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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 28.1897 (Nr. 314-326)

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Nr. 326
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https://doi.org/10.11588/diglit.28504#0139
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INeggendorfers Humoristische Blatter.

s29

(Lin Dpiimist.
Junger Arzt: „Hin, ob wohl ein Sprech-
zinnnec aiisreichen wird?"

Freundschaft.
<^Maß wahre Freundschaft fortbesteht,
Ja, daß sie nimmermehr vergeht,
Der Satz ist ohne Zweifel wahr!
Denn wenn ein Freund auch manches Jahr
Um Dich bekümmert nicht hat sich,
Menn er was braucht — erfindetDich.
O. E. Wniitalowicz.

Der Alaun ohne Meinung.
s war einmal ein braver, ehrsamer Schneider
in Berlin in der Potsdamerstraße.
Nummer thut nichts zur Sache und paßt
nicht in ein Märchen. Die Leser könnten
dann auch neugierig seiu und sich in dem
Hause erkundigen wollen, ob es wirklich
einen Schneider gibt, der solche Geschich-
ten macht, wie der ineinige und, wenn
es nicht wahr ist, glauben, ich binde
Ihnen das Wappen von Berlin auf. Also
mein Schneider war ein fleißiger, ehrlicher
Handwerker und es ging ihm anch „so
eins pünktlich zahlende Kundschaft (darum

Zarie Behandlung.
Major lstndem er Vffiziersreitschule giebt): „Meine
Herren, Ihre Zügelanzüge find durchweg noch zu
derb . . . seh'n Sie so'n Pferdekiefer will un-
gefähr mit der Zartheit behandelt sein . . .
mit der Sie ein Hiihnerflii gelch e n behandeln
würden, das Sie im Begriffe sind unter aller-
höchsten Augen zu verzehren!"

Verfehlter Eindruck.
Mutter (die Besuch hat und ihr Töchterchen recht wirtschaft-
lich erzogen hinstellen will): „Mein Kind, Du könntest
schnell Kaffee mahlen — "
Tochter: „Du weißt doch Mama, daß ich nur Land-
schaften malel"

Verwahrung.
Herr: „Ich höre Ihr Herr Bruder ist Dichter?"
Bark fisch: „Allerdings aber — — chessererA"

weit ganz gut." Er hatte
glaubte er auch an Wundererscheinungen, wie Sie nachher sehen werden),
eine tüchtige Frau, nur drei Kinder und war mit seinem Schicksal zufrieden.
Nur eines schmerzte ihn: er hatte keine Meinung, absolut keine
Meinung.
Er mußte sich ordentlich genieren, wenn er mit den andern im Wirts-
hause saß und die ihre fertigen Meinungen über Spanien und Euba
und China und den Mahdi und das beste Straßenpflaster und die soziale
Frage schon mitgebracht hatten, wie Klappstullen bei einem Sommerver-
gnügen oder die Regenschirme bei Regen, wie er sich anch anstrengte,
er hatte keine Meinung. Ls war ihm das sehr fatal und die andern
zogen ihn weidlich auf. Auch der Ratschlag, der ihm oft gegeben worden,
Zeitungen zu lesen, hatte nichts geholfen.
Las er im Abendblatt, daß es eine veraltete Fabel sei, den Himmel
für blau zu halten, — da er doch im Grunde rötlich sei, so war er davon
gleich überzeugt, daß es ihm plötzlich wie eine Erleuchtung aufging, den
Himmel nie recht blau gesehen zu haben,
als höchstens in seiner Gesellenzeit, in
der er oft blan gemacht. — Behauptet da¬
gegen die Norgenzeitung, daß der Him-
mel grün sei, dann schwur er Stein und
Bein auf das Grün des Himmels.



Die Leute behielten recht, er hatte
eben keine Meinung.
Das kränkte ihn so tief, daß er be-
schloß, dem Zustande unter allen Umstän-
den ein Ende zu machen. Er mußte eine
Meinung bekommen.
Er war zwar ein sehr „aufgeklärter"
Schneider nach außen, aber im Innern
seines Herzens doch recht abergläubisch.
Eines Abends (denn am Tage hätte er
sich geschämt) ging er zu einer Wahrsagerin,
die sich als „jenns rennomln^s" und als
„neue Lenormand" in den Blättern an-
pries, und fragte sie, was er thun sollte,
um eine — Meinung zu bekommen. Die
wußte zuerst nicht, was das eigentlich
sein sollte, aber nach und nach verstand
sie es und gab ihm folgenden Rat: am
Sylvester-Abend vor zwölf Uhr solle er
zwölf „Weiße" trinken, dann dreimal mit
der Ringbahn um die Stadt und um
zwölf Uhr mit der Stadtbahn in den
Grünewald fahren, dort zwölfhundert
Schritte hineingehen und dann werde er
sehen was da komme.
Der Schneider befolgte all' dies ganz
genau und hatte Glück wie nur irgend
einer in irgend einem Märchen. Nach-

-O- Me^snäonfet* Blatten,
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