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>S) Meggendorfer-Blätter, München
^I)
Ging je ein Iahr, in öem nicht bittres Leiü
Der kranken Nenschheit Herz mit Trauer füllte;
War je so freud- und frieövoll eine Zeit,
Daß allen Schmerz sie, alles Sehnen stillte?
War öamals nicht, als hell aus lichter Höh'
Derheißungsvoll erstrahlte neues Hoffen,
So groß öie Not, so tief ein Nenschenweh,
So schwer von Seelenpein öie Welt betroffen?
Unö gilt nicht heut, was einst erhob öas Herz?
Ist's heute nicht, wie öamals uns beschieöen:
So tief öie Not, so hoch von himmelwärts
Der Weihnachtssegen unö öer Weihnachtsfrieöenl
Drum sei vergessen öenn für kurze Zeit,
Was uns öen weihevollen Tag will stören,
llnü wie ein Grüßen aus öer Gwigkeit,
So wollen wir öie frohe Botschaft hören:
's ist Weihnachtl
Die Bescherung
§riede auf Lrden
Ist auch öie Welt in Blut unö Kampf getaucht;
Tobt Schrecken auch unö Kriegslärm allerorten,
Gb schwelenö auch so manche Hütte raucht
llnö weit geöffnet sinö öes Toöes Pforten,
Gb auch öer Branö uns rings umlohen mag,
Steht blutig rot öer Himmel aucb in Gluten,
Gb öeutsche Herzen Lirch. mit wehem Schlag
Aus abertausenö tiesen Wunöen bluten;
Gb auch öie schwerste Prüfung öas Geschick,
Nns seine öornenvollsten Leiöen senöet,
Vb zag unö gramvoll auch so mancher Blick
Sich in -as ungewisse Morgen wenöet,
's ist Weihnachtl
Die Zinnsoldaten
Onkel Albert hat zwei Brüder und
zwei Schwestern, und jeder Bruder und
jede Schwester hat drei Iungen. Das
macht für Onkel Albert also zwölf Nef-
fen, die alle zu Weihnachten beschenkt
fein wollen. Das tut Onkel Albert auch
und immer recht anständig.
DennOnkelAlbertist nicht geizig. Aber
er hat eine Leidenschaft dafür, billige oder
wenigstens anscheinend billige Gelegen-
heiten zu seinen Einkäusen zu benützen.
Auf allen Auktionen ist er zu finden.
Dieses Iahr ging, so ungefähr seit
dem l2. Dezember, eine merkwürdige
Veränderung mit Onkel Albert vor.
Eine betrllbende Veränderung. Blaß
wurde er, und den ganzen Tag gähnte
er und sah nach Mangel an Schlaf aus.
Schließlich erkundigte ich mich. „Du
bist doch nicht krank, Onkel Albert?
Was fehlt dir denn?"
Da verriet er's mir. „Ich hab' diesmal die Weihnachts-
geschenke für meine zwölf Neffen zu srüh eingekaust. Im
Iuli schon. Damals gab es eine Auktion in einem Spiel-
warenladen, nnd da hab' ich Zinnsoldaten sür die Iungen
gekauft, für jeden zwölf Dutzend. Denn Zinnsoldaten wirken
natürlich hauptsächlich durch Menge. Eine Armee muß
doch stark sein, nicht wahr?
Also, ich hab' alle die Zinnsoldaten zu Äause schön
beiseite gepackt. Aber da, wie Weihnachtcn näher kam,
da siel's mir auf einmal ein: Lerrgott, jetzt kannst du den
Iungen die Soldaten, so wie sie sind, gar nicht mehr schen-
ken. Was hab' ich tun müssen? Ieden Abend, wenn ich aus
dem Bureau kam, hab' ich mich hinsetzen müffen und die
Zinnsoldaten seldgrau anstreichen, — ganze 1728 Stiick!"
Auch ein Held — „In Antwerpen haben sie vier
hundert Autos erbeutet, und hier ist kein einziges zu finden!"
