Aleggendorfers Humoristische Biätter.
sO
geschmettert wcrdcn. Sic nnd ihre arine Tochter standen hicr
init dcm Rcchte des ticf verlehten Lhrgefiihlsl Sie trat al>o
einen Schritt nähcr, sctztc itzre keekste tltiene anf, fnnkeltc mit
dcn Angon und sagte lant und bestimmt:
„wir snchcn lscrrn Rentier Miiller, cr sc>ll sich hier bci
Ihnen regelmäßig und jedcn Tag aufhalten! N?ir wnnschcn
gcnaueste Anskunft, wozn uns nnsere Stellung zu lscrrn Miillcr
berechtigt: ich bin dessen Schwiegcrmutter und dies hier ist seine
Frau l"
Die Augen der Angcsprochenen erweiterten sich auf er-
schrcckende Weise, ihre stämmigcn Armc hobcn sich und stciiimten
sich in die Sciten, und dcr Schnurrbart sträubte sich: „Ia, habc
ich denn recht gchört? Sie untcrstehen sich bci mcinen Töchtcrn
einen Lserrn zn vcrmnten? wcr glauben Sie dcnn wohl wcr
mir sind? Aber ich werde mir Ihrc Ramen wohl mcrken und
es soll Sic gercucn anständigcn Damen derartiges zu bicten. .
vcrklagen iverde ich Sie . . hören Sie, verklagen . .1"
Das kam wie cin wasscrfall iibcr die beidcn; da war die
Schwiegcrmuttcr an dic Unrechte gekommen, dic war ihr wcit
iiberlogenl
„verklagcni" schric die andcre noch einmal, dann that es
eincn furchtbarcn Arach — sie hatte ihncn dic Thiire vor dcr
Rase zugeworfenl
„Mainal"
„Ach wasl Ich hätte ihr schon die Mcinung gcsagt, wenn
sic sich nicht noch zur rechtcn Zeit geborgen hättel" renoin-
injertc diesc, „hicr im lsausc ist er nun einmal, ist er nicht im
crsten, so ist cr im zweitcn Stockc, komm mitl"
Im obcren Stocke öffnctc eine nncndlich zarte alte Damc:
„Ihr Begehr, meine Damen?" fragto sie mit leiser Stimmc.
„wir suchen tscrrn Rentier Atiillcr" n. s. w., zog dic
Schwiegermutter, ganz wie im erstcn Stocke, los — dic wolltc
sie es gehörig fiihlcn lasscn, daß sie bci dcr andcrcn den Aiirzeren
gczogcn hatte.
„Sagen Sie die rcinc
Mahrheit," fuhr sie fort,
„Sic wiirden cine entsehliche
vcrantwortlichkcit auf sich
ladenl"
„Ach Gott, ach Gott!"
ctwas andcres brachte die
Zartc nicht hervor.
„Lr kommt um 2 und
gcht um 6 — wir wisscn
allesl"
„Ach Gott, ach Gottl"
„lver ist bei ihm, was
thut er?"
„Ach Gott, ach Gottl"
„U)o befindet er sich?"
„Ach Gott, ach Gottl"
Die Schwicgermutter
machte, da sie keine ihr
genligendc Auskunft erhielt,
wcnig weitere Umständc, sie
schob die zarte Gestalt zur
Scite und drang in die
wohnung, ihr nach die
Tochter und unglückliche
Gattin.
Die Mama hatte die Räume rasch durchschrittcn.
vor cincr vcrsperrten Thiire blicb sic stchen: „Beffucnl"
heischte sie. „Sie wordcn eincn zwciten Schliisscl haben,
öffnen Siel"
„Ach Gott, ach Gott, wenn es dcnn sein mnßl"
Langsam ging die Thiire nach innen auf. Die Roulcaur
waren herabgclasscn, cs war ganz duukcl im Ziinmer. vom
Divan her drang cs wic Stöhuen. Dic Schwicgermutter zog
eincn Vorhang hoch — das Licht slutete hcrcin . . . ja was
war dcnn das? Auf dem Divan lag lscrr Uiüller, schlief und
schnarchtcl
Scinc Frau trat auf ihn zn nnd berührte scine Schultcr.
Lr schlng die Angcn auf, gähute und rcckte sich, dann wollte
er sich glcich wiedor auf die andcre Scile legen.
Da bcgann abcr die Schivlcgcrmutter: „lserr Schwiegersohn
wollen Sic uns nicht darübcr aufklärcn, wie Sic in dicses ksaus
und anf diesen Divan kommcn, wo Sie zu lsause Ihrer viere
selbst besitzen?"
Der Schwiegersohn war ganz wach geworden.
„Das ist ganz außcrordcntlich cinfach," mcintc er xomadig
— ich wolltc ausschlafcnl Seit vierzehn Tagcn, wollte
sagen Rächtcn, sind wir auswärts und ich bin cben doch kein
Zwanzigjährigcr mehr — das aber gcstcht man," hier nahm
cr seine Frau zärtlich um dic Uiitte, „cincr jungen Frau gegen-
über doch nicht gerne zul was übrigens Sie betrifft, Frau
Schwiegcrmama . . ."
Dicsc jcdoch hattc sich lcise gedrückt, dafür klang es aus
dem ljiutcrgruiide wic ein hcrzbcfricdigender Scufzer: „Ach
Gott, ach Gottl"
Redaktion: Max Schreiber. Druck und vcrlag von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
Geschäfksstelle in Mttnchen, Corneliusstrasrr 19.
