Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 30.1897 (Nr. 340-353)

DOI issue:
Nr. 340
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.28506#0014
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
^0

rNeggendorsers humoristische Blätier.

„Hören Sie doch!" überschrie ihn endlich wütend der Rat, „ich
heiße nicht Wolter, sondern Walther, der Doktor wohnt gegen-
über! Lin andermal lesen Sie doch gütigst die Hausschilder,
verstanden?" Damit schmetterte er sein Fenster zu und kroch
wieder ins Bett. Nach einer geraumen Zeit wachte der Rat
wieder an einem Sturmläuten auf, gleich darauf vernahm er
aber, wie jemand sagte: „Der Herr Doktor Wolter wohnt nicht
hier, sondern da drüben, — er wird aber wohl nicht da sein,
sie haben ihn vor einer Stunde geholt!" „Ich wünschte dieser
Mensch säße auf dem BlocksbergI" murmelte der Rat ingrimmig
und versuchte wieder einzuschlafen. —
Von diesem Tage ab, schien das Glück sich dem jungen
Arzte zugewandt zu haben. Das Wartezimmer war nie

Druckfehler.

Täglich vorzüglichen Mittagstisch.

Kartoffelpüree,

empfiehlt

Heute Kalbsleder mit
Gasthaus zum Schwan.

Der Bankier Degengriff fühlte sich von seinem Geschäfts-
freunde so schwer beleidigt, daß er ihn zu einem Gang Papiere
fordern ließ.

Hypothekenbriefe kauft und versauft: Gustav Dürstle.

Spekulativ.

mehr leer — merkwürdigerweise waren es immer verschlei-
erte Damen („mit Hautleiden behaftete", erklärte der Rat
es sich und seiner Tochter), dann sah dieser aber auch
ab und zu einen seiner Bekannten hineingehen, und hörte
von diesen in der Kneipe, sie hätten ihn, — den Wolter
— jetzt als Hausarzt, — der Medizinalrat werde sich ja
ohnehin bald zur Ruhe setzen und der junge Doktor
solle mit einemmale einen riesigen Zulauf haben — das
konnte der Rat allerdings bestätigen. Und daß des
Doktors Nachtglocke nicht mehr das ,ungezogenste^ Ding
der Stadt war, um diesen alten Witz zu gebrauchen, —
davon wußte der Rat ein Lied zu singen. Ls war so oft
vorgekommen, daß in der Nacht sein Name mit dem des
anderen verwechselt wurde, daß er sein Schild kürzlich hatte
entfernen lassen, seitdem genoß er ungestört wieder die Nacht-
ruhe. „Jetzt könnte er meinetwegen mal wieder an-
klopfen", sagte er eines Tags zu Grete, nachdem er die
Frau Baronin Hocke bei dem jungen Arzt hatte vorfahren
sehen. „Scheint wirklich ein tüchtiger Kerl zu sein! Ist
zudem auch ganz profitlich, einen Arzt als Schwiegersohn
zu haben, was meinst Dn, Grete?" Vb nun Wolter ein
ungeheuer fein ausgebildetes Ahnungsvermögen besaß,
oder ob da eine gewisse kleine Person die Vorsehung ge-
spielt hatte — genau konnte es nie festgestellt werden —
jedenfalls schellte es oben bei Rats etwa um halb zwölf
Uhr und gleich darauf, wurde der Herr Doktor Wolter ge-
meldet. Diesmal schien er mit seiner Werbung mehr Er-
folg gehabt zu haben, denn Bertha, oder das Mädchen für
alles, welches beim Konditor noch geschwind einen Nachtisch
bestellte, erzählte daselbst, sie sei um was zu fragen, in
das Zimmer gegangen und fast auf den Rücken gefallen,
denn da habe gerade der hübsche Doktor Wolter ihr Fräu-
lein geküßt, und der Herr Rat sei am Fenster gesessen, als
wenn er blind und taub wäre!
Der erste, dem's der Doktor selber mitteilte, war sein
Freund Keller, — merkwürdigerweise bedankte er sich bei
dem für den guten Ausgang und dieser erwiederte darauf:
„pah, das sind die Vorteile einer großen Familie.
Meine fünf Schwesterlein haben Dich sehr gerne abwechs-
lungsweise besucht und meine Herrn Brüder mußten von
ihrem Stammlokal aus, ohnehin jeden Abend an Deines
Schwiegervaters Haus vorbei! Eigentlich that mir der
Alte leid, aber es ging nicht anders! Und nun nochmals
von Herzen Glück, Dir und Deiner Gretel"


Mrrer der es wörtlich nimmmt.
„Frau, wo steckt der Rohrstock — ich muß unserm Jüng-
sten wieder mal einen Wunsch ab sch la gen."


Richter: „wie alt sind Sie, Angeklagte?"
Angeklagte: „Ah, ich verlasse mich ganz auf die Galanterie
des hohen Gerichtshofs!"

Verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck und Verlag von I. F. Schreiber in Eßlingen bei Stuttgart.
Geschäftsstelle in München, Schubertstraste 6.
 
Annotationen