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Meggendorfer-Blätter, München

Stilleben

„Das ist aber wirklich nett von Ihnen, Frau Salo-
inon/' lobte sie Lerr Pinkert. „Was kostet sie denn?"

„Ienun, Lerr Pinkert," meinte Frau Salomon,
„die Fabrik zahlt mir drei Mark pro Stück dasür,
aber weil Sie ein so guter und fleißiger Kunde sind,
so will ich nichts dasür nehmen."

„Aber beste Frau Salomon," protestierte Lerr
Pinkert entrüstet und schob den Geldbeutel langsam
wieder in die Tasche, „das geht doch nicht."

„Empfehlen Sie mich dafür in Ihrem Bekannten-
kreise," bat Frau Salomon.

„Aber selbstverständlich," beleuerte Äerr Pinkert
und langte nach der Kassette. Dann betrachteke er
fle mit prüsenden Blicken eine Weile, drehte sie um
und um nnd stellte sie endlich wieder auf den Ladentisch.

„Äören Sie, Frau Salomon," sprach er, „das
Ding ist ja wunderhübsch. Aber so, wie die Kiste
ist, kann mau ste doch nicht gut in einer besseren !lm-
gebung aufstellen. Nicht wahr, das sehen' Sie doch
ein? Vielleicht laffen Sie mir sie polieren. Lell-
braun, wenn ich bitten darf. Ich bin ja doch auch
ein so guter Kunde!"

Der gute Kunde.

„Iawohl, ganz recht, Lerr Pinkert," stimmtei Frau
Salomon bei.

„Man könnte da so allerhand hineintun. Ansichts-
karten, Kragenknöpfe, Federn, auch Geld, wenn es sein
müßte. Denn die Kassette hat ja ein wirkliches Schloß."

„Sie ist auch von seiten des Fabrikanten als Reklame-
präsent an den Käufer gedacht, Lerr Pinkert."

„Natürlich,FrauSalomon. In dieserBeziehung sind die
Fabrikanten nobel. Aber sagen Sie 'mal, Frau Salomon,
wenn Sie nun die Kiste im ganzen nicht an den Manu
bringen, sondern nur die kleineren Päckchen verkaufen, so
behalten Sie doch endlich die leere Kiste zurück. Labe
ich nicht recht?"

„Es wird wahrscheinlich so werden," sagte Frau
Salomon mit einem krampfhaften Lächeln. „Ich gebe sie
alsdann der Fabrik gegen eine angemessene Vergütung
zurück."

„Das wäre jammerschade!" wars Lerr Pinkert ein.
„Nein, Frau Salomon, das gibt's nicht. Wiffen Siewas?
Sie heben mir die Kiste auf, wenn sie leer ist, und die
Enrschädigung, die Ihnen der Fabrikant zahlt, zahle ich
Ihnen auch. Mir als gutem Kunden dürfen Sie schon ein
wenig entgegenkommen."

Das Feuer in den Schuhen trieb der Frau Salomon
allmählich den Schweiß auf die Stirn.

„Gewiß, gewiß, Lerr Pinkert, gern tue ich das,"
sagte sie hastig. „Vielleicht kommen Sie nach Neujahr
wieder einmal nachfragen."

llnd piinktlich nach Neujahr kam Lerr Pinkert wieder,
kaufte sein Exquisit-Sortiment — sieben Stück zu zwanzig
mit drsi Papierspitzen und fragte nach derKiste. Das
Portemonnaie behielt er in der Land.

„Ich habe sie Ihnen aufgehoben, Lerr Pinkert,"
sagte Frau Salomon, ging in einen Nebenraum und
kam mit der schönen Zedernholzkiste zurück.

Praktischer Zweck — „Das Klavierspielen ist doch

etwas zu Dummes!"

— „Ach, es ist doch gauz fein.
Wenn jeyt Weihnachten ist oder
Geburtstag, da spiel ich immer
bloß was vor, da brauch ich keine
dummenLandarbeitenzumachen."
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