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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 21.1895 (Nr. 223-235)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16559#0044
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Aleggendorfers hurnoristische Biätter.



mußte einem Ritter von ungewöhnlich kräftigein Gliederbau
angchört haben. Lsoch überragte der wallende Federbusch die
bselmspitzen der benachbarten pauzer, die schweren Lisenhand-
schutze waren aus ein Schlachtschwert von erstaunlicher Läuge
und Breite gestützt.

Bewundernd trat 5öaver nätzer. Unwillkürlich reckte er sich
zu seiner ganzen ksöhe aus und ein Gefühl sreudiger Genug-
ttzuung durchströmte seine Brust bei der wahrnehmung, daß er
jenem längst vermoderten Recken an Körxergröße nicht nachstand.

Aber dieses Schwert — dieses Schwertl

„Muß ich sich xrobieren, ob kann ich auch das schwingen."

Und Grenadier Aaver Grochowski sah sich in seiner lebhaft
angeregten j)hantasie im Sattel als kühuer Ritter — in den
dichtesten Feindeshausen sprengte er hinein — sausend fuhr die
gewaltige Alinge durch die Lust, um mit unwiderstehlicher Ge-
walt auf den Gegner niederzufallen — daß es krachte und prasselte.

Line Rüstung krachte und prasselte in diesem Momente
thatsächlich, aber sie gehörte keinem grimmigen Gegner an.
T>es stützenden Schwertes beraubt, hatte das alte, morsche ksolz-
gestell die schwere Last nicht zu tragen vermocht — in seine
einzelnen Bestandteile auseinandergefallen, lag das alte, stählerne
Ritterkleid zu Tavers Füßen, klirrend rollte der Lselm über den
Fußboden.

Verblüfft stand Grochowski da.

„G, je — o, je — is sich dummes Geschichte das."

Die Rameraden eilten herzu.

„Unglücksmensch, was hast Du denn wieder angerichlet I"

Grenadier Gro-
chowski kratzte sich
mit der kinken — die
Rechte hielt noch im-
mer das Ritterschwert
krampfhaft umfaßt—
hinterm Ghr.

„Is sich Rüstung
umgefallen — ganz
von alleine."

Lin herzhaftes,
allseitiges Gelächter
ertönte. Aberdielaute
Lfeiterkeitsollteschnell
einen Dämpfer er-
halten.

„Lferr des Lfim-
mels," rief plötzlich
GrenadierRnopf,wel.
cher zufällig durch das
Fe»stergeschaut,„dort
kommt der Lferr Ma-
jor und mehrere Gf-
fiziere in Begleitung
des Gutsherrn über
den lfof — geradezu
aufdasjdortal.Aeinen
Zweifel, der Schloß-
herr will seinen Gäs-
ten die Ahnengallerie
zeigen. N)ir wollen
leise verduften."

Lin anderer
schüttelte den Kopf.

„Das geht nicht
— wir können die

I ltko^

Rüstung nicht so liegen lassen. Dann hieße es uatürlich gleich.
wir hätten wie Barbaren hier gehaust — wir bereiteten
dadurch unseren Gffizieren eine verlegenheit. Die Rüstung muß
schleunigst wieder aufgebaut werden."

„Aber schau doch, das Traggestell ist ja total zcrbrochen,
in die Luft können wir doch die schweren Tisen- und 5tahl-
stücke nicht hängen."

In den Augen Anopf's blitzte es lustig auf.

„Ls bleibt natürlich nur ein rettender Ausweg," sprach cr
mit großer Bestimmtheit. „Iemand von uns muß die Riistung
schleunigst anlegen — und daß dieser jemand nur Grochowski
sein kann, ist klar. Lrstens hat er an dem Unheil Schuld uud
zweitens eignet sich bezüglich Länge und Breite kein zweiter
zu der Rolle. Also zugegriffen I"

Die Gesichter der Grenadiere erstrahlten. V, wenn es einen
Ulk galt, stand keiner zurück — und dies war ja ein Aaxitalspaß.

Nur Grochowski blickte mit entgeisterten Augen auf die
Aameraden.

„lVa—was sagt er? — soll ich in diese altes Lisen kriechen?"

Da fühlte er sich bereits von zehn Lsänden gexackt --- die
einen legten den schweren Ljarnisch um seine Brust, andere be-
festigten Arm- und Beinschienen, jetzt wurden ihm die Lfände
in die ungefügen Ljandschuhe gewürgt und schließlich mit dein
Aufsetzen des Ljelmes das lVerk gekrönt.

Grochowski ließ alles in willenloser Resignation über sich
ergehen, er stand da wie eine Statue. (Lchluh foigy.

Die echte (Lva.

„Liebe Lina, was hat Dir denn Dein
Mann zu seinem Geburtstag ge-
schenkt?"


Redaktion: Max Schreiber. Druck und Verlag von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.

Geschäftsstelle in München: Corneliusstraste 19.
 
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