Zeitschrift für Humor und Kunst 187
Zu der Kiemme Primaner kim Cafc, als sein Profenor sich ihm gegeniiber setzt):
„Zuin Kucknch nun habe ich gerade sein Leibblatt erwischt."
Aissaua
vergessen ließ. Als ich vier Tage später zurückkam, waren
inzwischen drei Postdampfer eingetroffen und hatten neue
Gäste gebracht, auch Deutsche darunter. Max Rathke saß fröh-
lich mit einem älteren seriösen Ehepaar und dessen entsprechen-
der Tochter zusammen; ein Anhängsel war auch noch dabeß
irgend ein alter Schwager oder so etwas. Die Lerrschaften
unterhielten sich lebhaft. Rathke erzählte mit Leidenschaft.
„Ia, bei uns zu Äause! — O. unsere Salzknochen sollten
Sie mal essen! —-Na, und unsere Suhler Klöße! So groß,
kann ich Ihnen sagen!" — Rathke schien gliicklich. Aus
dem erstickenden Einsamkeitssumpf war er emporgeklettert
an das liebliche Gestade gutbürgerlicher braver Geselligkeit.
Ein Bekanntwerden ließ sich in den nächsten Tagen
nicht vermeiden. Die Äerrschaften hießen Kunkel. Nentier
Kunkel mit Familie aus Celle; das Anhängsel war ein
Onkel Saalmann, auch aus Celle. Sehr biedere Leute.
Wie nett, hier Landsleute zu treffen, nicht wahr! Max
Rathke war glücklich. Kunkels aber nutzten zweifellos die
Situation aus, in der sich der unabhängige junge Mann
befand. Ihrer Biederkeit und Wohlanständigkeit tat das
natürlich keinen Abbruch. Das ist nun doch einmal nicht
anders, wenn man eine Tochter hat, die nicht besonders
schön und über den ersten Schmelz hinaus ist. Sie will
doch untergebracht werden. Sie muß untergebracht werdcn,
zum Donnerwetter! Max Rathke wurde in Freundschaft
und Vertraulichkeit eingewickelt. Die Distanzen schwanden
mehr und mehr. Ia, und kurz und gut: Zu Weihnachten
war Lerr Nathke zur Strecke gebracht: Fräulein Camilla
Kunkel aus Celle, Lerr Max Rathke aus Apolda, Verlobte.
Am Weihnachtsmorgen gratulicrte ich Lerrn Nathke
persönltch. Er schien selbst durch das plötzlich hcrein-
gebrochene Geschehnis etwas überrascht. „Nicht wahr,
schnell gegangen? Lätt' ich mir nicht träumen lassen, als
ich hierher fuhr. Onkel wird sich wundern."
Fast schien es, als ob Max Nathke ein wenig Angst
vor seinem Onkel hätte und ftark im Ziveifel wäre, ob
dieser sich sehr über die Verlobung freuen würde. Warum
sollte er auch? Der Bräutigam schien sich ja selbst nicht
mehr zu freuen. Er sah garnicht mehr so glücklich aus. Wenn
Briefe für ihn kamen, Briefe aus Apolda, steckte er sie
immer mit hastiger tlnlust in die Tasche. Vielleicht bestanden
da zu Lause irgend welche Beziehungen, die unter Amständen,
wenn Max Rathke nicht schnöde die Leimat verlaffen hätte,
zu einer ihn weniger überraschenden Verlobung gesührt
hätten.
Seine Stellung als Bräutigam wurde von der Familie
Kunkel allmählich sehr deutlich unterstrichen. Sammeln
durfte er auf den Spaziergängen nicht mehr. Keine Fliege
mchr durfte er fangen. Mama Kunkel war durchaus gegen
jedes derartige Getier. „Schrecklich ist das Viehzeug hier,"
hatte sie gesagt. „Das kann einem den ganzen Aufenthalt
Zu der Kiemme Primaner kim Cafc, als sein Profenor sich ihm gegeniiber setzt):
„Zuin Kucknch nun habe ich gerade sein Leibblatt erwischt."
Aissaua
vergessen ließ. Als ich vier Tage später zurückkam, waren
inzwischen drei Postdampfer eingetroffen und hatten neue
Gäste gebracht, auch Deutsche darunter. Max Rathke saß fröh-
lich mit einem älteren seriösen Ehepaar und dessen entsprechen-
der Tochter zusammen; ein Anhängsel war auch noch dabeß
irgend ein alter Schwager oder so etwas. Die Lerrschaften
unterhielten sich lebhaft. Rathke erzählte mit Leidenschaft.
„Ia, bei uns zu Äause! — O. unsere Salzknochen sollten
Sie mal essen! —-Na, und unsere Suhler Klöße! So groß,
kann ich Ihnen sagen!" — Rathke schien gliicklich. Aus
dem erstickenden Einsamkeitssumpf war er emporgeklettert
an das liebliche Gestade gutbürgerlicher braver Geselligkeit.
Ein Bekanntwerden ließ sich in den nächsten Tagen
nicht vermeiden. Die Äerrschaften hießen Kunkel. Nentier
Kunkel mit Familie aus Celle; das Anhängsel war ein
Onkel Saalmann, auch aus Celle. Sehr biedere Leute.
Wie nett, hier Landsleute zu treffen, nicht wahr! Max
Rathke war glücklich. Kunkels aber nutzten zweifellos die
Situation aus, in der sich der unabhängige junge Mann
befand. Ihrer Biederkeit und Wohlanständigkeit tat das
natürlich keinen Abbruch. Das ist nun doch einmal nicht
anders, wenn man eine Tochter hat, die nicht besonders
schön und über den ersten Schmelz hinaus ist. Sie will
doch untergebracht werden. Sie muß untergebracht werdcn,
zum Donnerwetter! Max Rathke wurde in Freundschaft
und Vertraulichkeit eingewickelt. Die Distanzen schwanden
mehr und mehr. Ia, und kurz und gut: Zu Weihnachten
war Lerr Nathke zur Strecke gebracht: Fräulein Camilla
Kunkel aus Celle, Lerr Max Rathke aus Apolda, Verlobte.
Am Weihnachtsmorgen gratulicrte ich Lerrn Nathke
persönltch. Er schien selbst durch das plötzlich hcrein-
gebrochene Geschehnis etwas überrascht. „Nicht wahr,
schnell gegangen? Lätt' ich mir nicht träumen lassen, als
ich hierher fuhr. Onkel wird sich wundern."
Fast schien es, als ob Max Nathke ein wenig Angst
vor seinem Onkel hätte und ftark im Ziveifel wäre, ob
dieser sich sehr über die Verlobung freuen würde. Warum
sollte er auch? Der Bräutigam schien sich ja selbst nicht
mehr zu freuen. Er sah garnicht mehr so glücklich aus. Wenn
Briefe für ihn kamen, Briefe aus Apolda, steckte er sie
immer mit hastiger tlnlust in die Tasche. Vielleicht bestanden
da zu Lause irgend welche Beziehungen, die unter Amständen,
wenn Max Rathke nicht schnöde die Leimat verlaffen hätte,
zu einer ihn weniger überraschenden Verlobung gesührt
hätten.
Seine Stellung als Bräutigam wurde von der Familie
Kunkel allmählich sehr deutlich unterstrichen. Sammeln
durfte er auf den Spaziergängen nicht mehr. Keine Fliege
mchr durfte er fangen. Mama Kunkel war durchaus gegen
jedes derartige Getier. „Schrecklich ist das Viehzeug hier,"
hatte sie gesagt. „Das kann einem den ganzen Aufenthalt