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SSSD(D(D(D^SDDD)(I-> Zeitschrift für Huuror und Kunst DDD(D(D(D^D<D(D(I> 227

Noch unerfahren ^ „Meine Frau ist gernde bei der Toilette, wird nber im Nu hier sein."

— „So, dann haben Sie wohl »och nie darauf gcrvartet."

Der Film-ErMrer

steht vor einem und harrt der Bestcllung. Man studiert
scheinbar nachlässig die Speisekarte und findet, daß die Preße
höher sind, als man annahm, fährt wie unbewußt mit der
Land in die Kiosentasche, betastet ängstlich und geschwind
die wenigen Münzen und sagt schließlich vornehm: Ein
Schinkenbrötchenl

Als später auch durch den Augenschein sür richtig be-
sundenes Nesultat meiner Tastunterstlchung ergab sich für
die Löhe mcines damaligen Vermögeils die Summe von
vier Mark achtundvierzig Psennigen. Das war nicht viel,
damit in Berlin einzuziehn und sich an die Begründung
cincr glänzenden Existenz heranzumachen. Aber schließlich:
andere Leute sind mit noch geringeren Barmitteln in übleren
Lagen gewesen nnd doch glücklich herausgekommen. Mein
Namensvetter Adam zum Beispicl — ich meine den Gatten
dcr Eva — hatte nicht einmal vier Mark achtundvierzig
Psennige, als er aus dcm Paradiese geworfen lvurde, und
später hat cr es doch zu etwas gebracht und ist angesehn
und hochbetagt nach einem arbeitsreichen Leben gcstorben.
Freilich war er auch zweisellos der außerordentlichste Mensch
seiner Zeit. Die Adams scheinen das immer zu sein.

Ich war doch besser daran. Ich hatte ja vier Mark
achtundvierzig Psennige. tlnd ich war nicht einmal aus
einem Paradiese geworfen worden. Im Gegenteist ich suhr

ja von München nach Berlin. Also nicht verzagt. Vorwärts
mit frischem Mnt! wie es in „Fatinitza" heißt. Aber ich will
es nicht leugnen: Während ich diese aufmunternden Worte
vor mich hin summte, fiel mir der Gedanke doch etwas aus
die Scele, daß sich nach der gleichen Melodie auch das schöne
„Du bist verriickt, mein Kind" singen läßt.

Linter Luckenwalde begab ich mich aus meinem Wagen
dritter nach dem nächsten erster und zweiter Klasse, um mich
im Waschraum gründlich zu säubern. Denn ich wollte doch
in Berlin gleich einen möglichst angenehmen Eindruck machen.
Die preußische Staatsbahnverwaltung hat die anerkennens-
werte Gepflogenheit, ihren Reisenden nette, schön nach Man-
deln dustende Seifenstückchen zur Versügung zu stellen. Es
waren noch eine ganze Menge da, die doch eigentlich
der Zug war sehr besetzt — hätten verbraucht sein müssen.
tlm die Passagiere des Zuges vor der preußischen Staats-
bahnverwaltung »icht bloszustellen, nahm ich mehrere Seifen-
stückchen an mich. Ich dachte auch, sie könnten mir nützlich
sein, wenn ich mir in Berlin eine Wohnung nehmen würde.
Es würde doch einen schlechten Eindruck machen, wenn ich
ganz ohne Effekten einzöge. Seise dagegen erweckt immer
Vertrauen.

Pünktlich um acht Ahr zwanzig Minuten lief der Zug
unter der großen Glashalle des Anhalter Bahnhofs ein.
 
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