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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 27.1896 (Nr. 301-313)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16565#0036
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Neggendorfers Hurnoristische Biätler.

den werde ich benützen. Ieht ist es zwölf Uhr; ich kann cilso
noch bequem vorher zu tNittag speisen uud eine Flasche Nier-
steiner dazu trinkcn, die inir deu notigeu tNut zu dcm mir be-
vorstehenden Abenteuer verleihcu soll l"

Um vier Ul;r dreißig UNuutcu steigt Brombcrg aus
dem Louxö zweiter Alasse, das cr heute in Anbetracht der zu
erwartenden UNtgift von soooo Tstalcrn beuiitzt hattc —
sonst suhr er stets nur dritter Alasse — und betritt gleich darauf
das Stadchen Baldsstausen, das sich mit seiucu alten, großen
Patrizierchäusern uud kleiueu, wcißen villen so malerisch an
den Fuß des steilaufstcigendcu, rebcubewachsenen Lerges schmiegt.
Langgestreckt traten seine Isäuser bis dicht au dcn Fluß herau.

Bald hat er die tNnllerstraße uud iu dieser das bezeichuete
tsaus Nummer zwölf gcfundeu. Scin lserz pocht in rascheren
Schlägen, als cr die Alingcl crgreist und der Ton derselbeu
nun schrill durch das ksaus schallt. Tiu Dienstmädchcn öffuet
die Tlstire.

„Pardon, ist Fräulein Lugenie Lildeu zu sprcchen?"
fragt er dieses.

„Ial Bitte haben Sie die lZiitc mir zu folgeul" sordert
istn das Dicnstmädchen auf.

Sie gehen durch dcn bsausflur, steigen zwei Trcppen
hinauf, gclangen an eineu langen Gang, den sic bis an dessen
Ende durchschreiten, wo das lllädchen vor einer Tlstire stehen
bleibt.

„In diescm Zimmer werden Sie Fräulein Bildcu fiudcn l"
sagt sio uud entfernt sich gleich darauf.

Bromberg klopft an uud tritt aus das „stercin" ins
Zimmer.

„Lutschnldigcn Sie, wcnn ich stöce," sagt er zu dcr altcn
Vame, die in cinom Sorgsesscl sitzt, „mich fiitzrt ein eigeutüm-
licher llmstand sticrster. Ich bin gekommen, um mit einem ge-
wißcn Fräulein Lugcnie Bilden zu sprechcn. . . ."

„Schän", uuterbricht istn die alte Dame, eine hohe
Scchzigeriu, „die bin ich. lvas verschafft mir die Lhre Ihres
Besuchcs?"

„Sie — Sie — si — sind — Fräu — Fräulein Lu —
Lugenie Bil — Lilden?" stottert er mit vor Staunen gclähmter
Zunge.

„Ia gewißl Aber warum setzt Sie das so sehr in
Lrstauuen?"

„Pardon, habcn Sic vielleicht den Zettel hier gcschriebeu,
den ich hcute in einem Romau von dem seligen lsoffmann saud?"
sragte er, ihr den Zcttel vorzeigeud.

Die Alte setzte ciue große lsornbrille auf die Nase und
nachdem sie dcn Zettel gelescu, bcstätigt sie:

„Ia, das habe ich geschriebeu l Schade, daß Sie ihn nicht
früher fauden, donn wahrscheinlich sind Sie der prinz, der das
Dornröschcu erläscn wollte. Sie sind wirklich ein gauz netter
junger lllann; nur glaube ich, daß ich jetzt noch kaum als
Gattin zu Ihnen passen dürfte, denn seit ich den Zettel in
jencs Luch schob, sind vierzig Iahre verflossen, mein vormund
ist längst gestorben und ich solbst bin inzwischen, wie Sie sehen,
recht alt gewordonl"

Nrommer Wrmsch.

lNann <zu l-iner jrau): „Alte, Tag für Tag wirst Du älter!
ltönnt'st Du nit a — Fasserl lvein sein?"

Lebensregcl.

ast offen du Aopf, Vhr und lsand,

Die llugeu osfen, in dic lvelt zu blicken,
Lsältst du die Brust dir srei und frei den Rücken,
Auf rechtem Fleck das lferz dir unverwandt;
lvenn du die Nase uicht zu hoch zu tragcn strebst,
Auf sestem Fuße stehst, nicht auf zu großem lcbst,
ksältst reiuen lNuud und nimmst ihn nicht zu voll,
So weiß ich uicht, was dir noch fehlcn soll.

Heiratsanlrag.

Betrunkener: „Aönuten Sie mir nicht sagen wo hier die
Dorotheengasse ist?"
kserr: „lfier die zweite Gasse rechts."

Betrunkener: „Aönnten Sie mir nicht sagen wo rechts ist?"

verantwortlicher Redakteur: lNax Schreiber. Druck und Verlag von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.

Gesrhäftsstelle in Münchrn: Corneliusstrahe ld.
 
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