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geschmettert wcrdcn. Sic nnd ihre arine Tochter standen hicr
init dcm Rcchte des ticf verlehten Lhrgefiihlsl Sie trat al>o
einen Schritt nähcr, sctztc itzre keekste tltiene anf, fnnkeltc mit
dcn Angon und sagte lant und bestimmt:
„wir snchcn lscrrn Rentier Miiller, cr sc>ll sich hier bci
Ihnen regelmäßig und jedcn Tag aufhalten! N?ir wnnschcn
gcnaueste Anskunft, wozn uns nnsere Stellung zu lscrrn Miillcr
berechtigt: ich bin dessen Schwiegcrmutter und dies hier ist seine
Frau l"
Die Augen der Angcsprochenen erweiterten sich auf er-
schrcckende Weise, ihre stämmigcn Armc hobcn sich und stciiimten
sich in die Sciten, und dcr Schnurrbart sträubte sich: „Ia, habc
ich denn recht gchört? Sie untcrstehen sich bci mcinen Töchtcrn
einen Lserrn zn vcrmnten? wcr glauben Sie dcnn wohl wcr
mir sind? Aber ich werde mir Ihrc Ramen wohl mcrken und
es soll Sic gercucn anständigcn Damen derartiges zu bicten. .
vcrklagen iverde ich Sie . . hören Sie, verklagen . .1"
Das kam wie cin wasscrfall iibcr die beidcn; da war die
Schwiegcrmuttcr an dic Unrechte gekommen, dic war ihr wcit
iiberlogenl
„verklagcni" schric die andcre noch einmal, dann that es
eincn furchtbarcn Arach — sie hatte ihncn dic Thiire vor dcr
Rase zugeworfenl
„Mainal"
„Ach wasl Ich hätte ihr schon die Mcinung gcsagt, wenn
sic sich nicht noch zur rechtcn Zeit geborgen hättel" renoin-
injertc diesc, „hicr im lsausc ist er nun einmal, ist er nicht im
crsten, so ist cr im zweitcn Stockc, komm mitl"
Im obcren Stocke öffnctc eine nncndlich zarte alte Damc:
„Ihr Begehr, meine Damen?" fragto sie mit leiser Stimmc.
„wir suchen tscrrn Rentier Atiillcr" n. s. w., zog dic
Schwiegermutter, ganz wie im erstcn Stocke, los — dic wolltc
sie es gehörig fiihlcn lasscn, daß sie bci dcr andcrcn den Aiirzeren
gczogcn hatte.
„Sagen Sie die rcinc
Mahrheit," fuhr sie fort,
„Sic wiirden cine entsehliche
vcrantwortlichkcit auf sich
ladenl"
„Ach Gott, ach Gott!"
ctwas andcres brachte die
Zartc nicht hervor.
„Lr kommt um 2 und
gcht um 6 — wir wisscn
allesl"
„Ach Gott, ach Gottl"
„lver ist bei ihm, was
thut er?"
„Ach Gott, ach Gottl"
„U)o befindet er sich?"
„Ach Gott, ach Gottl"
Die Schwicgermutter
machte, da sie keine ihr
genligendc Auskunft erhielt,
wcnig weitere Umständc, sie
schob die zarte Gestalt zur
Scite und drang in die
wohnung, ihr nach die
Tochter und unglückliche
Gattin.
Die Mama hatte die Räume rasch durchschrittcn.
vor cincr vcrsperrten Thiire blicb sic stchen: „Beffucnl"
heischte sie. „Sie wordcn eincn zwciten Schliisscl haben,
öffnen Siel"
„Ach Gott, ach Gott, wenn es dcnn sein mnßl"
Langsam ging die Thiire nach innen auf. Die Roulcaur
waren herabgclasscn, cs war ganz duukcl im Ziinmer. vom
Divan her drang cs wic Stöhuen. Dic Schwicgermutter zog
eincn Vorhang hoch — das Licht slutete hcrcin . . . ja was
war dcnn das? Auf dem Divan lag lscrr Uiüller, schlief und
schnarchtcl
Scinc Frau trat auf ihn zn nnd berührte scine Schultcr.
Lr schlng die Angcn auf, gähute und rcckte sich, dann wollte
er sich glcich wiedor auf die andcre Scile legen.
Da bcgann abcr die Schivlcgcrmutter: „lserr Schwiegersohn
wollen Sic uns nicht darübcr aufklärcn, wie Sic in dicses ksaus
und anf diesen Divan kommcn, wo Sie zu lsause Ihrer viere
selbst besitzen?"
Der Schwiegersohn war ganz wach geworden.
„Das ist ganz außcrordcntlich cinfach," mcintc er xomadig
— ich wolltc ausschlafcnl Seit vierzehn Tagcn, wollte
sagen Rächtcn, sind wir auswärts und ich bin cben doch kein
Zwanzigjährigcr mehr — das aber gcstcht man," hier nahm
cr seine Frau zärtlich um dic Uiitte, „cincr jungen Frau gegen-
über doch nicht gerne zul was übrigens Sie betrifft, Frau
Schwiegcrmama . . ."
Dicsc jcdoch hattc sich lcise gedrückt, dafür klang es aus
dem ljiutcrgruiide wic ein hcrzbcfricdigender Scufzer: „Ach
Gott, ach Gottl"
Redaktion: Max Schreiber. Druck und vcrlag von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
Geschäfksstelle in Mttnchen, Corneliusstrasrr 19.