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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 27.1896 (Nr. 301-313)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16565#0015
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Meggendorfers yumoristische Blätter.

V a t e r <z» den Sevatterrlenten, die sein Züngstgeborenes z»r Taufe bringen): „(Febt's nur
aufs Ainderl obacht, daß nit irgendwo in ein Wirtshaus liegen bleibtl"


war

goldencn, knnstvoll ciselierten nnd mit Scharnieren verbnndcnen
Bnchstabcn großer, gotischer Schrift.

„Dcr Bame der Ligentiimerin," lächeltc Lgbert zufrieden,
da wird man das Ding leicht zurnckgeben können."

Indessen das war nichts. Bach längerem bnchstabieren
hatte er die tvorte: „Ielängerjeliebor!" ßeransgetiiftelt
wobei das Ausrnfungszeichen am Schlusse zugleich als verschlnß
des Bandes diente.

„Jelängerjelieberl — Sonderbarl" Lgbert schrieb an
den Besiher des Vergniigungsortes, wo man am Tage voicher
poknliert hatte.

Ls war vergebens.

Lr schrieb an den Aastellan dcs alten Schlosscs. Ls war :
umsonst.

„tlnangenehm das l" lllit dem peinlichen Lmpfinden, das
jeden ehrenhaften Menschen beschleicht, dcr in den Besitz frem-
den Gutes gelangt ist nnd sich anßer Lage sieht, dasselbc seinem
Ligcntiimer znrückzugeben, legte Lgbert das Uleinod fort. —

II.

Auf Rittergut Altenbeeken wurdo der nene yerr erwartct;
der bserr Or. jur. st eam. Lgbert von bfagen, welchcr von nun

„verlange auch keinen Dank, Gnkel-
chen," lachte Ilse zuriick.

Lr selbst indessen, dem all diese
Sorgfalt galt, jagte derweil einer
schweizer Damcnpension nach, nm - ein
iiberschlankes,jnnges Oämchenmitiippigem,
braunem kfaargeflecht auf dem roth-
wangigen Uöpfchcn wiederznfinden, das
seincn lllantel nm ihre Schultern gefiabt,
seine Gcsten nachgcahmt, nnd sein Bier-
glas an die Granatlippcn gefnfirt hatte?
— Bewahrel — Bur nm ein gewisses
goldenes Armband, das aus den Bnch-
staben „I. L. L. A. L. N. G. L. R.

E. L. I. L. B. L. R." znsammengesetzt
seiner Ligentiimerin zurnckgeben zu können.

Da traf ifin ein Bries Bnkel Landrats: „Illein lieber Inngcs
lsier ist allcs zu Deinem Lmpfange bereit . . . . n. s. w. die Ilse
ist auch da . . ."

,,Base Ilse?" Die Lrinnernng an die „sanre Base" in
Verbindnng mit der an das Armband, nach dcssen Ligentnmerin
er vorgeblich geforscht fiatte, Ifiitte dem lserrn Doktor die
lseimreise vcrleiden können. Aber die Sefinsucht des alten
Vnkels, die doch aus jeder Zeile hcraussprach, brachte ihn zu
verstande.

Er gab sein Snchen nach dem schweizer Illädchenpensionat
anf und antwortete:

„Lieber, guter, alter Gnkel Landratl Verzeihe, daß ich Deine
Nachsicht so sehr lange in Ansprnch genommen habe. Ich packe
noch heute meinc Aoffer. Ivcnn keine Störnngen eintreten,
bin ich morgen abend bei Dir u. s. w."

Der Linzug des bserrn Or. von kfagen hatte stattgefnndcn.
Lgbert hatte den Singsang des yerrrn Uantors sowohl, als das
Peitschen- und Senscnduett der Arbeiter iiber sich ergehen lassen;
er hatte den jnngen Arbeiterinncn artige Ivortc fiir die Be-
kränzung der pforten nnd Thore gesagt, nnd der alten Ursel, dcr
Aöchin, endlich, als sie mit ihrem Spruche fertig gewesen war,

T>a wurde das ganze Schloß grnndlich ge-
sänbert. Oor lferr Rantor iibte Begrüßungs-
lieder ein, die jungen Arbeiterinnen wanden
lange Lanbgewinde nnd die Arbeiter iibten
ihre Peitschen- nnd Sensenduetts.

Und all dicscn Vorbereitnngen schenkte
nicht nur Gnkel Landrat seine Anfmerksamkcit,
sondern auch Tante Berlog, und — soweit es die-
jonigen Räumc anlangte, welche der bserr Or.
jur. st eam. bewohnen sollte, anch cin etwas
iibcrschlankes Oämchcn von zirka achtzehn Lenzen,
das auf einem graziösen Nacken ein mit
iippigen brannen ^lcchtcn geschmiicktos, braun-
wangiges Aöpfchen trug, ans dem zwei
dunkle Angen schalkhaft und voll Lcbens-
frendo in die Melt hincinlachten.'

„Ulache nnr nicht znviel, Ulädchen,"
meinte der Bnkel dann scherzhaft,
„das wciß Dir dor jnnge bjerr doch nicht
Dank."

Vegrüudete iKesorgnis.

an auf Altenbeeken wohnen und — wie
sich alle weibliche personen des Dorfes in die
Ghren raunten, — recht bald eine junge,
gnädige Frau in das alte yerrenhaus fiihren
wnrde.
 
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