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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 21.1895 (Nr. 223-235)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16559#0024
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20

INeggendorfers Humoristische Biätter.


stille, der Abt erhob seine Stimme und ließ sich Habit und
Gürtel reicheu, um den jungen Mönch damit zu kleiden. Der
aber schlug mit einemmale seine Augen aus und streckte ängst-
lich wehrend beide ksände aus, um das schwarze Gewand von
sich ferne zu halten und rief so hell und laut, daß es wie
Rirchenxosaunenschall durch das weite Lseiligtum klang: „Nein,
nein, ich will eure schwarze Autte nicht und ich werde kein
Mönch und will hinaus in die N)eltl" Da ließ der Abt die
geistliche Gewandung jählings fallen und all die dienenden
Brüder und die knienden lNönche fuhren auf wie von böser
versuchung gestochen. — „G wehe, wehe armer Iunge," rief
der Abt und riefen mit ihm die geistlichen Brüder und er nahm
den bebenden Iüngling zitternd beim Arm und schob ihn zum
Lhore hinaus und spräch: „fort und hinaus mit dir und unser
lsaus sei nimmer das deine, du dämonengehetzte Seele."

ksinter ihm her folgte raschen Schrittes der Bruder pförtner

und da sich Gottlieb sein Aäpxchen herunter geholt und des
seligen Vaters lvanderstab, schloß der Thürwächter die knar-
rende pforte auf und da sah ihm der arme Gottlieb noch ein-
mal ins zornesfaltige Gesicht und fragte zagend: „aber wo soll
ich nun hin?"

„Geh' zum Knckuckl" schric der graue Bruder und schlug
hinter dem erschrockenen Jünger klappernd die Thüre ins
rostige Schloß.

Und wie er draußen stand, der verlassene Sünder in Gottes
freier Natur, da hatte er all die sröhliche lVeltlust und das
lVandern vergessen mit einemmale und es war ihm wie einem
käfiggewohnten Vögelein, das entsiogen und das sich da draußen
fchier nicht ausfinden kann und kein lustiges Fllegen zu wagen
traut.

(Schluß folgt).

Dle Schnurrbartbmde.

"V^itter veit vom Schieferstein

Nannt' den größten Schnurrbart sein.
lVeg steht einzeln jedes Lsaar,
lVeil es nicht zu bänd'gen war.

Alles hat er schon versucht,

Gar nichts hat bis jetzt gefrucht't,
Aosmetik, s)ech und Bartwichs
lvar umsonst — 's nützt alles nix!
„Aruzineser, Sakertiel"

Brummt er: „Zwing ich dich denn niel?"

Flüchtig legt er sich ins Bett,

Aber schlafen kann er net.

D' Abendzeitung nimmt er sich,
Schnüffelnd rum so unterm Strich,
Liest dann die Annoncen drauf —
llnd da schreit er plötzlich auf:

„Laufl Der Stangerl macht bekannt,
Daß er was für Bärt' erfand,

Die nicht gut zu bänd'gen sind,
Sepperl schick dich, lauf geschwindl"

Und der Rnappe rast hinab,

Bringt dann heim in eil'gem Trab
Line Binde mit zwei Ring,

Und der Ritter braucht das Ding.

Iesses aber in der Fruh
Geht's am Schieferstein dir zu:
prachtvoll ist der Schnurrbart wor'n
Aber — weg steh'n jetzt die Ghr'nl

Th. M.

Redaktion: Nax Schreiber. Druck und Verlag von I. F. Schreiber, beide in Eßlingen bei Stuttgart.

Geschäftsstelle in München: Cornrliusstvatze 19.
 
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