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TNeggendorfers Hurnoristische Blätter.
Lakonisch.
Aaoul öer AetLer.
Humoreske von hugo Marotzke. (Schluß.)
nopf hantierte mit Feuereifer und bewunderungswerter
Geschicklichkeit.
„Lsier, Grochowski, das Schwert, Du weißt ja, wie es zu
halten ist. Ihr andern entfernt die Trüinmer des Gestelles.
Donnerwetter da liegen ja noch die Lisenschiche — allein wir
haben keine Zeit mchr, ihin dieselben anzuziehen. Uergeßt nicht,
die alten Fußbekleidungsstücke einstweilen auch niitzunehnien —
die Geschichte sieht zwar etwas bedenklich aus, doch ist da weiter
»ichts zu machen. Gelt l — lchtte beinah vergessen, das visier
herunterzulassen — so. Daß Du Dich nicht rührst, Grochowski,
solange die Lserren im Saale sind. wir kommen nachher, Dich
von dem Lisenröcklein zu befreien. Bis dahin viel vergnügen
— und jetzt dort zu der Seitenthür hinaus — ich höre bereits
Säbelgerassel im Rorridore."
Da stand nun Grenadier Faver Grochowski in einer Art
Betäubung. Vor einer viertelstunde hatte er sich in eine Rüstung
hineingesehnt, wie schnell sich doch sein Wunsch erfülltel Allein
von den stolzen und erhebenden Lmpsindungen verspürte er
nichts in seiner Brust — nur ein schmerzhaftes Drücken — eine
Atem raubende Beengung am ganzen Aörper.
vorn in dem langgestreckten Saale wurden Stimmen hörbar,
der Gutsherr war mit seinen Gästen eingetreten. Zn liebens-
würdigster weise spielte der Gutsherr den Führer. Bald
machte er die Gfsiziere auf dieses — bald auf jenes besonders
merkwürdige Stück ausmerksam — auch sparte er nicht seine
worte, wenn es galt, die Ruhmesthaten einss oder des anderen
seiner vorfahren ans Licht zu ziehen.
„wetter noch einmal, Lserr Marquis, wem gehörte denn
diese gewaltige Rüstung einst?" fragte näher tretend der Major.
Ralter Angstschweiß brach Grochowski aus, als er nun alle
Blicke auch auf sich gerichtet sah.
Der Marquis betrachtete liebevoll das vielbewunderte Schau-
spiel seines Ahnensaales.
„Diesen Lsarnisch trug mein tapferer vorfahre Raoul äs
I^apior, welcher seinen Fürsten mit Lebengefahr aus dichtem
Feindeshaufen herausgehauen hat und dafür von dem Geret-
teten königlich geehrt und belohnt worden ist. G, wenn ich die
Rüstung ansehe, steigt des gewaltigen Ritters Bild mit solcher
Lebendigkeit vor meinen geistigen Augen aus — daß ich manch-
mal glaube, er müsse auf mich zutreten."
Line sanfte Rührung hatte sich des alten Herrn be-
mächtigt. Aufmerksam lauschten die andern seinen begeisterten
Schilderungen von dem kselden Raoul.
„Die Fußbekleidungsstücke der Ausrüstung gehören doch
wohl einer späteren Lpoche an, Ljerr blupier?" fragte plötzlich
Lieutenant von Schlimbach, „befände ich mich nicht im Ahnen-
saale, ich würde glauben, ein j)aar preußische Lommisstieseln
vor mir zu sehen."
Der Gutsherr warf dem jungen Gffizier einen vernichtenden
Blick zu. wollte derselbe ihn verspotten? Dann aber schaute
er doch aufmerksam nach der bezeichneten Stelle.
„Allerdings, kserr Lieutenant, Sie haben Recht," wollte der
Major gerade sagen, doch die worte blieben ihm in der Rehle
stecken.
„Trara l — traral" schmetterte es jählings von draußen
herein — das Allarmsignall
Die Vffiziere stürzten nach dem Ausgange, so schnell sie
konnten. Und nun ereignete sich vor den Augen des Zu-
rückbleibenden etwas Ungeheures.
