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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 28.1897 (Nr. 314-326)

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Nr. 317
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https://doi.org/10.11588/diglit.28504#0050
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Meggendorfers humoristische Blätter.

^0

Acberrascbendc Dnlchc.

Gdol.
!

Das heißt n:an also die Zähne pflegen?!

A7acht der Gewohnheit.
Tasche fühlt): „Das porteinonnaie ist in der andern Tasche, liebes
Weibchen!"

„Lhristof!
Du hast da ... G Christof, jetzt komm' ich Dir hinter Dein:
Geheimgänge l
Jawohl, Deinen Weinzahn, Du Hallodri! . . .
— Wir lassen im Gefühl unserer Unfähigkeit, der nach-
folgenden Erörterung in ihrer ganzen dramatischen Wucht gerecht
zu werden, bescheiden den Dorhang der Nächstenliebe fallen.

„Her damit!" Und sie riß ihm das blauweiße Unglücksgefäß
aus der Hand und begann es krampfhaft gegen ein leeres Glas
auszuschütteln.
Wie sie aber den bräunlichen Saft an die Lippen brachte,
war mit einein Schlag das Weh vorüber, denn eine viel
schmerzlichere Erleuchtung kam über sie.
Was ist denn das? ... Ich glaube gar,

„So so? Ich mein', die haben ganz andere Ursachen. Und
dann: an unsern paar Stumpen ist doch nichts mehr gut zu
machen."
„Wer weiß? Man könnt's einmal probieren. Wenn ich
morgen meinen Spaziergang mache, nehm' ich mir doch so ein
Flascherl mit heim."
„Ach was," erwiderte Frau Babette, „wozu so neue Narr-
heiten ?"
-Herr Wansterl hatie aber doch eine Flasche Mdol
mit nach Haus gebracht und zwar gleich eine große.
„Man kommt auf diese weise viel billiger weg," hielt er,
der über den wenig verschreibenden Doktor sowieso ärgerlich
war, der skeptischen Gattin entgegen.
„Ich danke für derlei Kran:", sagte die, „ich bleibe beim alten."
„Umso besser", dachte sich der biedere Gemahl.
Das vornehme Gefäß wurde nicht auf dein Waschtisch des Ehe-
paars untergebracht, sondern im Kleiderkasten des Herrn wanstler.
„Das Mdol könnte sonst verriechen," ineinte der hygienische
Privatmann.
Aber mit einer Aufopferung und scheinbaren Selbstüber-
windung, die seiner Frau Verwunderung abnötigte, betrieb er die
Kultur seines Zahngeheges und verschwand nach jeder Mahlzeit
im Schlafzimmer, um „Mund und Zähne total vor allen zahn-
fressenden Stoffen" zu schützen.
Daß er in unglaublicher
Verworfenheit den Inhalt
der Flasche hinter einen:
Tannenbaun: ausgegosten,
die Flasche gründlich gespült
und mühsam beim profit¬
wütigen Apotheker, um
teures Geld mit Xercs hatte
auffüllen lassen, und daß
dies jeden Tag beim Morgew
spaziergang wieder und
wieder geschah, das behielt
er freilich in seinen: verdor¬
benen Herzen.
Aber die Nemesis blieb
nicht aus.
Als Herr Wanstler wie¬
der einmal auf seiner Lr-
gänzungspilgerfahrt be¬
griffen war, bekan: seine
Gattin Zahnschmerzen und
wollte es in ihrer Einfalt
nun doch einmal mit diesem
neumodischen Llixir ver¬
suchen. Die Flasche
jedoch aus den: Kasten
schwanden.
Sehr zur Unzeit
eben der Gemahl fröhlich
lächelnd herein.
„Ich kann dein Mdol nicht
finden!" rief ihn: die Zahn¬
wehgepeinigte entgegen.
verlegen erwiderte Herr
wanstler: „Jaso . . . nun
freilich .... ach ja; eben
habe ich eine neue Flasche
geholt. Aber wozu . . . ?"

Äwig der gleiche.
professo.r: „Nun, da muß ich mir doch gleich 'n Knoten in^
Taschentuch machen!"
„Sie haben ja schon vier drin!"
Professor: „Da mach ich halt einen auf!



Verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck und Verlag I. F. Schreiber, beide in Eßlingen bei Stuttgart.
Geschäftsstelle in München, Schubertstratze 6.
 
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