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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 22.1895 (Nr. 236-248)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16560#0079
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?1(e g g en d o r f er s L) u m or i st i s ch e Blätter.

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Lserr Lheobald Schreibler selbst saß indeß gleichinütig, init
einem inelancholischen Lächeln ans den Lixxen, in seiner Lcke
nnd betrachtete stunnn und wohlgesallig die Gesellschast. Ls
ersüllte sein, nach jdopnlarität dürstendes cherz init einein
wonnigen §tolz, zn sehen, wie eifrig inan sich nnt seiner werten
jderson bcschästigte.

„Meine Lserren," begann einer, „daß wir alle bei der Lrst-
ausführung des „weltkreuz" zugegen sein werden, ist wohl
selbstverständlich; doch wir inüssen auch — cherr Schreibler,
bitte, halten Lie sich einen Moinent die Ghren zu — ja, wir
inüssen auch ineine cherren den „genialen" Dichter niit — horchen
Sie ja nicht lherr Schreibler — also, init einem Lorbeerkranz
überraschen."

„Alles uinsonst!" rief da Lserr 5chreibler, „alles uinsonst,
denn das „Meltkreuz" wird nicht ausgesührt!" Dabei entnahin
er seiner, init allerhand zweiselhasten IVertxapieren vollge-
pfroxsten Brieftasche, ein Echreiben und zeigte es den „Theater-
freunden."

Dasselbe lautete: „cherrn Theobald Schreibler, Wohlgeboren I
Zu ineinem Bedauern bin ich gezwungen, Ihr vieraktiges Drama
„Das kVeltkreuz" dankend abzulehnen, da inir seine Ausführung
noch nicht ganz bühnenreif erscheint. Tinzelne Stellen weisen
jedoch auf ein ausgesprochenes Talent hin, und-bin ich über-
zeugt, daß eine zweite Arbeit von Ihnen schon viel reifer sein
wird. Achtungsvoll I. M., Theaterdirektor."

Tnttäuscht und bcdauernd blickte inan den „Abgewiesenen"
an, doch dieser schien gar nicht niedergeschlagcn.

„Morgen sende ich an Direktor M. wieder ein 5tück," er-
öffnete er seinen Freunden, als wollte er sie trösten.

„!Vie? — !Vas? 5ie haben noch ein zweites 5tück ge-
schrieben, ohne es uns gesagt zu haben?"

„Das wohl nicht, doch . . ." der Dichter lächelte geheiinnis-
voll und schwieg.

Zwei lVochen sxäter ging ain Ztainin-
tisch folgender Brief von Lsand zu chand:

„kserrn Theobald 5chreibler, IVohlgeboren!

Leider inuß ich auch Ihr zweites Draina:

„Die Manschettenputzer" ablehnen, wie-
wohl es gegenüber Ihrer ersten Arbeit
einen bedeutenden und erfreulichen Fort-
schritt bedeutet. Die Tharaktere sind deut-
licher und besser durchgeführt, und die
Tcenen wirksainer gestaltek. Ihr Talent
berechtigt zu choffnungen an die Aukunft!

Achtungsvoll I. M. Direktor."

„Teufel, kherr Schreibler, und da
sagen 5ie, 5ie hätten kein zweites Ttück
geschrieben; jetzt, wo's doch sogar schon
abgelehnt ist?"

„Sie werden's ja sehen," erwiderte
dieser ruhig, „deinnächst übersende ich der
Direktion aberinals ein Drama."

„Unmöglich I"

„Erschreckende Fruchtbarkeit!"

„Und noch dazu so ganz iin Geheimen,
ohne uns, seinen besten Freunden, zu ver-
raten, daß er an etwas Neuein arbeite!"

Die Tntrüstung der Theaterfreunde
war allgeinein.

Tinige Tage sxäter zeigte lherr Theo-
bald Echreibler dem 5tainmtisch ein neues
Schreiben folgenden Inhalts:

„cherrn Th. Schreibler, kVohlgeboren! Ich wäre nicht
ganz abgeneigt, Ihr mir zur Aufführung übergebenes Drama:
„Die guten Bösen" zu aeeextieren, menn Lne sich zu einigen
kleinen Aenderungen verstehen wollten. In jedein Falle erbitte
ich inir Ihren werten Besuch. Achtungsvoll I. M. Theater-
Direktor."

„ksurrah! kVir sollen's also doch noch erleben! Doch nun
Freund Echreibler beichten, nicht wahr 5ie haben die zwei letzten
Etücke, die „Manschettenxutzer" und die „Guten Bösen" iin
Geheiinen, ohne uns etwas zu sagen, geschrieben?"

„Tigentlich habe ich nur drei Mnschläge zu einein und dein-
selben Stücke geschrieben. Denn das Draina, das als „lVelt-
kreuz" noch nicht „reif" war, bedeutet als „Manschetten-
putzer" schon einen „bedeutenden chortschritt" und wurde nun
als „Die guten Bösen" sogar acceptiert! 5ie sehen ineine
lherren, daß ich init unserein lesescheuen Direktor richtig
rechnete. Der Direktor ahnt gewiß nicht, daß er das heute
angenoininene 5tück bereits zweiinal — abgelehnt hat."

(Knte Replik.

Tr:

)ch bin neugierig, ob Du auch eininal eine Tpeise allein
zus aininenbringst I"

Tie: „Mh, die lsasen, die Du schießest schon!"

öiöalb.

Tante (alte Iungfer): „Tndlich in Venedig; der Trauin ineiner
Iugend ist halb erfüllt!"

Nichte: „lVarum nur halb, Tantchen?"

Tante (seufzend): „Nach Venedig dachte ich ineine lsochzeits-
reise zu inachen!"

(Ain nettes Kraut.

-tudio: „f)ch habe effektiv kein Geld! Riechen 5ie denn das nicht?!^
 
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