Zeitschrist für Humor und Kunst <Z<
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Mutter Wiebkes Mühe
da war es gerade der erste
August. Sie baute den ganzen
Reichtum auf den Tisch auf,
fetzte sich davor und schaute
die schöne Wäsche mit Stolz
an. Da kam der Lans zur
Türe herein und sah aus. als
wiißte er nicht, ob er lachen
oder weinen sollte, als ob ihn
etwas hob und etwas anderes
ihn drückte. Ia, nun wäre
es doch dahin gekommen. und
übermorgen müßte er fort,
sich in Kiel zu stellen.
Fine stieß vor Schreck an
den Wäschestapel, daß er kläg-
lich zusammenfiel. „All wieder
umsonstl" sagte Mutter Wieb-
ke. Das hatte sie ja so genau
gewußt. Wahrhaftig, Mutter
Wiebke war der felsenfesten
Aeberzeugung: nur weil Fine
ihre Wäsche genäht hatte,
einzig und allein war deshalb
der Krieg gekommen. Fine
war schuld daran. -- Loffent-
lich bekommt dies aber nie-
mand in England zu wissen:
sonst haben sie dort einen
Beweis mehr, daß es eben
doch die Deutschen gewesen
sind, die die böse Geschichte
eingerührt haben.-
Lans Karsten wollte nun
nalürlich getraut werden.
Gleich am nächsten Tage, wie
das so zu Kriegszeiten ist.
Na, und die Fine sagte nicht
nein dazu. Aber jetzt hatte
Mutter Wiebke das Wort.
Wie, wvllten sie etwa dem
Standesbeamten die Arbeit Weihnachtsabend
umsonst machen? Keine Rede
davon: gewartet wurde, bis
der Lans gesund — oder
wenigstens lebendig — wieder
da war. Glücklicherweise war die Fine erst zwanzig
Iahre alt, da konnte sie nicht so ohne weiteres auss
Standesamt laufen, da mußte erst die Mutter den Schein
unterschreiben. Lans Karsten hatte ihn sogar schon in der
Tasche. Aber Mutter Wiebke unterschrieb nicht. Nein,
eher konnten sie ihr die Land abhacken! — Das war eine
kräftige Versicherung, aber eine unlogische, denn wenn sie
Mutter Wiebke wirklich die Land abgehauen hätten, dann
hätte sie ja erst recht nicht unterschreiben können.-
Da half also alles nichts. Lans Karsten mußte nach
Kiel abfahren, und die Fine blieb als Fine Wiebke zurück
und nicht als Fine Karsten. „Lab' keine Angst, mein
Tochter; er kommc wieder zurück," tröstete die Mutler.
Denn jetzt, nachdem sie die Trauung glücklich verhindert
hatte, schien ihr das nicht mehr so aussichtslos. Freilich,
freilich — noch mancherlei Borsicht mußte beobachtet werden,
daß nicht das Schicksal doch noch das Maul aufriß; ja
nicht durfte es darauf ausmerksam gemacht werden, daß
Vater: „Nein, wie doch die Töchter herangewachsen
sind; jetzt fängt meine Iüngste auch schon an stch zu
verloben."
da eine Beute am Wege war. Eingeschläfert hatte man
es schon, aber damit es auch recht fest schlief, durfte man
sich jeyt ja nicht regen.
Fine wollte natürlich dem Lans, der in Kiel warten
und immer noch warten mußte, daß er zu nützlichem Tun
losgelassen würde, dies und jenes zum Trost, zur Stärkung
und zur Erwärmung schicken. „Laß' sein, mein Tochter,"
riet die Mutter; „er hat ja alles, was er braucht." Was
sie dabei sich dachte, sagte sie der Fine, die schon ängstlich
genug herumlief, lieber nicht. Solche Pakete, die man da
hinausschickt, machen doch manche Mühe, und auch die
Post hat ihre Mühe, sie ans Ziel zu bringen, — und
wenn sie dann ans Ziel kommen, ja, dann mag die Mühe
all wieder umsonst gewesen sein.
Fine aber war nicht so weise und hatte von solcher
Narkotisierung des Schicksals keine Ahnung: sie machte
doch ein Paketchen zurecht und dann noch ein zweites.
Multer Wiebke verhielt sich klug. Sie nickte: „Na, is'