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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 27.1896 (Nr. 301-313)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16565#0056
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52

Meggendorfers hurnoristische Blätter.

Auf miffcnIchafMchcm Ivegc.

Geist ncich dem cmdcrn betrnt das Zinnncr nnd jcdem Ncrhm
er dio Zcugnissc ab und bcstellte istn fiir nbcrmorgen frnst.
§r wollte dieso ganze Dienstbotenlittercitnr ciner eingestendcn
priifiing iinterziestcn nnd dcinn dic geeignete Answnstl trcffen.

!?is in die Ncicht lstnein scis; der Gclcstrte bei dieser Arbcit,
vhnc cinch nnr den dritten Teil erledigcn zn können. Dnbei
vergcis; er ganz den eigentlichen Ziveck seiner Thcitigkeit. Aber
nicht nnr dcis stcitte er vergcssen, sondern er hatte auch nicht
daran gedacht, das; an demselben Tag, an welchem er all dic
lliädchcn bestellt hatte, anch seine Fran znriickkchren sollte.
Angliicklicher sdrofcssorl — — —

Lin Lärmen nnd sdoltern, Strampeln nnd Stampfcn,
Schcllen, Schrcicn, Aeifen nnd Lachcn, kurz, ein Gctöse der
fnrchtbarsten Art, wcckte ihn am frnhen kliorgen ans siißcni
Schlnmmcr. Grschrocken fnhr cr empor nnd lanschte. Gr ivnßte
sich dieses Lärmen nicht zn erklären, es inußte irgend ein schrcck-
liches Anglnck gcschchen sein. — Angstbcklommcn langte cr nach
der Schelle. Gs danertc cine geraume kveile, bis cndlich der
Dicner erschien. Sein 2knsschen vormehrte dic Angst des jdro-
sessors nm ein bedentcndcs. I>er Mann befand sich in einem
Znstande dor hüchsten 2lnfregnng. klkit schiveißbedeckter Stirne
nnd kenchendem Athcm, stand cr in dcrangierter Toilctte vor
scincm Gcbietcr. Der Lärm draußen tobte in ungcschivächtcr
Kraft wciter.

„kkm Gotteswillen, was geht hier vor?"

„G, lserr profcssor," stöhnte dcr goängstigtc
Diener niid seine schcnen Blicke schiveifleii nach der
Thnre.

„Nnn, so rede doch, was gicbts dcnn?"

„Vhl"

„Ach Gott, diese Frauenzimmer I"

„lvas für Franeiizimmer?"

„Die Sie bcstellt habenl"

„säch habe Francnzimmer bestcllt? nnd wozn?"

„Sie sagcn, dcr lherr jdrofessor hätte Sie alle
in den Dienst gcnommen, es si:id füiifundzivanzig
Stück."

INit vcrständnisloscm Llick starrte der j>ro-
fcssor anf den Diener: „Ich habe fünfnndzivanzig
lllädchen anfgenommen?"

„r.lnn, ja doch, Sie sagcn es ja allcl"

In diescm Augenblicke nahm dcr Rnmor vor
dcr Thüre wahrhaft bcängstigcndc Dimcnsioncn an.

Rasch fnhr der j?rofessor in seinc Klcider und trat
hinans. Gott im lhimmel, wie sah es da ans I
lllit Aisten, Aoffern nnd Schachteln bcpackt, teil-
ivcise in Legleitnng von j)ackträgcrn, hielten die
lllädchen,alt und jnng, das vorzimmer besetzt. Als
die Damen dcs jdrofessors ansichtig ivurdcn, dräng-
ten sie alle herbei, ihrcm lfcrrn die schnldige Lhr-
furcht zn bezengen nnd seine Befehle entgcgcnzii-
nehnien. Sic alle ivetteiferten, cs cincr der andcrn
znvor zn thun nnd die Gnnst dcs Gebiclers zu ge-
ivinnen, dcn sie dabci beinahe über den lsaufen
warfen. Zu Tode erschrocken, snchtc sich dicscr in
Sichcrheit zu bringen nnd verschlos; die Thüre
hintcr sich. Run erhob sich der Lärm, ärger als je
znvor, die lllädchen riefen nach dem lsansherrn
und der lsansfran, ihren Büchcrn, Zeugnissen,

Lohn, polizei, die jdackträger verlangten ihr Geld
von den lllädchcn, dcr Dicner wnrde von allen

Sciten bcstürmt und snchte die Thüre zn gewinnen. Lr
ivollle sein lhcil in dcr Flncht suchen und den Profcssor seinem
Schicksale überlassen. Schon hatte er dcn Ansgang erreicht,
noch ein Schritt nnd cr war draußen, da — plötzlich wnrde
die Thüre anfgerissen nnd anf der Schwelle erschien die Fran
jdrofessor, welche eben vom Lahnhofe angekommen war. —
Sie hört den Lärm, sieht die viclen lllcnscheii, — ihr lllann,
— wollte man ihm Gvationcn bringen? —

„Gott sci Dank, daß Sie hier sind, gnädige Fraul"
lllles schweigt und blickt auf die Angekommeiie.

„llm Gotteswille», was geht hicr vor?"

Dcr jdrofessor im Zimmer erkennt die Stimnie und tritt
herans. — Ictzt ist cr geborgen. - Lr sncht sich ein möglichst
niibefaiigcncs llnssehen zn geben.

„Ach, Dn bist schon hier?> — Das ist schön, — wie geht's
Dir?"

„Sage mir crst was,hier geschiehtl"

„ksier? — ah so — sieh nnr, licbste llmanda, ich habe Dir
hicr cin Dienstmädchen bcsorgt."

Die liebste Amanda sicl in Ghnmacht. —

Dcr lserr jdrofcssor Or. Schlauer nimmt seitdem keine
Dienstmädchcn mchr anf.

Fränenrache.

liommerzienrätin: „Ich bin lllitglied des vereins gegcn Oerarmnng
und Bcttelci nnd gcbe prinzipicli keine lllmosenl"

Bcttlerin: „Erbarmen Sie sich doch einer hilflosen lllnttcr »nd schenkcn
Sie mir wenigstcns einen Schnh von sichl"

Rommerzicnrätin: „lvozn könnte Ihnen denn mein Schuh nützen?"
Lcttlerin: „Als lviege für nicin Aindl"

verantwortlicher Redakteur: lllax Schreiber. Druck und verlag I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.

Gelchäftsstrlle in München: Corneliusstrssre 19.
 
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