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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 27.1896 (Nr. 301-313)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16565#0115
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LNeggendorfers Humoristische Blätter.

Nvancemeni.

an? ier ^ irsch (dem soeben seine Standeserhölfung bekannt gegeben wurde):

„Sarahleben, jetzt haste ä Ldelhirsch!"

Der Ä'ump.

<5Dor jnnge 6err, ven dcm ich hicr berichte,

Und desseir Tngend inich bcgeistert zum Gcdichte
Trng hiniinclblaiic Pantalons nnd blank lackierte Schuh'.
Ihr denkt lstcr an vcrkörperung der Llcganz.

Allein vcrzeiht, sein Rock bekani schon Glanz

Und einen wcinfleck zcigte seine weisje tveste noch dazu.

Jch weiß nicht, wie ich zu ihin kani,

Durch welche i wahn verfiihrt, ich Anteil an ihm nahin.
Doch will ich durch zehn Lide gern bckiindcn,

Uas; wir in keinein Lethans uns gefnnden.

Lr lag bei mir den ganzen Tag.

Aß fast sür drei und trank nicht schlecht hcrnach.

Lr war ein 6eld im unverschainten Prahlcn
Und pbantasievoll iin Gcbiet der Zahlen.

Resaß sein Vhin beim ersten Glas dcr Rittergiiter drei,

So legtc er beiin zweitcn pnnsch schon zehnc bei.

Anch pries, wie alle jungcn u.agediebe,

Lr lant sein Gliick iin Punkt dcr Liebe.

Da waren Aaufherrntöchter und Tomtessen,

Oie ibn vor Liebe halb gefressen.

Doch kurz — den Freund bekain ich satt,

Sein Uiund war sehr gewandt; jedoch sein Geist nur inatt.
Und wer verspiirte wohl vergniigen,

Menn Leute stets in gleicher Tonart lügen?

Doch hasse ich die aufgeregten Srenen

Und zog es vor, in seiner Gegenwart zu gahnen.

Linst kain inein Freund nun in mein Uaus gcrannt,

Und da er mich bei Tisch schon fand,

So rückte er zu mir niit stiiinmein Gruß
Und stärkte sich am Ralbsfilet nnd Apfcluius.

Lr trank sein weinglas fleißig leer,


?och sonderbar, er seufzte schwer.

Scin Auge schien mich angsterfüllt zu fragen,

Und als das Lssen abgetragen,

Rief cr: „V hört" nnd sprang erregt von seinem Sih,

„Jhr kennt mein Abenteuer mit der Gräfin Rassewitz auf
Pardlubitz bei Sasselitz.

Ihr wißt auch, daß dic alte Lxcellenz ihr Rind ein Iahr
verbannte

Und daß es, trotz des vaters Zorn, in neuer Lieb' zu mir
entbrannte.

Run schreibt man mir: ?er Graf liegt sterbenskrank im Bette,
Und da er mich bereuend gern mit Lydia gesegnet hätte,

So läßt er mich nach Pardlubitz entbieten
Und rät zur schnellern Fahrt mir einen Lxtrazug zu mieten.
welch ungeheures Glückl Und doch steh ich betrübt vor Dir
und schweige,

?enn, lieber Freund, mein Geld ging auf die Reige.

?ie tausend Pfund, die ich in Lngland aufgenommen,

Sind mir zum Pech auch heute nicht gekommen,

Sodaß, wenn ?u nicht hundert Thaler leihst,

Ich ratlos bin, wie man mit Anstand reist."

„Fatal," rief ich, „auch meine Kasse ist nicht stark.

Leschämt muß ich gestehn, dcr Beutel hier birgt kaum noch
sechzig Ukark."

Lr sah mich zwcifelnd an, verzog die Brannen hin und wieder
Und lief verstört im Zinimer anf und nicder.

?och plötzlich blieb cr stehn. „was sagst ?u?" sprach er, „nur
sechzig Mark?

Run, wie ?u dcnkst, niein Frcund, gieb mir den Vuark,
?amit mein Glück ich nicht verpasse,

Fahr' bis Berlin ich in der viertcn Rlasse."

Ich zögerte und ließ ihn crst bekennen,

?aß von den tausend Pfund ich drei mcin Ligen durfte
nennen.

Lr ging, nachdem er mich gerührt um einen Abschiedsbittern
bat.

Am Abend legte ich mich sehr zufricden nieder.
war's das Bewußtsein einer guten That?

Ach nein, ich wnßte nur, er kam nicht wieder.

Mliximilie» Fuhi»,»»«.

Die 'Vrise öes Ämtschefs.

ie verziickt saß sie anf ihrem Sitzc in der Trambahn
nnd konnte kaiim die Angen von dem jnngen Blondin
abwendcn, der draußen anf der Plattform stund.

Sie hatte plötzlich ihr Ideal gcfunden! So war ihr der,
von ihr schon lange bscißgeliebte in ihren Träumen erschienenl
So, ganz so hatte sie sich den einstigen Gatten gedacht nnd ste
fühltc es jetzt ganz deutlich: Ia es gab eine höhcre Bcstim-
mung, welche zwci Utenschen, die zusammengchören auch cndlich
zusammenführtl Sie hätte bei ihrer wohlhabcnhcit und ihrer
reizendcn Lrscheinnng schon particn genug machen können, aber
es hielt sie jedcsmal ein iinbestimmbares Gefiihl davon ab ,ja'
zu sageu, ihr Traumkönig würde ihr gewiß noch in wahr-
haftiger Gestalt erschcinen und nnn war ihrc Ausdauer wirklich
bclohnt. Sie stieß eincn kleinen, bangen Senfzer des Zwcisels
aus. würde denn auch er . . . ? Aber die lsoffnung dazu
war da I Immer wieder kehrten seine bcwnndernden Blicke zu
ihr zuriick . . . Amor hilf!

Zweimal schon hatte sie sich ein neues Billet geben lassen
um noch eine Strecke mitfahren zu können und wie sie triumphie-
rend bemerkt hatte, hatte auch er genau dasselbe Ulanöver ge-
macht. Nun aber mußte ste aussteigen ihr Gcbahren konnte
den um sie Sitzenden sonst auffallen — ach was wird er thun,
gleichgiltig wcitersahren — — oder . . . ? Langsam crhob sie
sich bei der nächsten Station, trat unter die Thüre des wagcns
und war ihm nun so nahe, daß ihn ihre bauschigen Aermel
berührten. Sie stunden Auge in Auge . . . sie fühlte, daß sw.
wie mit Blut übergoffen sein mnßte, auch er war rot gewordcn
und wie sah er sie an I
 
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