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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 27.1896 (Nr. 301-313)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16565#0125
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Meggendorfers Humoristische Blätter.

s2s

tLüblches Reluliat.

„Ou hast doch gedciralet, tüar, ;'»uip inir 20 ütark."

„Liel'cr Freund, dic Gläul'iger dabeu mir iiu gauzcu uur <5 Illark hcrausgczahll I"

b'iu <le siöcls.

Bab^ <eben geboren)! „Ach meine Nerven I"

Mtilärischer ÄedankcnspMcr.

Die Fensterpromeuade ist der parade-
marsch der verliebten. Mikado.

Akilderungsgrund.

„. . . Du, Deine Frau ist ja abcr 'ne alte
Schachtell"

„Ia, aber Geldschachtell"

Druckfehler.

Der jungc priuz unteruahm die weite
Rcise begleitet von zwei ihm besonders
zugeteilten Lselkuaben.

(Lingegangen.

„Iluc Frau, glaubc ich, färbt ihr lsaar."
„Ach ueiu, das hat sie schon so blond
gekaustl"

Ia frcilich.

lscrr: „Dic klcine Lomtesse hat eiu lserz
vou Stcin . . ."

Licuteuant: „Ach, gleich 'mal bißchcn —
Uliueralogc spielcul"


vcrpflichtuugcn, uoklesse odlige u. s. w. — Da kain mir
der Aufall zu kjille. Ich bekam eine neue paticutin, Fräu-
Icin Justinc lsaberkoru, und iu dereu ljause nun lerntc ich
meiucn lsugo kennen. INeiuen gutcu pugo! ein 'Nuster seiues
Geschlechts uud dazu nur gewordcu durch die veruunftge-
mäßc Lrziehung.

Lr hatte nämlich sehr friih seiuo Llteru verloren, mcin
gutcr lsugo, uud war infolgedcsseu, als gauz zartcr Sprößliug
noch, in die Dbhut seiucr beiden Tanteu, Fräulein Iustinc und
Fräulein Lharlotte Isaberkoru gekoniinen, dio nnn mit Lifcr
daran gingen, sich in ihm ein männliches Ideal zu erziehen.
Mit wissenschaftlichen Lxperimenten, die ja doch aussichtslos
warcn, plagten sie ihn nicht viel. Fräuleiu Iustine crtcilte ihm
dcn ersten Llementaruuterricht und später wurde die Gymuasial-
lesirerin Or. Lugenie Maguich als Lrziesierin ins lsaus ge-
nommen, aus Rücksicht auf den drohcnden Militärdicnst, dein
mein lsugo jedoch zum Glück entgiug, da er etmas schwach aus
der Brust — abcr der ljauptwert wurde doch immer auf seinc
häusliche Ausbildung gclcgt, und da Taute Tharlotte ctwas
zuriickgeblieben war in der Kultur, liebor deu Aochlöffel schwang,
als sich niit eincm guten Buch abgab, lieber hinter der Näh-
maschine, als lsinterm Schrcibpult saß, gab sie in dieser Rich-
tung eine vorziigliche Lesirmeisterin für meinen kjugo ab, dcn
ich dccher mit Recht als Perle seines Geschlechtes be-
zeichnen durfte und mich beeilte dieses Aleinod mir zu
sichern.

kvir führten denn auch die denkbar gliicklichste §he. Allcs
war blitzsauber um mich her, ich hatte noch nie so gut gcspcist,
und um keiue der läppischen häuslichen Aleinigkeiten, dic
anderen Frauen das Leben verbittern und sie von ihren höheren
Zwecken ablenken, brauchte ich mich zu bekümmern. Mein ksiigo
besorgte das alles aufs pünklichste und war selbst übergliicklich,
den Lifersüchtelein der Tante Lharlotte, die nicht ertragen

konutc, daß ihr Schülcr im lsaiishaltungsfachc sie so schncll über-
ftiigelt hattc, entronncn zu sein.

Bcsonders gemiitlich gcstaltete sich unser Lcben des Abcnds
wenn für mich des Tages ljchjagd zu Lnde war. lvir aßen
erst zusammen Abendbrod, dann verfiigte ich mich in mein
Studierzimmer, das neben dcr Aüche gelegcn war; die ver-
bindungsthiir zwischcn beiden Ränmen wurde gcöffnet, so daß
ich meinem lsiigo, uoch das letzte Gcschirr aufwusch

und dio nötigcn vorbcreitungen für den nächsten Tag traf,
Rartoffeln schälte, Riiben putzte oder ähnliches machtc, zusehen
und mich mit ihm nnterhaltcn konnte.

Line Bekannte von mir, die berühmtc Tiermalerin Lina
Achjeh hat uns einmal in dicscr Situation gezcichnet. Aiich an
ineinem Diplomatciitisch sitzcnd, im feschcn Normalkleid init der
wcißen Piqueweste, der bequemen Ioppe darnber, mit Steh-
kragen nnd langem Schlipps, auf dem knrzlockigen ksaar den
kleidsamcn Fez; meincn ljugo am Aufwaschtisch, mit aufge-
streiften themdärmeln, über den hellen Inexpressibles (oder
Insäparables wie die berühmte Geistinger sagte) die hübsch ge-
»iiistcrte Aüchenschiirze mit den breiten Achselbändern; auf dem
Aopfe, um sein reizendes, weiches lhaar vor Staub und Ruß zu
schützen, ein rotbordiertes, weißes Aopftuch, dessen eincr
Zipfel ihm kokott in die Stirn fällt — s'ist ein allerliebstes
Bildchenl

So verbrachten wir denn auch einmal wieder eincn köstlichen
Illaiabend. Die Luft war würzig und lind, so daß ich das
Feuster in meiner Stube weit offcn ließ. plötzlich fällt durch
jcnes Fenster etwas in mein Ziinmer. Ich wende inich er-
schrocken uni, auch mein ksugo kommt schnell aus der Aüche
herbeigelauscn — und was erblicken unsere Augen? einen
Storchl Linen leibhaftigen Storch, auf dessen Rückcn mit
zarten rosa Bändern ein Ivickelkind befestigt ist. IVir sehen
ihn, er sieht uns mit maßlosem Lrstaunen an. Ia ich kann
 
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