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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 28.1897 (Nr. 314-326)

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Nr. 314
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https://doi.org/10.11588/diglit.28504#0020
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ITleggendorfers Humoristische Blätter.

Schlag Zwölf"
Zeit!" — „Bin schon da, alter Junge," entgegnete die-
ser, „und ganz außerordentlich begierig, was aus der
Geschichte noch werden soll. Ich kann Dir sagen, mich
friert ganz abscheulich I Als ich Deinen, nur beinahe
unverständlichen Brief vor acht Wochen erhielt, dachte
ich, unter Palmen wandelnd, wahrhaftig nicht daran,
für Heuer noch etwas von dein abscheulichen europäi-
schen Winter abzubekommen und nun hast Du mich
kopfüber hineingezerrt I"
„Laß' es gut sein, mein lieber Egon, ich danke
es Dir ja auch zu tausend Malen, daß Du auf meinen
Ruf aus dem sonnigen Süden herbeikamst, — ich schrieb
Dir ja, es hänge mein Lebensglück davon ab . .
„Und da kam ich selbstverständlich . . . aber nun,
bitte Rolf, sage mir auch, was weiter geschehen soll,
denn zu Hause bei Dir hatte ich gerade Zeit Toilette
zu machen, da der dumme Expreßzug im Schnee stecken
geblieben war und dadurch Verspätung erlitt ..."
Die beiden Herren waren unter diesem Gespräche
in den Lmpfangssalon, den wir schon kennen, getreten,
der jetzt aber vollständig leer war und man konnte
sie nun mit aller Muse betrachten.
Es war wunderbar: hätten sie beide Uniform
angehabt, oder wären sie beide in Eivil gewesen, man
hätte sie schwer auseinandergekannt; sie mochten das
auch selbst denken, als sie so vor dein Trumeau standen
und der eine sich die Attila mehr in die Taille zog,
der andere das Komthurkreuz, das er an farbigem
Bande um den blendend weißen Kragen trug, auf
dem steifgestärkten Plastron zurecht schob und dann
zusah, ob auch seine übrigen Orden, welche ihm en minia-
ture an einem goldenen Kettchen hingen, in Ordnung
wären — dann lächelten sich beide zu und der im Frack
sagte: „Ganz die Alten, nicht?"
Worauf der Lieutenant antwortete: „Zug um
Zug! und, siehst Du, das soll mich aus dem Dilemma
führen, in das ich hier unversehens geraten bin . . .!"
Mit diesen Worten nahm er den Eivilisten unter den
Arm und indem er hastig aber leise auf ihn einsprach,
führte er ihn in dem Salon auf und ab. Der in:
Frack schien sich erst etwas zu sträuben, allmählich aber
schien es dem Lieutenant doch zu gelingen, seine Be-
denken zu zerstreuen, er nickte einige Male mit dem
Kopfe und als der Lieutenant zum Schlüsse lauter
sagte: „So, und nun komme mit auf die kleine Tri-
büne, ich werde, indem wir selbst nicht gesehen werden
können, Dir von dort aus die Herrschaften zeigen, daß Du
nicht fehlen kannst, also rasch ...! " folgte er ihm willig
durch eine Seitenthüre.
Kanin fünf Minuten später kam er wieder zurück,
knüpfte sich, einen ganz kleinen Seufzer unterdrückend,
den erwähnten Komthur vom Halse, zog das Ordens-
kettchen aus dem Knopflochs und ließ dann alle diese
Dekorationen in der innern Fracktasche verschwinden,
um gleich darauf das nächste Gemach, das gegen den
Ballsaal hinführte, zu betreten. Ls waren auch da
nur wenige Personen, doch tönte ihm hier schon die
Musik aus dem Tanzsaal entgegen, welche eben eine
Mazurka beendigte. Jin Saale angekommen sah er sich
in dem Trubel, den der Beschluß eines Tanzes mit sich
zu bringen pflegt, und es war ein eigentümlicher Effekt,
den hier sein Eintritt verursachte. (Fortsetzung folgt).

Änier



Herr (der sich soniitugnuchmittags ein Pferd geliehen Hut) : „Kann ich meinen
Schirm bis ich zurückkomme, hier stehen lassen?"
Pferdeverleiher: „Nehmen Sie ihn doch mit, vielleicht können
Sie ihn als Fallschirm gebrauchen!"

Verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck und Verlag von I. F. Schreiber, beide in Eßlingen bei Stuttgart.
Geschäftsstelle in München, Schubrrlstratze 6.
 
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