Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 28.1897 (Nr. 314-326)

DOI Heft:
Nr. 316
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28504#0039
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
B7 e g g e n d o rf e r s humoristische Blätter,

Äbgcwunken.


F r a u (vür dem Iuweliergeschäft): „Sieh nur das reizende Kollier, Männchen."
Professor: „Ao in in, komm; Du weißt dock, daß ich die Fremd-
wörter nicht leiden kann."

Schlag Zwölf!
wir UNS auch schon persönlich lange Jahre kennen
würden und da . . . und da . . . und da . . ."
„Ja, perr Generalkonsul", nahm Doktor Felda» dem
schönen Mädchen die Fortsetzung des Geständnisses ab,
„und vor fünf Minuten habe ich angehalten und ,nein'
hat das Fräulein nicht gesagt, sondern ,jclll"
„Aber", wehrte sich der Generalkonsul, „ich dachte
doch perr Lieutenant Feldau . . . ?"
„Du garstiger Papa, ersparst einein aber auch
schon gar nichts ... I weißt Du ... weißt Du . . .
ich mußte ihn immer wieder ansehen, weil . . . weil
. . . die Ähnlichkeit mit mit dem Bilde, weißt Du . . ."
„Nun, und was meinst Du, pedwig?" wandte sich
Brinkmann an seine Gattin.
„Ich bin zwar noch ganz starr, aber wenn die
Sache so steht . . ."
„Dann in Gottesnamen I" schloß der ganz weich
gewordene Papa.

Man hatte nicht an einer großen Tafel — wie das
im Pause Brinkmann Sitte war — Platz genommen, son-
dern sich zwanglos an mehrere kleinere verteilt. Ganz
nahe dem Eingänge des Saales, hatte der General-
konsul mit seiner Gattin, dessen beide Töchter, sowie
Lieutenant und Doktor Feldau, nebst noch einigen der
intimsten Bekannten an einen: Tische sich zum Speisen
niedergelassen; „Büschen" hatte sich einen Rat gekapert,
einen Junggesellen natürlich, mein Gott, man versucht
immer wieder ... sie saß in ihrer jugendlichen Toilette
seelenvergnügt an seiner Seite an einer anderen Tafel
tief drinnen im Saale.
Indes hatte der Freiherr von Meinen, wie wir
schon bemerkten, nach seinen Freunden das heimliche
Pausherrengemach verlassen nnd strebte, schwarzer Rache-
gedanken voll, mit seinem langen Körper dein Souper-
saale entgegen. Nun hatte er die Lingangsthüre erreicht
und spähte vorsichtig durch die Portiere. Pa, da saß

Schlag Zwölf!
Humoreske von Theodor Müller. (Schluß.)
er Generalkonsul langte in die Flügeltasche seines
eleganten Frackes, holte sich das seidene Foulard heraus,
trocknete sich den Schweiß von der recht hoch gewordenen
Stirne und dann sah er seine sprachlose Gattin nachdenklich an:
„Ich glaube, pedwig, ich bin verrückt?" worauf ihn: diese
einen Blick zuwarf, der die leise poffnung nicht ausschloß, es
könne es eventuell auch der Andere sein.
vielleicht hätte sich dieses „Blicke- Frage- und Antwortspiel"
noch länger fortgesetzt, wenn nicht, mit einein Gesichtchen so
rot wie Purpur, Lilly hervorgetreten wäre und gesagt hätte:
„Papa, darf ich sprechen?"
„Ich wünsche es sogar sehr, mein Kindl"
„perr Doktor Feldau wählte ja nur die abstrakte Form
zu sprechen ... I Ich sah vor vier Jahren sein Bild, das
Bild des berühmten Reisenden in den illustrierten Blättern und
las seine Biographie . . . Daraufhin, ich muß es eingestehen,
las ich mit Begierde seine Werke, welche ja so anschaulich und
plastisch geschrieben sind, daß man all' die Scenen, welche er
schildert, im Geiste miterleben muß . . . wir sprachen uns vor-
hin Mrüber aus und es war . . . mit einein Male so, als wenn


sein Mpfer, und wie sie sich unterhielt I Nun sollte sie
aber erfahren, daß es Mittel gäbe, ihren Trotz zu
brechen I wenn es nur endlich zwölf Uhr schlagen
wollte, da sollte für ihn nicht nur ein neues Jahr,
! sondern auch eine neue Zeit beginnen — diese ewige
Gläubigerhetzerei I Er mußte seine Augen von der lebhaft
konversierenden Gruppe abwenden, sie begannen sich langsam
zu drehen, peimlich gab er seinen Freunden recht, — er¬
halte sich entschieden zu viel Mut angetrunken. Langsam
ließ er die Lider über seine Augen fallen, lehnte sich an
die wand und — vielleicht wäre sein ganzes Attentat unge-
schehen geblieben, wenn ihn nicht in diesen: Momente ein Heller-
Ton aus dem beginnenden Dusel aufgerüttelt hätte, ein Ton,
wie wenn Stahl gegen Glas schlägt und gleich darauf eine
Stimme — er erkannte sie als diejenige des Generalkonsuls —
nach plötzlich eingetretener Ruhe in bewegten: Tone durch den
Saal geklungen wäre.
„verehrte Anwesende I Nur noch wenige Augenblicke trennen
uns von den: Zeitraum in den: wieder ein Jahr abschließt und
ein neues beginnt. Ich will aber das alte nicht vergehen lassen,
ohne Ihnen eine Neuigkeit zu verkünden, welche in diesen: ihre
wurzeln hat — gestatten Sie, daß ich Ihnen meine Tochter
Liddy und perrn Lieutenant Feldau als Verlobte vorstelle . . ."
Der Jubel war ungemein. Ein „poch" folgte dem andern.
Die Gesellschaft war, um zu gratulieren, bald nur mehr ein
Knäuel, aus den: erhobene Sektgläfer emporblitzten und freudige
Rufe erklangen,
 
Annotationen