Oop^ri^bt 1914 bz- b'. Sebrsiber
>S) Meggendorfer-Blätter, München
^I)
Ging je ein Iahr, in öem nicht bittres Leiü
Der kranken Nenschheit Herz mit Trauer füllte;
War je so freud- und frieövoll eine Zeit,
Daß allen Schmerz sie, alles Sehnen stillte?
War öamals nicht, als hell aus lichter Höh'
Derheißungsvoll erstrahlte neues Hoffen,
So groß öie Not, so tief ein Nenschenweh,
So schwer von Seelenpein öie Welt betroffen?
Unö gilt nicht heut, was einst erhob öas Herz?
Ist's heute nicht, wie öamals uns beschieöen:
So tief öie Not, so hoch von himmelwärts
Der Weihnachtssegen unö öer Weihnachtsfrieöenl
Drum sei vergessen öenn für kurze Zeit,
Was uns öen weihevollen Tag will stören,
llnü wie ein Grüßen aus öer Gwigkeit,
So wollen wir öie frohe Botschaft hören:
's ist Weihnachtl
Die Bescherung
§riede auf Lrden
Ist auch öie Welt in Blut unö Kampf getaucht;
Tobt Schrecken auch unö Kriegslärm allerorten,
Gb schwelenö auch so manche Hütte raucht
llnö weit geöffnet sinö öes Toöes Pforten,
Gb auch öer Branö uns rings umlohen mag,
Steht blutig rot öer Himmel aucb in Gluten,
Gb öeutsche Herzen Lirch. mit wehem Schlag
Aus abertausenö tiesen Wunöen bluten;
Gb auch öie schwerste Prüfung öas Geschick,
Nns seine öornenvollsten Leiöen senöet,
Vb zag unö gramvoll auch so mancher Blick
Sich in -as ungewisse Morgen wenöet,
's ist Weihnachtl
Die Zinnsoldaten
Onkel Albert hat zwei Brüder und
zwei Schwestern, und jeder Bruder und
jede Schwester hat drei Iungen. Das
macht für Onkel Albert also zwölf Nef-
fen, die alle zu Weihnachten beschenkt
fein wollen. Das tut Onkel Albert auch
und immer recht anständig.
DennOnkelAlbertist nicht geizig. Aber
er hat eine Leidenschaft dafür, billige oder
wenigstens anscheinend billige Gelegen-
heiten zu seinen Einkäusen zu benützen.
Auf allen Auktionen ist er zu finden.
Dieses Iahr ging, so ungefähr seit
dem l2. Dezember, eine merkwürdige
Veränderung mit Onkel Albert vor.
Eine betrllbende Veränderung. Blaß
wurde er, und den ganzen Tag gähnte
er und sah nach Mangel an Schlaf aus.
Schließlich erkundigte ich mich. „Du
bist doch nicht krank, Onkel Albert?
Was fehlt dir denn?"
Da verriet er's mir. „Ich hab' diesmal die Weihnachts-
geschenke für meine zwölf Neffen zu srüh eingekaust. Im
Iuli schon. Damals gab es eine Auktion in einem Spiel-
warenladen, nnd da hab' ich Zinnsoldaten sür die Iungen
gekauft, für jeden zwölf Dutzend. Denn Zinnsoldaten wirken
natürlich hauptsächlich durch Menge. Eine Armee muß
doch stark sein, nicht wahr?
Also, ich hab' alle die Zinnsoldaten zu Äause schön
beiseite gepackt. Aber da, wie Weihnachtcn näher kam,
da siel's mir auf einmal ein: Lerrgott, jetzt kannst du den
Iungen die Soldaten, so wie sie sind, gar nicht mehr schen-
ken. Was hab' ich tun müssen? Ieden Abend, wenn ich aus
dem Bureau kam, hab' ich mich hinsetzen müffen und die
Zinnsoldaten seldgrau anstreichen, — ganze 1728 Stiick!"
Auch ein Held — „In Antwerpen haben sie vier
hundert Autos erbeutet, und hier ist kein einziges zu finden!"
Oop^ri^bt 1914 bz- b'. Sebrsiber