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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 22.1895 (Nr. 236-248)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16560#0128
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^lteggendorsers L)u>noristische Bläller.



gegenüber. Dieser hatte in letzter Zeit seine Stieseln in gar
zu bevorzugter Weise an der allgeineinen Genialität seines
Anznges teilnehmen lassen, d. h. sie waren derartig „durch",
das; ihr weiterer gänzlicher ldersall nnr inehr die ^srage eines
ininiinalen Zeitabschnittes bedeutete. Da nnn Eüßholzky in
dem erwähnten Etücke mehrinals in die Lage kain, vor seiner
Daine knicn zn miissen, so hatte sich der Direktor also zn einem
ganz außergewöhnlichen Vorschuß herbeigelassen. Dieser Vor-
schnß ging sedoch vorsichtshalber sogleich direkt in die bsände
des 5chuhkiinstlers iiber, der es iibernoininen hatte, Siißholzkys,
ncbenbci bcinerkt ganz abnorin großes jdedal, nen zn bekleiden,
denn der Direktor wußte sehr ivohl, daß Eüßholzky so fest von
der cigencn Aiinstlerschast iiberzengt sei, daß cr barfnß ans-
tretend, den Beifall der Menge noch iinmer in höherein lNaße
crwecke, als irgend welche crste Liebhabcrberiihmthcit von dem
und dem ksostheater in Lackschnhen; dem in seine ksände
gelangenden Borschnße wäre also sicher eine andere idealere l?er-
wendnng geworden. U?ie gesagt, die Etiefeln waren nnter
schlanem Borbedacht bestellt, wurden eine ^tnnde vor Beginn
des !?chanspieles in Siißholzkys Garderobe gebracht, nm, als dieser
sie anziehen wolltc wieder vcrschwunden zn sein.

Ziißholzky tobte wie ein angeschossener Eber; er raste auf
5triimpsen nach Mätzerl nmher, nm ihn zu erwiirgen, denn nur
dieser Elende konnte diese Gemeinheit begangen haben. Aber
Nätzerl war nicht zu finden und so verschwand Äißholzkch wieder
in seiner Garderobe, uin znm so nnd so vielten Male
das unterste zu oberst zn kehren. Sein Stichwort
mnßte jeden Augenblick sallen, da öffnete sich plötzlich
- qenan wie damals bei Nätzertz die Thiire und eine
6and stellte die Stiefeln herein. Eüßholzky dachte wie
dazumal Mätzerl: „Rachel" Fiir jetzt aber begniigte
er sich damit, mit der rechten 6and sliichtig in die
Stiesel zu sahren, um nachzusehen, ob Mätzerl nicht
etwa den witz mit den Lrbsen wiederholt oder ihm gar
eincn Bagel dnrch die §ohle getrieben habc — aber es
war nichts zu ffnden, der Rerl war zu seige zu ent-
schlossener That! Eüßholzky stürzt aus die Biihne — er
kam gerade noch recht.

Das 5tiick, das man gab, war traurig, ohne gerade
ein Drama zu sein; daran war aber nur die Mache
schuld — um es kurz zu sagen, es war eben ein tranriges
Machwerk. Und doch hatte sich Eüßholzky hoch und
teuer verschworen, dasselbe durch seine eminente Aunst
so zu adelu, daß es durchschlage.

In der That leistete er auch sein Aeußerstes. Die
5chlußscene des ersten Aktes hatte sogar dnrchschlagen-
den Ersolg, wenn auch der Ernst der Eituation nicht
gerade die johlende Beiterkeit entsesseln sollte, in welche
das jdublikum während derselben ausbrach, vielmehr
der Autor im 5inne gehabt hatte, dessen Thränen
strömen zu machen.

Süßholzk'f hatte von der Geliebten Abschied zu
uehmen, er trat mit tieftragischer INicne aus die Geliebte
zu und sprach: „G Bolde, ewig und immer Geliebte!

U)as ich in diesem Augenblicke siihle, nachdem ich weiß,
daß auch Du mich licbst, ist mehr als Eeligkeit — aber
Dich jctzt schon heimzusiihren, wie ich das qlühend
wiinsche, ist mir unmöglich . . . . o wende Dich nicht
ab, ziirne mir nicht .... ich muß sort . . . eiuc
zwingende Botwendigkeit treibt mich von hiuncn . .
es ist ein Geheimnis, das ich nicht iiber meine Lippen
bringe, verzeihe, daß ich es Dir nicht schon jetzt offeu-
bare. Siißholzky spielte in der That hinreißend, schon
wnrden dic «Laschentücher masscnweise an dic Auqen

gesiihrt, nun ließ er sich sanft auf beide Aniee vor
der kseißgeliebten nieder nnd lispelte: „Glaube mir, nie,
niemehr soll ein andercs Frauenbild zwischen

mich und Dich treten." Dabei streckte er seine

er hatte wie schon gesagt, enorm große Füße — kolossalen
Etiefelsohlen dem jdublikum entgegcn da, ein Stutzen, dann

das krampshaste Richten aller Mperngläser nach diesein Vbjekt
und schließlich cin kialloh, daß die Mände des Thcaters zitterten.
Eelbst die Damen, mochten sie anch im Ansange sich gegenseitig
betroffen ansehen, — sie konnten sich nicht anders helsen, als
schließlich ebcnsalls Thränen zu lachen. ksinter der ersten Aoulisse
aber stand Mätzerl, rieb sich grinsend die chände und murmelte:
„Ich bin gerächtl" TI,. M.

Aus dem Leben.

Richter: „Eie lind einiger ganz abscheulichen Dinqe anqeklaqt. D?ie
heißen Eie?"

Angeklagter: „Leberecht chürchtegott Trenmund."
 
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