In die starre, tote Rüstung kam Leben und Bewegung und
gleich der jdosaune des jüngsten Gerichtes tönte es in des Schloß-
herrn Ghr:
„G, jeh — o, weh I — is sich das Allarm — muß sich hin!"
Der Gutsherr äs Aupisr lehnte sich bleich wie der Tod gegen
die wand, mit gesträubten kjaaren sah er, wie Ritter Rauol
gleich einem Rasenden im Saale umherrannte und die verzweif-
lungsvollsten Ansirengungen machte, sich der Rüstung zu entle-
digen.
Abermals tönte es dumpf hinter dem visier hervor: „Rnopf
— Müller — kjertzberg — ksilfe, ksilfe I — kann ich sich nich
allein ausziehen."
Ietzt kam der gespenstige Ritter gar direkt auf den alten
Franzosen zugeslürzt.
„pani — mir helfenl"
Da hielt den Gutsherr nichts länger — mit einem Schrei
des Lntsetzens floh er hinaus — als hätte er ein kseer von
Furien hinter sich.
Gellend ertönte von neuem das Allarmsignal, Grochowski
sah die Rameraden in voller Ausrüstung über den Schloßhof
eilen.
„Muß ich auch hin — is sich egal wiel" stöhnte er ent-
schlossen. —
Ls war kein Feind, welcher überraschend in das Dorf ge-
drungen. Lrzellenz von Degenfeld, der Divisionskommandeur,
hatte der Rrieger behagliche Ruhe durch sein Lrscheinen gestört
— um das Bataillon zu inspizieren.
In Begleitung des Regimentskommandeurs hielt er mitten
auf dem Dorfplatze, die Lntwickelung der Dinge abwartend.
Der kserr General war nicht guter Laune. Lr hatte in
den bisher inspizierten Rantonnements verdruß gehabt, es wollte
nicht so recht „klappen".
TNeggendorfers Hurnoristische Blätter.
Lakonisch.
Aaoul öer AetLer.
Humoreske von hugo Marotzke. (Schluß.)
nopf hantierte mit Feuereifer und bewunderungswerter
Geschicklichkeit.
„Lsier, Grochowski, das Schwert, Du weißt ja, wie es zu
halten ist. Ihr andern entfernt die Trüinmer des Gestelles.
Donnerwetter da liegen ja noch die Lisenschiche — allein wir
haben keine Zeit mchr, ihin dieselben anzuziehen. Uergeßt nicht,
die alten Fußbekleidungsstücke einstweilen auch niitzunehnien —
die Geschichte sieht zwar etwas bedenklich aus, doch ist da weiter
»ichts zu machen. Gelt l — lchtte beinah vergessen, das visier
herunterzulassen — so. Daß Du Dich nicht rührst, Grochowski,
solange die Lserren im Saale sind. wir kommen nachher, Dich
von dem Lisenröcklein zu befreien. Bis dahin viel vergnügen
— und jetzt dort zu der Seitenthür hinaus — ich höre bereits
Säbelgerassel im Rorridore."
Da stand nun Grenadier Faver Grochowski in einer Art
Betäubung. Vor einer viertelstunde hatte er sich in eine Rüstung
hineingesehnt, wie schnell sich doch sein Wunsch erfülltel Allein
von den stolzen und erhebenden Lmpsindungen verspürte er
nichts in seiner Brust — nur ein schmerzhaftes Drücken — eine
Atem raubende Beengung am ganzen Aörper.
vorn in dem langgestreckten Saale wurden Stimmen hörbar,
der Gutsherr war mit seinen Gästen eingetreten. Zn liebens-
würdigster weise spielte der Gutsherr den Führer. Bald
machte er die Gfsiziere auf dieses — bald auf jenes besonders
merkwürdige Stück ausmerksam — auch sparte er nicht seine
worte, wenn es galt, die Ruhmesthaten einss oder des anderen
seiner vorfahren ans Licht zu ziehen.
