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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 26.1896 (Nr. 288-300)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16564#0013
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Meggendorfers yumoristische Älatter.

Im ^ootogischen Äarten.

Bonne: „Siel; »lal Rurtchen, was dieser Tiger für ungewöhnlich
breite Streifen >iat."

Kurtchen (w,fij>erLsoi,n): „lt)ird einer vom Generalstab sein."

Sein Gebeimnis.

humoreske von Tfieodor MüIIer.

/^^ndlich habe ich ihn ertappt, nun kann er sich frcnenl"
lliit diescn verheißungsvollen lvorten stürnite die
Schwiegerinutter des Rentiers lNüller in die lvohnung
ihrer Tochtcr.

„Abcr uiii alles in der lvelt, wen hast L>u denn ertappt,
lNama, wer soll sich frenen?"

„lver? Dein llngeheuer von Mann natürlichl"

„Alfred? Ia, was hat er denn verbrochen?"

„lvas er verbrochcn hat? Hahahahal O Ainanda wo
käinest On hin, wenn ich nicht für Dich wachtel Untreu ist
Dir Dein sanberer lscrr Gcniahl und das will ich Dir bewcisenl
Mache rasch, ziehe Dich an, untcrdessen werdc ich Dir weiter-
berichtenl"

„lNama Du bist aufgeregt . . . bedenke doch, was Du sagst l
Alfred, der zärtlichste Gatte, untreu!"

„ver zärtlichste Gattel" persiflierte die wütcnde Schwieger-
inutter, „einc nette Zärtlichkeit, wenn inan sich stundenlange
in einein lsause aufhält, in dein Ballctteusen wohnenl"

„<Lr wird dort einen Freund besuchen oder sonst irgend
ein Geschäft haben . . . Alfred hat edel an mir gehandclt,
Maina, ich hat schon meine dreißig Iahre, keinen kseller Mit-
gift und doch hatte er mich genoinmen und ich sollte ihm jetzt
inißtrauen? Ist es nicht riihrend, wie er niich von vergnügen
zu vergnügen führt, weil ich ihin eininal sagte, daß ich als
Mädchen kauin ins Theater kain?"

„Papperlapappl Zieh' Dich an und koinine mit, ich garan-
tiere Dir wir Lberraschen ihn im zärtlichsten Tete-a-tetel"
„Mainal"

„Du koinmst mit, sage ich Dir, dieser Schändliche inuß ent-
larvt werden . .

„Mamal"

„Du koinmst mit, sage ich vir, angenblicklich kominst Vu
mitl wie lange hast Du mich warten lassen, bis vu mich
zur Schwiegermutter machtest und nun möchtest Du mir die
Lreude als solche aufzutreten auch noch oerderben? Sofort
holst vu veinen Umhang."

Sein Geheimnis.

Schweigend entfernte sich die Tochter, um in kurzer
Zeit znm ausgehen angekleidet wieder zu erscheinen. Sie
war ein liebes Ding, welcher Ligenschaft wegen der vier-
zigjährige lserr Müller sie zum Altare gesührt hatte, aber
die böse Saat war ihr ins Lserz gesät und sie hätte kein
weib sein müssen, wenn diese Samenkörner nicht allmählich
doch wurzel gcfaßt hätten. Sie ließ sich nichts anmerken,
aber im innersten bangte sie doch vor dem, was ihr die
nächste Stunde bringen würde. Sollte Alfred wirklich . . . ?
wie gesagt, die Saat war im Aufgehen.

Tilig legten die beiden Damen dcn weg zurück, der
sie in eine vorstadt führte, die Mutter war Führerin.
Nur noch um diese Lcke und sie mußten im Angesichte
des lhauses stehen, das Alfred seit kurzer Ieit jeden
Nachmittag um zwei Uhr betrat und uni sechs Uhr ver-
ließ, während er seine Frau und Schwiegermntter glauben
machen wollte, er sei im Tafvhause.

Die Schwiegermutter hatte ihre Lntdeckung, wie es
bei allen großen Lntdeckungen sür gewöhnlich geht, durch
Zufall gemacht. Sie war eines Tages des weges ge-
kommen und in das kjans vis-a-vis getrcten, um sich ein
aufgegangenes Schuhband wieder zu binden. Dabei war
ihr Blick auch auf das gegenüberliegcnde ksaus gefallen
und an ihrem kserrn Schwiegersohn hängen geblieben.
Lr zeigte ein eigentümlich scheueswesen nnd blickle spähend

Straßc auf, Straße ab, ehe er in der Thüre verschwand.

Die Schwiegermiitter merkte sich Straße und Numiner, ging,
— sie war eine außerordentlich praktische Frau, — in das
nächste Tafö, ließ sich das Adreßbuch geben und studierte die
Inwohner des bctreffenden ksauses.

Ts waren nur drei partien. parterre war cine Agcntur-
kanzlei, die zählte hier gar nicht mit; abe., hal — im ersten
Stock: Rosa und Amalie Schweber, Mitglieder des Ballets,
nebst Mutter.

Die Schiviegermutter nickte vor sich hin und sagte dazu:
„Der Llendel" Aber sie mnßte Gew „heit haben, wie weit er
seine Schändlichkeit trieb — kam er öfters hieher?

Sie stnnd dic nächsten Tage auf ihrem posten -- und
regelmäßig kam nni 2 Uhr der Schwiegersohn, sah sich schen
um nnd verschwand dann in dem ksause. — —

Die Schwiegermutter lugte uin die Tcke wie eine Tigerin,
die einen Rcisenden beschleicht. Ls war h^drei Uhr, er ninßte
also schon an Mrt und Stelle sein, vor dem ksause war er nicht
mehr. Sie stürzte daher aus ihrem kjinterhalte, ihre Tochter
mit sich reißend, hervor und direkt in das Haus. vann gings
katzcnartig die Treppcn empor und ihr dürrer Zeigefinger
deutete, indem ihr Antlitz diabolisch dazu grinste, auf das
ovale Porzellanschild, anf dem zn lesen stand: Rosa und Amalie
Schweber, Mitglieder des Ballets.

Die Tochter erblaßte tief und der Ieigefinger der Mutter
senkte sich hcrab auf den Drücker der elektrischen Glocke.

Nach einer Weile wurde die Thüre geöffnet. Zn dieselbe
trat eine Frau. Sie war iveit über Mittelgrüße, ihre Formen
sehr imponierend, dcr Gesichtsausdruck höchst energisch, wozu
nicht wenig beitrug, daß sich ihr ein ausgesprochenes Bärtchen
über die Vberlippe schwang.

„was wünschen Sie?" kam es wie Grollen fernen Donners
über ihre Lippen.

Die sonst so redegewandte Schwiegermutter war durch die
ungewöhnliche Trscheinung so verblüfft, daß sie nicht sofort
von ihrein Begehr sprechen konnte.

„Was Sie wollen, sollen Sie mir sagenl"

Nein, war diese Frau grobl Die Schwiegcrmutter raffte
sich zu ihrer ganzen ksähe auf, dieses wcib mußte nieder-
 
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