicden.
Füll' ihn mit den feinsten Sorten,
Blase blaue Ringelein;
will mich gern der Wölkchen freuen,
Milt Dir niemals böse sein!"
Sie fand das Gedicht gar nicht so schlecht. Run wollte sie's noch
auswendig lernet«. Ts war die höchste Zeit, denn übermorgen war
der Geburtstag. wenn Arnold diesmal nicht zufrieden war, wenn
er diesmal nicht gerührt wurde, dann war ihm nicht zu helfen.—
Hell strahlte die Morgensonne durchs Fenster, als die Haus-
frau dem Geburistagskinde
mit einem künstlerisch ver-
zierten Zigarrenkasten ent-
gegentrat und mit bewegter
Stimme die Morte sprach«
„wenn mein liebes Männ-
chen raucht,
Ist cs glücklich und zufrieden;
Drum sei ihm zum Threntag
Dieser Aasten hier beschicden.
Füll' ihn mit den feinsten
Sorten — —
Feinsten Sorten-—"
Hier kam sie plötzlich aus
dem Aonzept. Ihr Mann
sah ihr so ruhig und sanft
in die Augen.
„Füll ihn mit den feinsten
Sorten —" wiederholte sie
stotternd.
Der Professor nickte aus-
muntcrnd und half freund-
lich ein«
„Blase blaue Ringelein."
„woher weißt Du das?"
rief sie hastig. Dann brach sie
in Tränen aus. „B Arnold
— das ist schlecht von Dir!"
Wesseling war erschrocken.
„Aber liebes Francben,
ich mcin's doch nicht böse.
Der Zettel lag gestern auf
dem runden Tisch — Du hast
ihn jedenfalls versehentlich
liegen lassen. So weine doch
nicht, Annyl Ich freue mich
sehr über Deine Ausmerk-
samkcit. Mir gefällt ja der
Aasten mitsamt dem Ge-
dichte außerordentlich!"
Rach langem freundlichen
Zureden beruhigte sich Anny

endlich. Sie ließ sich's aber nicht nehmen, dem Herrn Gemahl
gründlich auseinanderzusetzen, wie schwierig cs ist, für einen
kritischen Gymnasialprofcssor ein passendes Geburtstagsgeschenk
zu wählen. Sie erläuterte das eingehend an den Letspielen,
die sie in sechsjähriger The erfahren hatte. „Und wenn ich
diesmal nicht mit dem Gedicht verunglückt wäre," sagte sie,
„wer weiß, was Dir an dem Aasten nicht gefallen hätte!"
„Aber Aind," entgcgncte er lächelnd, „so schlimm ist's doch
nichtI Der Zigarrenkasten ist ja wunderhübsch. Ich hätte Dich
höchstens fragen können, warum Du ihn nicht selbst ,mit
den feinsten Sorten* gefüllt hast!"
„Da haben wir'sl" eiferte die Gattin. „Na weißt Du,
mein Bester, das nächstemal zerbreche ich mir den Aopf nicht
erst lange! Ich stopfe Matte in die (Uhren und schenke Dir
einfach — ein paar Frankfurter Würstchen. Aber ohne Verse!"
„weil die Würstchen schon poetisch genug sind?" scherzte
der Professor.
„wie meinst Du das?" fragte Frau Anny schnell.
„Nun — sie stammen doch aus Goethes Heimat!"
Jetzt mußte die Frau Professor lachen.
„Du — kommt das in Deine,Goetheliteratur der Gegenwart*?"
„Das nicht — aber Dein Gedicht vom Zigarrenkastenl"
Zwccktos.

Amtmann« „wenn Sie noch einmal als Stromer cingebracht werden, lasse ich Sie einfach über
die Grenze schieben."
Stromer« „wird nicht viel helfen, Herr Amtmann, ich bin ein grenzenloser Lump."
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Zwecklos
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Amtmann: "Wenn Sie noch einmal als Stromer eingebracht werden, lasse ich Sie einfach über die Grenze schieben." / Stromer: "Wird nicht viel helfen, Herr Amtmann, ich bin ein grenzenloser Lump."

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Futterer, August
Entstehungsdatum
um 1905
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1910
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Amtmann
Landstreicher
Verwarnung

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-11-21 - 2013-11-21
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 63.1905, Nr. 783, S. 153
 
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