Meggendorfers Humoristische Blätter.
99
Genauer Aufschluß uötig.
„Sagen 5ie niir nnr, kferr professor, wieso nennt inan
niis eigcntiich das schwache Geschlecht?"
Sc>lo für Troniba in
hmnorcrkc von jranz R u rz. L l s I, ei,n.
^ ch kann keine Trompeten hören, ja, ich könnte aiis der
H ljant saliren, ivenn oft anf dem Dorfe die reisenden
tNnsikanten — 5chniirranten bezeichnct sie der Nolks°
mund — ihrc lusiig sein sollenden weisen anfspielen. Gar
nicht begrcifcn kann ich, wic anderc Lcute das schön finden,
wie dieselbcn sogar aus ifircn iöäiisern heraiiskoinmen nnd da-
nach anf offcncr Straße tanzen können ....
I>a hörc ich licber von ciner Drehorgcl „Im Griinewald
ist kjolzaiiktion" oder „Tararabumdiä" spiclen; da sitzt doch
noch Klang und Musik drin.
Aber eine Trompete?
Ich weiß nicht, woher meine Antipatlfie kam. Ls kann sein,
daß ineinc Mntter keine Lust hatte, Trompcte zn erlernen nnd
ich dicscn kfaß mit der Mnttermilch eingesogen. Ls kann sein,
daß — na, wie gesagt, ich weiß es nicht. Und es thnt anch
nichts zur 5ache, das iiberhanpt nicht zu wissen. Aber einmal
hat mir meine Antipathic eincn Strcich gespielt, den ich mein
ganzes Lebcn nicht vergessen werde, zumal mich mcinc Frau
inimer daran erinnert. Ucnn diese —
Doch ich will nicht vorgrcifen.
Ich war vor mcffrcrcn Iahren als Redakteur einer
Zeitnng in D. angestellt, ffatte mein gutes Anskominen, lebte
dabei in dcr ljoffnung cinen reichen Gnkel bcerben zu könncn,
swas iiierkwiirdiger lveise auch geschah), stand im sechsund-
zwanzigsten Iafire und war bis iiber die Bhren vcrliebt in die
Tochter des rcichen Aaufmanns lfähnel. Aurz und gut, als
ich eincs Morgcns mein Lbcnbild im öpiegel bcsah, reifte in
mir der Lntschluß: „Diesc Tochter des reichen Aanfmanns
lfähnel, dic gewöhnliche Mcnschcn Rosa zu nennen wagen, wird
Deine Frau. Du hältst noch heute um ihrc lfand an, denn
ihrer Gegenliebe bist Du mehr als genug versichert worden u.s.w."
Nun, ich sctze voraus, daß die verehrlichen Lcser und Lcserinen
auch schon verliebt waren.
Und drei Monatc später war Rosa mein liebes lveib und
wir lebten zusammen wie Adam nnd Lva im Paradiese, bevor
sic dcn bewußten Apfel gegcssen hatten. Aber im Paradiese
gab es auch noch kcine Trompeten. Und da es heute solche
lNarterwerkzeuge giebt, war mein Glück von nicht allznlanger
Dauer.
Solo für Tromba in „B."
Die Familie meiner Frau ist sehr musikalisch. Iedes Aind
spielt ein Instrument. Anch Röschen hatte sich mir oft als
tiichtige Aiinstlerin anf dem Piano gezeigt. Ich hattc ihr gleich
von Anfang nnscrer Bckanntschaft an erklärt, daß ich keine
Trompete hören könne. Nun hing im lUusikzimmer meines
Schwiegervaters cin solches Ding. Auf meine Frage, wer das
spielte, erhielt ich von meincr damaligen Lraut die Antwort:
„Linc Freundin von mir."
Na, ich war vcrliebt. Und verliebte glaubcn eben alles.
In der Stadt rnstcte sich dic musikalische lvelt zu cinem
großen Aonzert — es war wohl etwa ein vierteljährchen
nach meincr ljochzeit. Der Lrlös sollte einem wohl-
thätigen Zwecke dienen. In unserer Zcitnng war
schon großartige Reklame gemacht worden nnd
ich hatte übcrhanpt das lUöglichste ge-
than, was eben bei solchen Anlässen von
eincm verantwortlichen Redakteur ver-
langt werdcn kann.
lUeinc Frau hatte man sogar ins
Aomitee gewählt. 5o kam es, daß dieselbe häufig des Abends
hinans inußte nnd mich allein licß, was mir als jungen Lhe-
mann gar nicht so bcsonders behagen wollte. lUan denke sich
abcr einmal selbst in meine Situation hinein.