„wetter noch einmal, Lserr Marquis, wem gehörte denn
diese gewaltige Rüstung einst?" fragte näher tretend der Major.
Ralter Angstschweiß brach Grochowski aus, als er nun alle
Blicke auch auf sich gerichtet sah.
Der Marquis betrachtete liebevoll das vielbewunderte Schau-
spiel seines Ahnensaales.
„Diesen Lsarnisch trug mein tapferer vorfahre Raoul äs
I^apior, welcher seinen Fürsten mit Lebengefahr aus dichtem
Feindeshaufen herausgehauen hat und dafür von dem Geret-
teten königlich geehrt und belohnt worden ist. G, wenn ich die
Rüstung ansehe, steigt des gewaltigen Ritters Bild mit solcher
Lebendigkeit vor meinen geistigen Augen aus — daß ich manch-
mal glaube, er müsse auf mich zutreten."
Line sanfte Rührung hatte sich des alten Herrn be-
mächtigt. Aufmerksam lauschten die andern seinen begeisterten
Schilderungen von dem kselden Raoul.
„Die Fußbekleidungsstücke der Ausrüstung gehören doch
wohl einer späteren Lpoche an, Ljerr blupier?" fragte plötzlich
Lieutenant von Schlimbach, „befände ich mich nicht im Ahnen-
saale, ich würde glauben, ein j)aar preußische Lommisstieseln
vor mir zu sehen."
Der Gutsherr warf dem jungen Gffizier einen vernichtenden
Blick zu. wollte derselbe ihn verspotten? Dann aber schaute
er doch aufmerksam nach der bezeichneten Stelle.
„Allerdings, kserr Lieutenant, Sie haben Recht," wollte der
Major gerade sagen, doch die worte blieben ihm in der Rehle
stecken.
„Trara l — traral" schmetterte es jählings von draußen
herein — das Allarmsignall
Die Vffiziere stürzten nach dem Ausgange, so schnell sie
konnten. Und nun ereignete sich vor den Augen des Zu-
rückbleibenden etwas Ungeheures.
In die starre, tote Rüstung kam Leben und Bewegung und
gleich der jdosaune des jüngsten Gerichtes tönte es in des Schloß-
herrn Ghr:
„G, jeh — o, weh I — is sich das Allarm — muß sich hin!"
Der Gutsherr äs Aupisr lehnte sich bleich wie der Tod gegen
die wand, mit gesträubten kjaaren sah er, wie Ritter Rauol
gleich einem Rasenden im Saale umherrannte und die verzweif-
lungsvollsten Ansirengungen machte, sich der Rüstung zu entle-
digen.
Abermals tönte es dumpf hinter dem visier hervor: „Rnopf
— Müller — kjertzberg — ksilfe, ksilfe I — kann ich sich nich
allein ausziehen."
Ietzt kam der gespenstige Ritter gar direkt auf den alten
Franzosen zugeslürzt.
„pani — mir helfenl"
Da hielt den Gutsherr nichts länger — mit einem Schrei
des Lntsetzens floh er hinaus — als hätte er ein kseer von
Furien hinter sich.
Gellend ertönte von neuem das Allarmsignal, Grochowski
sah die Rameraden in voller Ausrüstung über den Schloßhof
eilen.
„Muß ich auch hin — is sich egal wiel" stöhnte er ent-
schlossen. —
Ls war kein Feind, welcher überraschend in das Dorf ge-
drungen. Lrzellenz von Degenfeld, der Divisionskommandeur,
hatte der Rrieger behagliche Ruhe durch sein Lrscheinen gestört
— um das Bataillon zu inspizieren.
In Begleitung des Regimentskommandeurs hielt er mitten
auf dem Dorfplatze, die Lntwickelung der Dinge abwartend.
Der kserr General war nicht guter Laune. Lr hatte in
den bisher inspizierten Rantonnements verdruß gehabt, es wollte
nicht so recht „klappen".