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Meggendorfer-Blätter, München



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Weiblich Vater: „Lör' mal, Rosa, warum erzählst du deinen Freundinnen, daß ihr eine

Lochzeitsreise nach Italien unternähmt? Daraus kann keinesfalls etwas werden!"
— „Eben darum, lieber Papa!... Kann ich nicht nachher beneidet werden, so will ich
vorher beneidet werden . . . !"

Das Gebiß

Auf solchen Speck muß man beißen kräftig beißen, daß man
all den wunderbaren Salz- und Rauchgeschmack herauspreßt.

Friebrich Dörcks Gedanken gingen in engen Kreisen,
und vorh n der Anblick jener doppelten Zahnreihe hatte
sofort die Vorstellung von Räucherspeck in ihm erweckt, und
aus dem Zusammenhalten von Zähnen und Räucherspeck
erwuchs ihm jetzt der Traum einer wunderbaren Genuß-
möglichkeit. Also so etwas gab es, solche Zähne, die man
ein ach in den Mund steckte, wenn man essen wollte, —
ganz einfach, wie man sein Messer aus der Tasche zieht,
wenn man sich em Stück Brot abschneiden will Denn über
die Landhabung oder vielmehr Munvhab mg des Kauavpa-
rats war er sich w'vrt klar gewesen; es war ganz sicher,
daß die Besitzerin ihn dort nur für die Nacht aufbewahrt
hatte und am Tage ohne weit re Schwierigkeit benutzte.
Freilich, von falschen Zäbnen hatte er schon früher etwas
gehört, aber eine ähnliche Vorstellung davon gehabt wie
von künstlichen Beinen und Glasaugen und gewaitsamen
Emoriffen in den menschlichen Körper. And nun stellte sich
die Sache als so einfach, w jedem Meuschen zugänglich
hcraus. We m er Friedrich Dörcks, so ein Ding beiäße
und es n die eere Mundhöhle steckte, dann könnte er ganz
frö.,lich darauf lo-> tauen, — eine ganze Schnitte Speck
würde ihm nicht zuviel sein.

Am Vormittag schlich er am Strande umher, bis er
die beiden alren Damen traf, die bei Baalke wohnten. Er
wollte herausfinden, welche wohl die Zähne trüge. Zuerst
belästigte er sie durch seine Gegenwart und hartnäckiges,
den Betroffenen durch scheinbare Zwecklosigkeit b'ödsinnig
vorkommendes Anstarren, dann aber zeigte er sich als feiner
Diplomat. Zwei kleine Iungen prügelten sich; die Damen
lachten bei der Kampffzene und darauf schürte Dörcks als
hinterlistig neutrale Macht. die den Vorte l aus dem Streit
ziehn will, durch ein Paar aufmunternde Bemerkungen den
Eifer der Parkeien, damit die Damen recht lachen sollten.
Denn es war klar, daß er dann ihre Zähne besser sehn
konnte. Schließlich entschied er die Frage zu gunsten der
Dame mit dem Löhrrohr; wenn die lachte, war nämlich
auch das Zahnfleisch zu whn. Er war enttäuscht; eine kühne
Frage hatte er wagen wollen, aber an die schmerhörige
Dame traute er sich doch nicht heran. Eine ganz unklare
Aeberlegung sagte ihm, daß die Dame es übel nehmen wü.de,
wenn er sie öffentlich anbrüllte: „Madamche, wo kriegt man
folche Zähne her wie Zhnen ihre?" And doch hätte er das
gar zu gern gewußt. Denn mittlerweile war aus der bloßen
freudigen Erkennlnis von der Existenz jener nützlichen Appa-
rate auch schon der Wunsch nach Besitz geworden, und
dieser Wunsch war um so stärker. als der alte Dörcks eigent-
lich seit zwanzig Iahren sich nichts mehr gewünscht hatte.
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