Da komme ich Abends müde und hungrig nach lsans, in
dcr Erwartung von einem liebcglühenden lveibchen empfangen
zn werden. vor allem ist die Thüre verschlosscn und endlich
öffnet mir auf mein Alingeln nnser Dicnstmädchen, welches über
und über rot ist. Die Farbe war mir schon verdächtig. llus
die Frage, wo sich meinc Frau bcfindet, erhalte ich zur Ant-
wort: „In der lvohlthätigkeitskomitccsitznng." Dem folgt cin
gedehntes: „A so?" meinerseits. Nun trete ich ins lvohnzim-
mer. Der Bfen ist aus nnd dranßcn sünf Grad unter Null.
lUißmutig werfc ich mich auss Sopha, zünde mcine Pfcife an
und befehle dem lUädchen Feuer anzumachen. Sie läuft schnell
zur Aüche und ich vermcinc, durch die Stille dcs ljauses ein
lautes Schmahen zu hören, als ob sich zwei Lippenpaare auf-
cinander preßten. Ls ist mcine Sache nicht, an Gespenstcr zu
glaubcn. llnd so habe ich denn über das Schmatzcn meine
eigcncn Gedanken. Lndlich wird das Iimmer in etwas dnrch die
lustig aufflackerndcn Flammcn erwärmt — und ich tränme und
verwünsche im Stillen die ganzen Aomiteemitglieder. Ilnd so
dusele ich allmählig ein.
Das soll nun ein lsonigmondleben sein.
Aber eincs Abends wurdc mir die Geschichte doch zu bunt.
Als mir das Dienstmädchen wieder dcn Bescheid gab, meine
Frau sei in der Aomitcesitzung, warf ich kurz entschlosscn die
Thüre hinter mir ins Schloß, schlug meinen Aragen anf (es
schneite nämlich, daß man schwarz werden konnte vor Aerger)
und machte mich anf den Ivcg zu dem lsause, in dem die Sitz-
ungen stattfanden. Ls war Licht in dem Saale — sonst aber
alles still und ich wundcrte mich schon, daß es so ruhig her-
gehcn konnte, da doch Frauen dabei waren, machte mir jodoch
weiter keine Gedanken und wartctc eine, wartete zwci Stunden
vor dem lsause in dcm abscheulichen Ivetter. Lndlich klingelte
ich nnd srug das mir öffnende Dicnstmädchen, ob denu die Sitz-
ung noch nicht zu Lnde sei.
Dieses schaute mich groß an und schien mich nicht zu ver-
stchen. Darauf zuckte sie die Achseln. Ich kenne dergleichen
lllannöver zu gut, um nicht zu wissen, daß diesclben sehr leicht
durch ein lNarkftück wirkungslos gemacht iverdcn können. So
wars auch hier und ich erfuhr, daß heute keine Sitzung gewesen,
daß sie aber von meiner Frau „dressiert" worden sei, zu sagen,
falls einmal einer käme, die Sitzung sei abgesagt worden. Sie
sei nur eben zn ihren Lltern gesprungen. Für dicscn Dienst
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Genauer Aufschluß uötig.
„Sagen 5ie niir nnr, kferr professor, wieso nennt inan
niis eigcntiich das schwache Geschlecht?"
Sc>lo für Troniba in
hmnorcrkc von jranz R u rz. L l s I, ei,n.
^ ch kann keine Trompeten hören, ja, ich könnte aiis der
H ljant saliren, ivenn oft anf dem Dorfe die reisenden
tNnsikanten — 5chniirranten bezeichnct sie der Nolks°
mund — ihrc lusiig sein sollenden weisen anfspielen. Gar
nicht begrcifcn kann ich, wic anderc Lcute das schön finden,
wie dieselbcn sogar aus ifircn iöäiisern heraiiskoinmen nnd da-
nach anf offcncr Straße tanzen können ....
I>a hörc ich licber von ciner Drehorgcl „Im Griinewald
ist kjolzaiiktion" oder „Tararabumdiä" spiclen; da sitzt doch
noch Klang und Musik drin.
Aber eine Trompete?
Ich weiß nicht, woher meine Antipatlfie kam. Ls kann sein,
daß ineinc Mntter keine Lust hatte, Trompcte zn erlernen nnd
ich dicscn kfaß mit der Mnttermilch eingesogen. Ls kann sein,
daß — na, wie gesagt, ich weiß es nicht. Und es thnt anch
nichts zur 5ache, das iiberhanpt nicht zu wissen. Aber einmal
hat mir meine Antipathic eincn Strcich gespielt, den ich mein
ganzes Lebcn nicht vergessen werde, zumal mich mcinc Frau
inimer daran erinnert. Ucnn diese —
Doch ich will nicht vorgrcifen.
Ich war vor mcffrcrcn Iahren als Redakteur einer
Zeitnng in D. angestellt, ffatte mein gutes Anskominen, lebte
dabei in dcr ljoffnung cinen reichen Gnkel bcerben zu könncn,
swas iiierkwiirdiger lveise auch geschah), stand im sechsund-
zwanzigsten Iafire und war bis iiber die Bhren vcrliebt in die
Tochter des rcichen Aaufmanns lfähnel. Aurz und gut, als
ich eincs Morgcns mein Lbcnbild im öpiegel bcsah, reifte in
mir der Lntschluß: „Diesc Tochter des reichen Aanfmanns
lfähnel, dic gewöhnliche Mcnschcn Rosa zu nennen wagen, wird
Deine Frau. Du hältst noch heute um ihrc lfand an, denn
ihrer Gegenliebe bist Du mehr als genug versichert worden u.s.w."
