CoC E E ESD Zeitlchrift für Humor und Kun t Gr EDS DDD 227
Das Erbſtück
Ton des grünen Samtes oder
der grüne Samt die ſilbernen
Knöpfe in Schatten ſtellte.
Dieſe Unentſchiedenheit veran-
laßte nun den all>»eits zur
Gewiſſenhaftigkeit geneigten
Bürgermeiſter in ſeinem Teſta-
mente folgende Verfügung zu
treffen :
„Ich will nicht, daß Feind-
ſchaft ſei zwiſchen denen, die
mein leiblich Gut erben, und
darum beſtimme ich, daß
das, was meines Lebens
unbefkleckter Stolz war, die
Hülle meines Leibes, »ſich zu
gleichen Teilen zwiſ»chen
meine beiden Söhne ver-
erbe. Mein Sohn Wacltl
ſoll die Weſte, mein Sohn
Anderl die Knöpfe erhal-
ten. Im wünſche aber, daß
mein Sohn Waſtl die Weſte
in Ehren weiter trage und
daß dann - wenn ſie ſeines
irdiſchen Leibes Fülle nicht
mehr zieren könnte, d. h.
wenn ſ»ie ſoweit in Stücke
gegangen iſt, daß von einer
Weſte nicht mehr die Rede
ſein kann ~ die Knöpfe zum
überdauernden Angedenken
und zum Zeichen neuer kin-
mütigkeit auf meinen Sohn
Anderl übergehen ollen.“
Dieſes war die Vorgeſchichte.
Jahre waren inzwiſlchen ver-
gangen. Die Weſte befand ſich
noch immer im Belitze der Nach-
kommen des Waſtl Schweig-
hofer. Sie war, um ſie der
~ „Wenn du wieder mal einkaufen gehſt, Lydia,
nimm dir gefälligſt einen Dienſtmann.“
~® „Aber du haſt mir doch geſagt, daß wir uns
ſparſamer einrichten wollen !“
Greislers»ſohn: ,Toni, lienſt du dort den langhaarigen
Herrn; der ſchreibt für uns das Makulaturpapier !“
Familie möglichſt lange zu erhalten, in einem Kaſten aufbewahrt
worden und wurde nur bei beſ»onderen Feſtlichhkeiten, auh an
Sonn- und Feiertagen von dem jeweiligen Inhaber aus dem Kaſten
hervorgeholt und zur Schau getragen. Damit war dem Wortlaute
des Teſtaments Rechnung getragen, wie einmal ein Vorfahre ad-
vokati»lch hatte feſtſtellen laſſen, als es zu einem Prozeß um die
Weſte gekommen war. 2|
Gegenwärtiger Beſizer war Alois Schweighofer, wie ehemals ſein
Ahne Bürgermeiſter des Ortes und Beſiter des Schweighoker-
anweſens. Er hatte einen einzigen Sohn, den Franzl, der einmal
ſein Erbe und auch der Träger der Weſte werden ſollte. Franzl
war ein echter Schweighofer. Was aber ſeiner Vorfahren Segen
war, das war ihm zum Fluche . .. . die Weſte.
Er war nämlich bis über die Ohren verliebt in die Reſ»i, die ſchhöne
Tochter des Waldhofbauern, der aus der Schweighoferſchen Ver-
wandtſchaft war und das nächſte Anrecht auf die ſilbernen Knöpfe
hatte. Franzl hatte ſelbſt ſchon beim Waldhofbauern vorge»ſprochen
und ihn gebeten, er möchte ihm die Reſi zum Weibe geben. Der
aber hatte lich in den Kopk gelett, er müſſe endlich einmal in den
Beſitz der Knöpfe gelangen.
„Wennlſt dein Vatern ſoweit bringſt, daß er mir die ſilbernen Knöpfe
gibt, nachher kannſt d’ Reſi haben, aber ſonſt ſchlag’ ſie dir nur