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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 21.1895 (Nr. 223-235)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16559#0094
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Nedaktion: A'iax Schreiber. Druck und Verlag vou F. Schreiber, beide iu Lßliugeu bei Stuttgart.

Geschäflsstelle in München: Corneliusstraste 19.

f)aar auf frischer That ertappen — und dann —
Treuuung für immer . . . Aalt wollte er die Un-
getreue von sich stoßen, wenn sie vor ihm auf den
Anieeu lag uud um Mitleid bettelte; seiu Nebeubuhler
mußte vor ihreu Augeu von ihin getötet werden. Die
phantasie des souft so sanften Gelehrteu, dessen
Nerven schiuerzlich fibrierten, wenu er ein Tier
mißhaudeln sah, schwelgte iu Bildern grausamer
<Vual, die er über die Zerstörer seines Glückcs

verhängte. Nach eiuer zwauzig-

stüudigen Liseubahnfahrt, die zur Aufheiterung
seiner Ltiiuinuug nichts beigetrageu hatte, schritt
er aus eiuem schmalen Waldxfade uach St. Weudel.

Deu vorsatz, sich in eiuem dem „Gasthaus zum
Tngel", das Toni bewohnte, gegenüberliegeuden
lsause einzuquartiereu, um zu beobachten, gab er auf;
spioniereu schien ihm uicht ehreuvoll.

Müde und erhitzt trat er in den geräumigen
Hausstur. Liuks war die Aüche, rcchts das lVirts-
zimmer. Gerade wollte er die am lserde beschäftigte
lVirtiu srageu, ob „die chrau prosessor zu lsause sei,"
als sein chrauchen aus dem Garten eilte, ihm lsand
und Ruß zum Gruß bot.

Toni sührte ihreu Gemahl uach ihrem gegeu deu
Garten gelegeueu Zimmer. Miederholt gab sie der
chreude über deu überrascheudeu Besuch Ausdruck . . .
Allein sei es hier so langweilig, jetzt wollteu sie
gemeiusam Spaziergäuge macheu, über Berge uud
durch lVälder streiseu.

„Die Schlauge, wie sie Frcude heuchelt", dachte
der jdhilologe; doch, um sciuen Verdacht uicht zu
verrateu, zwaug auch er sich herzlich uud heiter zu
erscheinen.

Au seiner Seite sitzend stellte sie mauchcrlei
chrageu uach Bekannteu zu lsause, uach Neuigkciteu. j

Nach eiuer jdause strich sie ihm die bsaare aus
der Stirue, blickte ihm schelmisch in die Augen uud
sragte: „bsast du mir nicht eiire besondere Be-
merkung zu macheu? Ist dir nichts ausgefalleu?"

Lr schwieg eiuige Sekundeu, die Lrreguug zu
bekämpfeu, welche diese Frageu geweckt, daun er-
wiederte er mechanisch, mit gesuchter Ruhe: „Nein."

chast schmolleud sagte sie: „Vaun hast du meine
Briese uicht aufmerksam gelesen." Uuwillkürlich
saßte der jdrofessor jetzt an seine Brusttasche, sich
zu überzeugen, ob sein sechsläufiger Revolver, den
er zu sich gesteckt hatte, griffbereit sei. Des weibes
Aeckheit, das Gespräch aus die verdächtigen Briefe
zu briugen, war ihm uubegreistich. Schweigeud saß
er da, ein bseer vou Gedauken strömte wirr durch
seiueu Aopf. Toui bcobachtete eine U)eile ihren
Gatten, dann sagte sie mit wehmütiger Stimme:
„habeu meine Briefe dich nicht besouders gesreut?"

Lr starrte sie an. Er wußte nichts zu er-
widern, da er aber sühlte, irgend etwas reden zu
müffen, um sich nicht zu verraten, stieß er die Worte
hervor: „Deine Briese, allerdings." —

„Und du hast kein wort des Lobes sür mich?
Meiue letzten Briefe müffen doch vollständig sehler-
srei gewesen sein."

Der jdrosessor sürchtete seinen Verstand verloren
zu haben, denn, daß sein weib es so mit ihm treiben

könne, sür die Briefe, die ihre Korrektheit nur einem schäudlicheu Treucbruä,
dauken konnteu, uoch Lob zu ernten, dieser Lsohn schien ihm uufaßbar.

Toui war au den Tisch getreten, nahm vou demselben eiu Buch uud
hob es emxor. Der Titel lautete: „Die deutsche Sxrache und ihr Geift vou
jdrofessor weruer."

„Den Unterhaltungsschriften, die ich mit hierher genommeu, hatte ich
auch dieses N)erk beigexackt .... Ausaugs kostete es mich eiuige Ueber-
wiuduug, doch bald iuteressierte mich der Inhalt so sehr, daß ich deine
Grammatik eifrig studierte — uud jetzt sage mir aufrichtig, hast du in
meineu Briefeu uoch Fehler entdeckt?" — Ls dauerte einige Sekunden, bis
der jdrofessor die beschämeude, eiufache Lösung des Rätsels begriffen, dann
küßte er seiu weibchen und sagte galant: „Du und Deiue Briefe, Zhr seid
beide sehlerfrei."

Zoshaft.

Fräulein A.: „Gestern war mein
Geburtstag und meiu Lräutigain
schenkte mir eiue j)erleukette,
sür jedes Iahr eiue j)erle I"

Fräulein B.: „Ach, wie reizeud, die muß ja dreimal um den ksals gehenl"
 
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