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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 27.1896 (Nr. 301-313)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16565#0106
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s02

Meggendorfers ^umoristische Blätter.

^General-ssrobe?

„Sapperlotl Da könntest Du recht habenl"

„Nun gieb ,»al acht, was die Sache für eine wendung
nimnit, ich werde inich jetzt der Zeichenspjrache bedienenl"
In Schinatter schicn in der That der Teufel der Aeckheit
gefahren zu sein. Lr drängte sein Pferd, er ritt rechts von
der Danie, hart an das ihrc heran und plötzlich ergrisf er ihre
rechte kjand nnd drnckte dieselbe an die Lippen. Die Reiterin
schnellte ihren Gberkörper so rasch und heftig nach links, daß
von Schnietter alle Eile nötig hatte, uin sie niit dem rasch nin
ihre Taille gelegten Arme zu siutzen. Darauf sahen sich die
Freunde init triuniphierendon Blicken an. Die Reiterin aber
bot das Bild der höchsten verlegen- und Befangenheit und
blickte wic hilfesnchend in die Forne. jdlötzlich blieben ihre
Augen an eineni Pnnkte, dcr von hier aus schnnrgerade dahin-
laufonden Lhaussee hangen, ja sie riß dieselben allniählich so
weit auf, als sollten sie ihr aus den kjöhlen treten. Der
Schiinmel, von ihreni Sporn gestachelt, niachte eine mächtige
Lancade nnd nur dem raschen Zugreifen der Vffiziere war es
zu verdanken, daß er nicht ein zweites Nal dnrchging. Nnn
beincrkten anch diese den sich rasch nähernden Gegenstand der
Aufnierksamkeit der Daine. Es war ein Reiter. „Sieh da,
Rittineister von Teddenl" ineinte Schmetter.

„Alle Metter," entgegnete Schnietter, „sieh Dir mal nnsere
schöne Unbekannte an, sie zittert ja sörmlich und schwankt iin
Sattel — sollten wir da irgend einein Romänchen auf der
Spnr sein — sieh inal einer dicsen Teddenl"

Der abcr schric, als er auf kjörweite heran war: „kjalten
sie sie sest, ineine lherren, bitte, bis ich dort bin — ach, endlich
habe ich siel"

Non Schmatter nnd von Schmetter schauten nur so. lhatte
diese Person am Endo cin verbrochen begangen? Die Sache
wurde ja iininer interessanter!

„So, ich danke Ihnen herzlich siir den Dienst, den Sie inir
zu leistcn so liebenswnrdig warcn, ineine kjerren — ich bin nur
froh, daß ihr nichts passiert istl"

„Na, wcnn der wiißte," dachten Schniatter und Schmetter
unisono „daß wir sie beinahe gekiißt haben, da könnte die
Geschichte erst eincn niedlichen Ausgang nehmenl"

„Ich bin nnr froh, daß sie keine vcrletznng davongetragen
hat," fuhr der Rittineister rund nin die Dame reitend fort,
wobei er aber ansschließlich das Pferd betrachtete und auf die
darauf sitzende, zusannnengeknickte Gestalt gar nicht zu achten schien.

Die beiden Lieutenants wollten eben die Nersichernng ab-
gebcn, daß sie redlich gethan hatten, was in ihren Aräften
stand, als der Rittineister seine Besichtignng beendet hatte nnd
ohne auf sie zu achten plötzlich gegen die Daine loszudonnern
bcgann:

„Nnn zu Dir, Du ganz niederträchtiger Kerll"

„Aerll?"

„Rerl??"

„Na natürlich — da seh'n Sie sich 'mal die Bescheernng an,
ineine lserrenl"

Die Lieutonants ahnten nichts gutcs; der Rittmeister aber
fnhr anf die Amazone los und riß ihr ohne weiteres den kjut
saint Schleier vom Aopfe.

von Schmatter und von Schmetter glaubten in die Lrde
sinken zu müssen — das war ja ein . . . ein . . . Mannsbildl
„Alle wetterrrrrrl"

„kjimmeldonnerrrrrr I"

„Ja, meine Ljerrcn, das ist Ljerr Gefreiter Iohann Nepo-
muk Zwirner, mein sehr lieber Bursche und Pferdewärter . . .

sitze ab, Du Nichtsnutz, ich werde das Pferd selbst an der kjand
heimbringen . . ."

„Aber kjerr Rittmeister erlauben Sie uns doch . . .1"

„Danke, danke . . . ich besorge das selbst . . . muß vor-
sichtig geschehen, erzähle Ihnen Gründe noch . . . bin nur froh,
daß rechtzeitig heimkam und die Dienstboten mir die Sache
beichteten . . . nehmen Sie lieber Abschied von dein therrn
Iohann Nepomuk — denn den dürften Sie,für längere Zeit
nicht nichr erblicken . . . habe die Lhre! Du inachst den weg
zu Fuße in deiner Maskarade, dies soll der erste Teil deiner
Strafe sein . . ."

von Tedden griißte nochmals und dann eilte er in schlankem
Trabe, den Schimmel am Zügel, der Stadt zu.

Iohann Nepoinnk nahm, vor den Gffizieren die üblichc
Lhrenbezeugung machend, ehe er sich empfahl, unter seinem
Reitkleide die thacken zusainmen, stolperte „Rehrt" nnd dann
ging auch er der Stadt zu, den Schleierbehängten Lylinder in
der tsand und die Schleppe über dem Arm — tiefbetrübt im
kjerzen.

von Schmatter und von Schmetter hielten noch ain altcn
Platze, sie sahen sich an:

„Schenßlich I"

„Ansnehmend scheußlichl"

„Was thun — he?"

„Denke — Portemonnaie?"

Ihre thände fiihron zu gleicher Zeit in die Reitbeinklcid-
taschen, sie holten je einen Thaler hervor, setzten ihre jtferde
in Trab nnd bald war Iohann Ncpomnk eingeholt, aus den
sie in eindringlicher weise einsprachen und in dessen thand
endlich die boiden Thaler verschwanden. — —

tjerrgott von Bentheim, wenn diese Geschichte aber anch
aufgekominen wärell

Vahnung.

Betrnnkener: „Ainder lacht nicht, ihr wißt ja noch nicht,
was Durst ist."

verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck und verlag I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Ltuttgart.

GeschSfisstellr in München: Schubertstrstze 6.
 
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