Nun, ich sctze voraus, daß die verehrlichen Lcser und Lcserinen
auch schon verliebt waren.
Und drei Monatc später war Rosa mein liebes lveib und
wir lebten zusammen wie Adam nnd Lva im Paradiese, bevor
sic dcn bewußten Apfel gegcssen hatten. Aber im Paradiese
gab es auch noch kcine Trompeten. Und da es heute solche
lNarterwerkzeuge giebt, war mein Glück von nicht allznlanger
Dauer.
Solo für Tromba in „B."
Die Familie meiner Frau ist sehr musikalisch. Iedes Aind
spielt ein Instrument. Anch Röschen hatte sich mir oft als
tiichtige Aiinstlerin anf dem Piano gezeigt. Ich hattc ihr gleich
von Anfang nnscrer Bckanntschaft an erklärt, daß ich keine
Trompete hören könne. Nun hing im lUusikzimmer meines
Schwiegervaters cin solches Ding. Auf meine Frage, wer das
spielte, erhielt ich von meincr damaligen Lraut die Antwort:
„Linc Freundin von mir."
Na, ich war vcrliebt. Und verliebte glaubcn eben alles.
In der Stadt rnstcte sich dic musikalische lvelt zu cinem
großen Aonzert — es war wohl etwa ein vierteljährchen
nach meincr ljochzeit. Der Lrlös sollte einem wohl-
thätigen Zwecke dienen. In unserer Zcitnng war
schon großartige Reklame gemacht worden nnd
ich hatte übcrhanpt das lUöglichste ge-
than, was eben bei solchen Anlässen von
eincm verantwortlichen Redakteur ver-
langt werdcn kann.
lUeinc Frau hatte man sogar ins
Aomitee gewählt. 5o kam es, daß dieselbe häufig des Abends
hinans inußte nnd mich allein licß, was mir als jungen Lhe-
mann gar nicht so bcsonders behagen wollte. lUan denke sich
abcr einmal selbst in meine Situation hinein.
Da komme ich Abends müde und hungrig nach lsans, in
dcr Erwartung von einem liebcglühenden lveibchen empfangen
zn werden. vor allem ist die Thüre verschlosscn und endlich
öffnet mir auf mein Alingeln nnser Dicnstmädchen, welches über
und über rot ist. Die Farbe war mir schon verdächtig. llus
die Frage, wo sich meinc Frau bcfindet, erhalte ich zur Ant-
wort: „In der lvohlthätigkeitskomitccsitznng." Dem folgt cin
gedehntes: „A so?" meinerseits. Nun trete ich ins lvohnzim-
mer. Der Bfen ist aus nnd dranßcn sünf Grad unter Null.
lUißmutig werfc ich mich auss Sopha, zünde mcine Pfcife an
und befehle dem lUädchen Feuer anzumachen. Sie läuft schnell
zur Aüche und ich vermcinc, durch die Stille dcs ljauses ein
lautes Schmahen zu hören, als ob sich zwei Lippenpaare auf-
cinander preßten. Ls ist mcine Sache nicht, an Gespenstcr zu
glaubcn. llnd so habe ich denn über das Schmatzcn meine
eigcncn Gedanken. Lndlich wird das Iimmer in etwas dnrch die
lustig aufflackerndcn Flammcn erwärmt — und ich tränme und
verwünsche im Stillen die ganzen Aomiteemitglieder. Ilnd so
dusele ich allmählig ein.
Das soll nun ein lsonigmondleben sein.
Aber eincs Abends wurdc mir die Geschichte doch zu bunt.
Als mir das Dienstmädchen wieder dcn Bescheid gab, meine
Frau sei in der Aomitcesitzung, warf ich kurz entschlosscn die
Thüre hinter mir ins Schloß, schlug meinen Aragen anf (es
schneite nämlich, daß man schwarz werden konnte vor Aerger)
und machte mich anf den Ivcg zu dem lsause, in dem die Sitz-
ungen stattfanden. Ls war Licht in dem Saale — sonst aber
alles still und ich wundcrte mich schon, daß es so ruhig her-
gehcn konnte, da doch Frauen dabei waren, machte mir jodoch
weiter keine Gedanken und wartctc eine, wartete zwci Stunden
vor dem lsause in dcm abscheulichen Ivetter. Lndlich klingelte
ich nnd srug das mir öffnende Dicnstmädchen, ob denu die Sitz-
ung noch nicht zu Lnde sei.
Dieses schaute mich groß an und schien mich nicht zu ver-
stchen. Darauf zuckte sie die Achseln. Ich kenne dergleichen
lllannöver zu gut, um nicht zu wissen, daß diesclben sehr leicht
durch ein lNarkftück wirkungslos gemacht iverdcn können. So
wars auch hier und ich erfuhr, daß heute keine Sitzung gewesen,
daß sie aber von meiner Frau „dressiert" worden sei, zu sagen,
falls einmal einer käme, die Sitzung sei abgesagt worden. Sie
sei nur eben zn ihren Lltern gesprungen. Für dicscn Dienst