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Meggendorfer-Blätter — 81.1910 (Nr. 1006-1018)

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Nr. 1006
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Zeitfchrift für Humor und Kunft 7

Das Bild des Wilderers Don R. Kotfeh
.Sagen Sie einmal, Herr Wirt,“ fragte neulich ein als leiden-
fchaftlidier Knipfer bekannter Sommerfrifchler, „weshalb ift
wohl der alte Förfter ßrandl ein fo unnahbarer Menfch?
Jetjt weile ich fchon vierzehn Tage im Ort und habe des
öftern nerfucht, ihn in ein ßefpräch zu ziehen; aber er hält nie
(fand, fondern läfit mich in faft beleidigender Weife flehen.“
g „Ja, Herr Doktor,“ meinte der Herbergvater, „das ift eine
ganz eigene öefchichte mit dem Hlten, die ich Ihnen gerne
erzählen will. gg
Itn vorigen Jahre wohnte drüben beim Moosbauern ein
Herr Müller aus der Stadt, der den ganzen Tag mit dem
photographifchen Apparat
umherlief, um alles auf¬
zunehmen, was ihm in die
Quere kam. g?J
Diefen Moosbauer hatte der
Förfter feit langem fchon
im Uerdacht des Wilderns,
ohne dag es ihm gelungen
war, ihn auf frifdier lat
zu ertappen. Fils er einmal
längere Zeit beobachtete,
bemerhte er, datj er den
Wechfel eines prächtigen
Bockes ausgekundfehaftet
hatte und wahrfcheinlich
demnächrt einen heimlichen
Rbfchu^ wagen würde. Da
hiefj es alfo aufpaffen, g
Ein fdilauer Kopf, wieunfer
Förfter ift, lieg er eines
Tages im Dorf ganz unauf¬
fällig herumfprechen, da^
er auf einige Zeit zum Forft-
amt in die Stadt reifen
mülTe, und tatfächlich fuhr
er auch eines Morgens mit
der Port ab. gg
Dag er aber draußen, wo
die Chauffee den Wald
ftreift, fchon wieder aus
dem Wagen (lieg, wufjte
nur der Poftillon, deffen
Schweigen er durch ein gutes
Trinkgeld erhauft hatte.
Den Kragen feines Mantels
hoch hinaufgefdilagen, den
grünen Hut mit dem Gams¬
bart und der Rdlerfeder
tief ins ßelicht gedrückt,
fchlich der Förrter zunächrt
zu einem alten Unterftand,
wo er feine Büchfe verdeckt
hatte, und von hier aus
fchlängelte er (ich durch
Büfche und Farngewirr in
die Flähe des Wethfels.
Hinter einem bemooften,
von Himbeerfträuchern um¬
wucherten Baumrtumpf. von
wo aus er die ganze Lich¬
tung überblicken konnte,
fagte er Porto.

Dort fag er, bis die Dunkelheit einbrach. Der Wilderer aber
lieg auf (ich warten. Im Schutje der nacht fchlich (ich ßrandl
auf Umwegen in feine außerhalb des Ortes gelegene Be-
haufung, um noch vor Rnbruch der Morgendämmerung
denfelben Weg zum üerfteck wieder zurückzulegen. gg
Das Manöver fegte er faft eine Woche fort, ohne jedoch den
erhofften Erfolg zu haben. Der verdächtige Moosbauer war
alfo entweder unfchuldig. oder er hatte Hunte gerochen, g
Das Warten wurde dem Förrter zu dumm, und fo kehrte er
eines nachmittags offiziell von feinem Stadtaufenthalt zurück,
g Hoch an demfelben Rbend fprach er bei mir vor, um
am Stammtifch feinen 6roll hinunterzufpülen und die lange
entbehrten Rbendfchoppen nachzuholen. Im Honoratioren-Eck


Doch etwas

Können Sie auch fremde Sprachen, Fräulein?“
6’rad’ nur a biffel wienerifch.“ gg
 
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