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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 27.1896 (Nr. 301-313)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16565#0016
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/Neggendorfers Huinoristische Blätter.


eor-im puklieo ein pciar schallcnde Aiissc auf beide Wangen
gegebcn.

Lase Ilsc lies; sich bei all diesen Oorgängen nicht
sehen. Sonderbari llnd gerade an sie hatte der bserr Doktor
während des ganzen Lnipfangszcreinoniclls ani allerineisten ge-
dacht. An sie dachte er noch lange nach dein Abendcssen, als
er in scincn Ivohnrännien allein war; nnd nüt deni Gcdanken
an sie ging er endlich zn Bett.

Als Egbcrt ain andcrn lllorgen die Nase znin Fenster
hinaussteckte, uni das Antlitz ini Illorgentan zn baden, da —
äffte ihn cin Spuck, odcr war es Ivirklichkeit?" — Da stand,
kauni fiinfzig Schritt von seincni Fenstcr entfernt, bei dcn Lenti-
folicnhecken des Schlostparkes,
das lang gcsnchte Däinchen aus
der schiveizcr ldension niit deni
brann uniflochtencn Aopfchen
anf deni schlanken Backen nnd
nüt dcn lieblich gernndetcn
brännlichen Ivangen. Sollte
sic ani Lnde gar die sanre . . .

Aber ncin, das war ja nicht
niöglichl Base Ilse nnd Tante
Bcrlog hattc cr ja in die
Sonnnerfrische beglcitcn sollen,
da konnte die erstcre also nicht
in der schweizer Pcnsion gc-
ivesen sein. I>ie Dame dort
ini jdark h.itte cr aber zwcifcls-
ohne in der schmeizer Pension
gesehen; folglich konntc sic nicht
Lase jjüs» s»in.

„Lh, alter Lgbert, sei doch
kein rappclköpfigcs ljichn nnd
besinn Dich langel Flink hin-
ans, dcni schönen lNädchcn an
die Scitcl Bist doch sonst nicht
blödell"

lvenige Seknnden spätcr
befand cr sich iin Gartcn nnd
schritt anf die jnnge Danie zn.

„Gnten Morgen, Fräulcin
Länglichl" Lgbert ivnszte spätcr
selbst nicht, wie gcrade dieses
lvort anf seine Lippcn geratcn
war. Zlber der Bnkel hatte
dassclbe lvort „cin bißchcn
länglichi" von Base Ilse ge-
braucht, da ivar es chm nn-
ivillknrlich in den Sinn gekoni-
inen.

„Ich bin Ilse Aedekin,
mein tsorr, die Nichte der Fran Uominerzienrat Lerlog. lVenn
ich nicht irre, dann habe ich dcn bjerrn Or. jur. st snm. von
lsagen vor niir?I" so scholl es chm kiihl und abwehrend aus
chrem Aoseninunde entgegen.

„Ba, nn, nee l" Lgbert lachte lustig anf. „So gelch das
nicht. Ich bin freilich Lgbert tsagen; aber das zn raten ist
ja Spatz fiir jeinanden, der lster Boscheid lveiß. Sie dagegcn,
nieine Gnädige? lseute hier in Altenbecken Base Ilse Rede-
kin, und nenlich in der schweizer pension Fräulein Länglich, oder
Ielängerjelicber, das inich so schneidig kopierto, daß ich Ihncn

ein bierehrliches „Prosit Fuchs!" zngernfen habe, mie reiint sich
das znsaininen?!"

„lserr Doktor-", wiedcr traf den jnngen Gntsherrn

cin verivundert knhler Blick. „Sie belieben zu scherzcnl" Zn
gleicher Zeit aber znckte »ni die schwellenden lllnndivinkel ein
innhsani verhaltcncs, loses Lachcn, das deni jnngcn llkannc
keineswcgs cntging.

„Der silße Aerl will Dich ntzen, alter Egbert, da heißt es
anf der ljnt sein," flnstorte er in sich hinein. Indessen bcvor
cr noch das passonde lvort znr llleiterrede gefnnden hatte, nahni
die jnngc Danie niit eincr graziösen Beivegnng die Aleider-
salten znsaninicn, niachte deni ljcrrn Doktor cine leichte ver-

bengnng nnd schwebtc deni
lserrenhanse zu.

III.

„Na, ivie gefällt Dir Basc
Ilse, Lgbcrt? lsast Dn sie
schon gesehen?" so fragte Dnkcl
Landrat beini zmeiten Friih-
stlick. „Ist sie nicht ein Pracht-
mädel?"

„Nun ja, Vnkelchenl In
d e ni Altcr kann ein lllädel schon
nett sein. lvie lange ist dcnn
Fränlein Redekin schon hier?"

„Fränlcin Redckin? lva-
rnni sagst Dn nicht Lase Ilse?
ljabt ihr euch ctwa schon gc-
zankt?"

„lverde inich doch niit keincr
Danie zanken, Gnkelchenl Aber
ich erlanbte niir zn fragen, ivie
lange Fränlein Redekin schon
hier ist?"

„Laß sehenl" Dnkel Land-
rat rechnete nach, „drei, vier
lllochen ctwa. Sie kani zn nns
ans ihrer jdensioii Lnde lllai,
uin init ihrer Tante in die
Soininerfrische zu gchen. Da
Dn die Danien nicht bcgleiten
konntest, schloß sic sich der pen-
sion an, nnd — ja ivohll —
seit vier lvochen ist sie wieder
hier. 2lber ivarnni fragst Dn
danach?"

„lveil ich von dieser Base
noch nie cin lvort gehört habe,
Gnkelchen."

„Ia sol — Sie hat ihre
Lltern frtrh verloren. Ihre Mutter war eine Schivefter von
Tante Berlog und — ja — wnndere niich, daß Dn nie von
ihr gehärt hast. Gesxrochen haben wir doch inaiichiiial von
ihr.«

„Anf jedcn Fall danke ich Dir, lieber Dnkell" Der ljerr
Doktor wußte genng. Die „sanre Basc" nnd die jnnge Danie
ans der schweizer jdension waren dieselbo jlerson, so sehr sich
Inngfrau Ilse auch gcgen dieses Zngeständnis stränbte.

(Schltttz folgt.)

Verlehi.


Nerantwortlicher Redaktcur: Max Schreiber. Drnck nnd verlag I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stnttgart.

GLhchäftsftelle in München: Cornelinsstrntze 19.
 
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