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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 21.1895 (Nr. 223-235)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16559#0073
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Meggendorfers yuinoristische Blätter.

69

ck»ar M eiferstichtig.

Sie: „Nun, woran hast Dn gedacht, als ich fort war, Männ-
chen?"

Lr: „An nichts."

Sie: „Fritz, Fritz, — Du liebst mich nicht metzr!"

Zwa Wörtetn.

er Sepxl geht just von der Feldarbat ham,

Da trifft 'n der jdfarra und xackt 'n glei z'famm:
„No ledi? — kförst Sepxl, dös is fei a Schand,

Mie stehst mit 'n 5chatz, feid's no weit ausanand?"
„Nöt weit g'rad, bferr f)farra, um bvörteln no zwa,

I fag' scho ja, aber 's Diandl sagt na!" C. G.

Tatisnmn Israck.

n dem Stammlokal der vor einem Iahrzehnt „zum Zwecke
der Pflege der Musik einer- und der Geselligkeit anderer-
seits" gegründeten Gesellfchaft ,Aurora° ging es in den
Abendstunden des 20. Februar gar hoch her. Das Stiftungsfest
der Gesellschaft wurde an diesem Tage gefeiert und der Aus-
schuß hatte keine Uosten gescheut, um den Mitgliedern etwas
Besonderes zu bieten. Nnter anderem hatte er den Lhoristen
am Ljoftheater, Fridolin Remberle, gegen ein Honorar von (0
Nark — neben freier Zehrung — engagiert, damit derselbe den
Abend mit seinen Liedervorträgen und humoristischen Deklama-
tionen verschönern helfe.

Der leibarme Remberle, Vater von sieben lebendigen Rindern,
sechs Anaben und ein Mädchen, nützte in den pausen zwifchen
seinen vorträgen das ihm zugestandene Benefizium unentgelt-

licher Nerköstigung gehörig aus und befand sich demzufolge in
der denkbar besten Laune, eine kurze Unterbrechung ausgenommen.
Solche aber trat ein, als einer der im Saal aufwartenden Aellner
plötzlich vor Remberle hintrat und ihm „im Auftrag des hier
anwesenden Ausschußmitglieds der Aurora, des bjerrn Schuh-
machermeisters Feuerstein" ein beschriebenes Blatt !?apier
überreichte.

Lin Schatten flog über des Lhoristen Antlitz, als er das
Geschriebene durchlas; „das mir und vollends am heutigen
Abend", murmelte er und las daun lcise vom j?apier ab: „Ich
muß Sie bitten, daß Sie Ihre rückständige Schuld für Stiefel
und Schuhe im Betrag von 65 Nark endlich an mich bezahlen.
Nit Rücksicht auf Ihre Rinderschaar habe ich feit zwei Iahren
Geduld geübt, diese ist aber nunmehr erschöpft. Iohann Feuer-
stein, Schuhmachermeister, lVallstraße Nr. ;5."

„Verfluchter j?echvogell kjast Dir wohl eingebildet, Dein
Brummbrief werde mir den heutigen Abend gründlich verbittern.
Fehlgeschofsen — jetzt erst recht nicht I Und was den Wisch hier
anbelangt, der nicht einrnal mit eiuer Aufschrift an mich und
ebensowenig mit einer kjöflichkeitsfchlußformel versehen ist —
fchändliche Mißachtung meines eigenen Ich I Legts zu den
Uebrigen, sagt der Rammerdiener in Schillers Kabale und Liebe,
zweiter Akt, zweite Szene. lVollens auch fo machen."

Damit schloß Remberle sein Selbstgespräch und ließ gleich-
zeitig das von ihm vorher zusammengefaltete Paxier in der
linken Seitentasche feines Fracks verschwinden.

Am andern Norgen gab Remberle den von ihm bei dem
Aleiderhändler Müller in der Aaiserstraße drüben entlehnten
Frack an diesen zurück. Das Feuerstein'sche Nahnschreiben aus
der Seitentasche herauszunehmen batte er radikal vergessen.

Nicht zu lange follte das Festkleid auf einen neuen Entlehner
warten dürfen. Dieser stellte sich schon am 23. Februar bei
Nüller ein und zwar in der jderson des Schulmeisters Natanael
Rrauskopf aus einem in der Nähe der Residenzst-''d^ gelegenen
jdfarrdorfe. Er wollte seinem vorgesetztcn, dem Gberfchulrat
Or. Maier, in einer wichtigen Angelegenheit, angethan mit
festlichem Gewand, einen Besuch abstatten.

Der von Remberle entlehnte Frack erwies fich auch für den
biedern Schulmeister als ganz xasfend. Zehn Ninuten später
stand Rrauskopf im Arbeitszimmer des Dberschulrats und trug
diesem die ganz gehorsamste Bitte um Verbesferung feiner un-
günstigen Einkommensverhältnisse vor. Gleichzeitig bat er, ein
von ihm in diesem Sinne abgefaßtes Gesuch möge der bjerr
Dberschulrat bei der vorgesetzten Behörde geneigtest befürworten.
Tr hatte dieses Gesuch vorhin schon bei dem Rleiderhändler
Müller in die rechte Seitentafche des von ihm entlehnten Fracks
gefteckt.

Ietzt wollte er es dem Dberschulrat mit einem tiefen Bück-
ling überreichen. Daß er hiebei einen Fehlgriff that und das
in der linken Fracktasche untergebrachte Schriftstück feinem Vor-
gesetzten auslieferte, das war j?ech, riesiges jdech, von dem der
arme Schulmeister entfernt keine Ahnung hatte.

Der Gberschulrat nahm das ihm überreichte paxier still-
fchweigend aus Rrauskoxfs kfand entgegen und — legte es auch
zu dem Uebrigen, hinüber auf feinen Schreibtisch.

Dem Schulmeister kam es vor, als ob es in dem oberhalb
des Studienzimmers gelegenen Gemach (es war dies die lVoh-
nung des Dberschulrats) mit einem Nale etwas lebhaft zugehe.
Auch der Dberschulrat schien hierauf aufmerksam geworden zu
sein, er horchte, einen fragenden Blick nach der Zimmerdecke
werfend, ängstlich auf. jdlötzlich aber schoß er auf den armen
Rrauskopf, den er immer noch keines lvortes gewürdigt hatte, los.
 
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