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Meggendorfer-Blätter, München

Ersatz

— „Last d' net a weng Essig
reiben, Bader? Oder sonst
„An Essig hab i net.
tal's a Schmirgelpapier."

Der Garten des Glücks

Nahe an der böhmischen Grenze liegt ein Garten. Von
diesem Garten geht die Sage, daß drinnen das Glück wohne,
und wem es gelänge, hineinzukommen, dem wäre alles
Sehnen gestillt, und er könne das Glück mit den Länden fassen.

Ackerknecht oder Königssohn, das wäre gleich. And
das ist auch gerecht. Denn der Große bedarf des Glückes
gerade so gut wie der Kleine.

Aber eine Bedingung ist dabei. Natürlich auch!

Denn so leicht ist das Glück nicht zu erringen. Wäre
sonst kaum der Mühe wert.

Vor dem Garten ist uämlich ein eisernes Tor. Das
ist so hoch, daß es bis in die Wolken reicht, und so eng,
daß niemand hindurchschlüpfen kann. Nicht einmal ein
Schneidergeselle.

Neben dem Tore aber hängen Schlüssel. Wohl an
die hundert. Alle in einer Neihe nebeneinander. Goldene,
silberne, eiserne, kleine und große, glänzende und rostige.

Wer nun in den Garten will, muß genau die zwölste
Stunde abwarten. Beim ersten Glockenschlage muß er einen

Schlüssel ergreifen, von dem er denkt, daß
er passe» könnte, und muß ihn ins Schloß
stecken. Dreht sich der Schlüssel drin
herum, so hat er gewonnen Spiel. Dreht
er sich aber bis zum letzten Glockenschlage
nicht, so kriegt der Fiirwihige einen Stoß,
daß er drei gute Meilen weit davon-
sliegt.

Es haben's nun schon viele probiert,
so viele, daß man es gar nicht mehr
zählen kann.

Lieber Gott, es wäre doch so schön,
glücklich zu sein! Aber alle haben sie
sich bloß blaue Flecken geholt. Die
meisten von ihnen haben es gar nicht
eingestanden, weil sie sich der Stüber
geschämt haben. Gelungen war's aber
noch keinem, den rechten Schlüssel zu
erraten. Das heißt, bis vor etlichen
Iahren.

Da kam ein Wanderbursche mit
staubigen Schuhen und einer verschlisse-
nen, bunten Kappe auf dem Kopse. Aus
der Schule hatten sie ihn hinausgeschmis-
sen, weil sein Latein unter aller Kanone
rvar und er nicht einmal wußte, wie
lange der drsißigjährige Krieg gedauert
hatte.

Das war das schlimmste. Denn es
verstößt gegen die Majestät des Biis-
felns und zeugt von einer sträflichen
Wurschtigkeit. Sein Onkel Balthasar,
der im Preußischen reich begütert war,
zog seine Land gänzlich von dem unver-
besserlichen Taugenichts ab, und so sehte
der Bursche seine Kappe so schief als
möglich auf den Kopf und zog in die
Welt hinaus. Er ging den griinen
Bäumen und dem blauen Liimmel nach,
und das sind die besten Wegweiser, wenn
da zum Nach- einer kein Ziel hat und doch ein hüb-

'was scharf's?" sches Stück in der Welt herum kom-

Aber vielleicht men will.

And wahrhaftig, so war es ganz
unausbleiblich, daß der junge Vogel
auch an den Garten des Glückes kam. Er wußte natiirlich
nichts von dessen wunderbarer Bedeutung und war so in
seine Gedanken vertieft, daß er von dem eisernen Tore erst
etwas gewahr wurde, als er mit der Nase daran stieß.

„Lallo," dachte er, „hier ist die Welt alle!"

Als er aber sah, daß dies keineswegs der Fall war,
sondern hinter diesem ein schöner Garten einladend winkte,
driickte er auf die Klinke des Tores, machte es auf und
betrat durch dasselbe den geheimnisvollen Garten, als wenn
er zu seiner Tante auf Besuch gegangen wäre.

Nein sowas!

Das Tor war gar nicht verschloffen gewesen!

Wer das doch friiher gcwußt hätte! Aberso geht es,wenn
man lange nach dem Schlüssel zum Tore des Gliickes ssucht.

C. A. Lennig

Amtseinführung

— „ . . . Noch eines, junger Freund: Lehnen Sie nie eine
Arbeit ab, — nehmen Sie jede an, — und suchen Sie sich
dann einen, der sie Ihnen macht!"

Onpvr-i'Llit 1914 dz' .7. f?. k>t'!lr6ib6r
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