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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 23.1895 (Nr. 249-261)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16561#0117
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Meggendorfers Humoristische Biätter.

s09

Borltellnna inr Aade.

„Amtsrichter Bleumann — ycrzvcrsettnng."
„Renticr Blnmlcin — Astlr>na."

Kol'o für Tromöa iir

humoicske von Frunz Rurz.Llsl,eim. (Schluß.)

^kch Mttß doch einnml das programm dnrchlcscn. Znerst dic
Inbclonvcrtnre, dann Gesangsvorträgo, dann —

Ich schandcre —

Tollc Strciche. „Solo für Tromba in b!" von L. waldtenfcl.
Das gab den Ausschlag. Ich gehe nicht lstn, trotzde»,
iiieine Fran im Aomits ist nnd jcdenfalls heute Abend eine
tsanxtrolle spiclen mird, da sie sogar nnter den Solisten nnd
Solistinnen genannt war. Icdenfalls spielt sie den ch'austwalzer
von Lißt, der auch anf dem programm stand.

. . . And ich versinke wieder in meinc Träumereien. bsinter
den beiden Streitcnden sitzt mein Schmicgervater und nntorhält
sich gnädig mit seinem Prokuristen. Ich sehc noch andere,
inanche mir wohlbekannte Gestaltcn. Voch steige ich jctzt anf
die Gallcrie. Lcbhastcs Gemurmel anch da oben. Dort drängte
sich noch einer vor, um allcs bcsser sehcn zu können. I>ort
schimpst ingrimmig oincr, dem der Dränger anf die Fiiße gc-
treten. Iedcnfalls batte er ksiihneraugcn und noch nicht was-
mnths khiihncrangenringe in der Ahr angewandt, die ja, der
Reklame nach wenigstens zn urteilen, so vortrefflich sein sollon.
Dort boknndete eincr scin mnsikalischcs vcrständnis, indem cr
lcisc vor sich hin die „lfolzauktion" pfiff.

So dachte ich mir dcn Znschanerraum. lhatte ich ihn doch

nnzähligc Male schon selbst so geschehen-

„lhcreinl" rief ich halb nnwillig, denn ein starkes Rlopfen
hatte mich aus meinen Tränmereien aufgeschreckt. Die Tlämnie-
rung sank schon hernieder. Ls war so wohlig warm und ich
ärgerte mich thatsächlich, daß ich so plötzlich gcstört wnrde.

„Tlh, guten Abend, Franz," ertönte nnn vonr Lingangc
her eine Stimmc. „Guten Abend," echoten noch drci andere.

Ich schante mich nach dcn Störcnfrieden um. Ls waren vicr
meiner Bekannten und muß ich nnn wohl dieselbcn meinen
Lesern vorstellcn, da diesclben nämlich fernerhin keine nnivichtige
Rollc spielen iverden. T>a ist zuerst der lhcrr Bruno Blonden,
ein Innggeselle von Iahren, lveiberhasser sn pros niit
rundeni Bänchlein nnd großer Glatze, dann folgt Fritz Broichs,
jnngcr Lhemann von 28 Iahrcn, der aber stcts nach dem Ans-
sprnch handelt: lver seine Fran liebt, läßt sie zn lfanse. Rach
ihm kommt Aarl Bnsch, ein lltnsiker, wie man sie seltcn findet,
dcr nnr das pech hattc, stets verkannt zu wcrden, und cndlich,
Anrt lvienand, ein znknnftiger Rentier und Beschntzer der edlen
Annit, insofcrn dieselbc von Annstlcrinncn ansgeiibt ivird.

Diese vicr also hatten mich aus meincn Träumen aufge-
rnttelt nnd zivangcn mich, mein lfieim zu vcrlassen nnd ihnen
>n eine fröhliche llneipgesellschaft zu folgen, wo ich cine llkenge
Lhcmänner antraf, die sonst nicht lcicht auszugehen pflcgen.
lvie ich bald vernahm, waren alle ihrc Frauen im lvohl-
thätigkeitskonzert . . .

So hatte dasselbc also eine doppclt gute Scite. T>ie
Stimmung war eine sehr animierte, cine Rcdc folgte der andern,
ein Geistesblitz entznndete einen zwcitcn, der lvcin ivar aus-
gczeichnet; kurz und gut, als ich gegcn 7 llhr mit den Bben-
genannten das Lokal vcrließ, konnte ich mit eigenen Augen dic
Lntdecknng niachen, daß die Lrde sich drehte.

Plötzlich tönte nns aus eincm großen lfause ein volles
Thorlied cntgegon. lvir blieben wic anf Aommando stehen
und schantcn nach don hellerlcnchtetcn ^cnstcrn.

lvir standon vor dem Aonzerthanse.

„T>n Brnno," rief Aarl, „hier gchen wir hinein."

„Rarl, Dn hast Recht," entgegnete ihm Anrt, nnd sich an
mich wendend, frng cr: „Franz, gehst T>n mit?"

llkir tönten schon die Trompeten im Ohr nnd so sagtc
ich denn, daß ich liebcr anf sie warten wolle.

„On bist ein lkkusikfeind," predigte nnn Rarl, „wcißt T>n
dcnn nicht, daß dcr iibcrhanpt kein gnter llkensch ist, der die
lkknsik scheut?"

„Ach, hörc auf. Ich scheuc die llknsik gar nicht. jjsch ver-
mag nur nicht dcm Schalle einer Trompcte zu widerstehcn."

„Na, bleib hicr, wir gehen hinein."

„Jch erwarte Lnch in dcr Rcstanration hintcn an der Tcke."

„Gnt. Bis nachhcr."

lknd Arm in llrin schob das vierblättrige Rleeblatt hinein,
währcnd ich inich in der Restanration an elner Flascho Selters
erlabte.

Ich mag wohl eine Piertelstnnde so gcscssen haben und
ahnte nichts Schlimmcs, als plötzlich dic Thiire aufging nnd
meine Frcnnde hereinstiirzten. llber wie sahen sie ans! T>em
eincn war der Tylinder cingetrieben, dem andern hing der
Rockzipfel hernnter, dem dritten blntete die lkase -

Rur dcr vierte konnte mir auf meine bestürztcn

Fragcn Bescheid thnn. Sic waren etivas unrnhig eingetreten,

gerade als einc T>ame ein Trompetensolo blies, (Gott sei T>ank,
daß ich nicht dabei war. Tine T>ame und ein Trompetcnsolo?)
nnd hatten sich schon deshalb verschiedene Zwischenrnfe zu-

gezogcn. Oadurch erbittert, zischten sie die Solistin ans. — ^n
Folge dcssen gab es einen llufruhr — cinige Lrhitzto versuchten,
sic hinanszubefördorn, ein Ivort gab das andere, ein allaemoincr
Tumult brach los und meine vier Frennde flogen auf dic
Ltraße . . .

„T>ie verwünschto Trompetenbläscrin," rief einer. „Sie

kam mir so bekannt vor. Ich meine, ich hätte sie schon mit
T>ir gesehen."

„Ikkit mir?"

Ich znckte die Achscln.
 
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