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Zeitschrift für Humor und Kunst 25

— „Nu hör' doch schon auf, Aujust! Vorhin hast
du erzählt, du willst dich jetzt bessern, und nu
kannst dn nich' genug Aeppel stehlen."

— „Na, hast du nicht gelesen: reichlicher Obst-
genuß vermindert das Bedürsnis nach Alkohol."

Lueies Koffer

Von Peter Robinson

An jeden neuen Zustand
muß stch der Mensch ge-
wöhnen. Im Anfang an
das Leben, weshalb es be-
kanntlich mit Geschrei be-
grüßt wird. !lnd so geht
es weiter bis zum Tode.

Ob man sich an diesen letzten,
am beträchtlichsten in unsere
Gewohnheiten einschneiden-
den Zustand auch erst ge-
wöhnen muß, wissen wir
»icht.

Als der Amtsrichter
Dr. Arnold Legewald
Lucie, die einzige Tochter
des Lerrn KonsulCornelius
Klausemann und seiner
Gattin Sophie, geheiratet
und sich selbst dadurch zum
Range eines Ehemanns
erhoben hatte, war dies
zunächst auch ein zweifel-
los neuer Zustand sür ihn.

!lnd im ersten Lotel, in
dem das junge Paar auf
der Äochzeitsreise abstieg,
schrieb der Amtsrichter
demgemäß auf den ihm
vom Kellner gereichten An-
meldezettel auch nur seinen
eigenen Namen, Stand und
Titel: Llmtsrichter Dr.

Arnold Legewald, ohne
sich dessen bewußt zu wer-
den, daß dabei noch etwas
fehlte, nämlich die bessere
Äälfte. Der Kellner grinste,
als er die Tür hinter sich
geschlossen hatte, schrieb
eigenmächtig aus den Zettel
„und Frau" hinzu und
meinte verständnisvoll bei
sich: Na, er wird wohl noch
nicht so daran gewöhntsein.

Das wiederholte sich
unterwegs noch einige Ma-
le. Aber gegen Schluß der
Neise vergaß der junge
Ehemann den so wesent-
lichen Zusah nicht mehr, —
jetzt war er daran gewöhnt.

Frau Lucie Äegewald hin-
gegen hatte — außer beim
ersten und freilich wichtigsten Male, nämlich aufdem Standes-
amt — noch keine Gelegenheit gehabt, ihren neuen, durch
die Ehe erworbenen Namen niederzuschreiben. Sie hatte
ihn sich erst akustisch, nicht optisch, als handschriftlich fixiertes
Bild zu eigen gemacht. Das wäre nun nicht weiter schlimm
gewesen, wenn nicht die unergründliche Gemeinheit des
Zufalls oder die ebenso unergründliche Schlamperei der
Staatseisenbahn — man kann nach Belieben dem einen oder

der andern die Schuld zuschieben, aber die Staatseisenbahn
ist natürlich vorzuziehn, — wenn es sich also nicht gefügt
hätte, daß bei der Rückkunft von der Lochzeitsreise zwar
Äerrn Legewalds eigener Koffer gleichzeitig mit angelangt
war, der große Nohrplattenkoffer der jungen Gattin da-
gegen trotz alles Suchens nicht zu entdecken war.

„Er kommt nach, morgen mit dem ersten Zuge," er-
klärte der Oberbefehlshaber der Gepäckauslieferungsstelle,
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